Vor dem Treffen zwischen Trump und Putin sind die Befürchtungen in der Ukraine und in Europa groß. Nato-Generalsekretär Rutte zerstreut sie nicht.
Treffen von Putin und Trump„Wendet sich Rutte an Fünfjährige?“ – Scharfe Kritik an Nato-Generalsekretär

US-Präsident Donald Trump (r.) schüttelt am 14. Juli die Hand von Nato-Generalsekretär Mark Rutte während eines Treffens im Oval Office des Weißen Hauses.
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Am Freitag treffen US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin in Alaska aufeinander. Thema ist der Krieg in der Ukraine. Bereits im Vorfeld gab es vielfach Kritik an der Zweierkonstellation der Zusammenkunft: So fehlen Vertreter der europäischen Staaten, vor allem jedoch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die Befürchtung: Gerade in territorialer Hinsicht könnte Trump dem Kreml-Chef Zugeständnisse machen, die zu Lasten des angegriffenen Landes gehen.
Entsprechend äußerten sich die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten im Vorfeld des Treffens. Selenskyj lehnte Gebietsabtretungen an Russland erneut ab und forderte vehement, in Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine einbezogen zu werden. Medienberichten zufolge hatte Putin den USA entsprechende territoriale Forderungen übermittelt. Europäische Staats- und Regierungschefs sicherten der Ukraine ihre Unterstützung zu.
Äußerungen von Nato-Generalsekretär Mark Rutte vom Sonntag sind nun nicht geeignet, die Bedenken hinsichtlich eines Deals zwischen Trump und Putin zu zerstreuen. Der Niederländer trat bei US-Fernsehsendern auf und wurde zu seinen Erwartungen an das Treffen in Alaska befragt.
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Rutte hält eine „faktische“ Anerkennung der russischen Kontrolle über besetzte ukrainische Gebiete für möglich. Es könne „beispielsweise in einem künftigen Abkommen“ anerkannt werden, dass Russland „de facto einen Teil des Territoriums der Ukraine kontrolliert“, sagte Rutte bei ABC. Es müsse sich aber um eine „faktische“ Anerkennung handeln und keine juristische, fügte Rutte an.
Rutte äußerte bei CBS ebenfalls, es gehe darum, Putin daraufhin zu „testen“, wie ernst er es damit meine, „diesen schrecklichen Krieg zu beenden“. Es werde über „Territorium“ gesprochen werden, aber „selbstverständlich“ auch über „Sicherheitsgarantien“. Gleichzeitig betonte der Nato-Generalsekretär, die Ukraine solle selbst über ihre Zukunft entscheiden.
Rutte in der Kritik wegen Äußerungen zu Gebietsabtretungen
Bei vielen Beobachtern kommen diese Äußerung nicht gut an. Rutte, dem in der Vergangenheit ohnehin anbiederndes Verhalten in Richtung Trump vorgeworfen wurde, schneide quasi in vorauseilendem Gehorsam die Frage nach möglichen Gebietsabtretungen an, so der Tenor. Insbesondere auf ukrainischer Seite gibt es empörte Stimmen, wenn auch nicht von Regierungsvertretern.
So schreibt der renommierte ukrainische Politikwissenschaftler Anton Schechowzow entrüstet bei X: „An welches Publikum wendet sich Rutte hier? An eine Gruppe Fünfjähriger? Natürlich meint es Putin ernst mit der Beendigung des Krieges! Seit Februar 2022 ist er damit todernst“, so Schechowzow zynisch.
Er spielt damit auf die von Putin ganz offensichtlich seit Monaten praktizierte Hinhaltetaktik in Richtung Trump an. Der Kreml-Diktator verweigert sich Gesprächen nicht komplett, weicht aber inhaltlich keinen Deut von seinem Kurs der blutigen Unterwerfung der Ukraine ab.
Auch viele andere Stimmen in den sozialen Medien zeigen sich teilweise entsetzt von Ruttes Äußerungen. Eine Userin schreibt, Rutte „bereite den roten Teppich für Putins Landraub aus“. Zu Ruttes Verhalten Trump gegenüber findet sie weitere deutliche Worte.
Zuletzt war Ruttes Gebaren dem US-Präsidenten gegenüber beim Nato-Gipfel im Juni in Den Haag kritisiert worden. Private lobhudelnde Nachrichten des Nato-Generalsekretärs an Trump waren bekannt geworden. Allerdings musste Rutte auch den Drahtseilakt vollführen, den launischen Trump und damit die USA als verlässlichen Nato-Partner bei der Stange zu halten. Das gelang ihm im Wesentlichen.
Vor Trump-Putin-Treffen: Strack-Zimmermann verwundert über Rutte
Über die jüngsten Äußerungen Ruttes wunderte sich auch die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die EU-Abgeordnete sagte dem Sender Phoenix, es habe sie überrascht, dass Rutte im Vorhinein Gespräche über territoriale Fragen im Rahmen eines Friedens für unvermeidbar hält. Sie sieht in den Äußerungen ein Zeichen der Schwäche.
Dabei müsse Europa vielmehr Stärke demonstrieren und einen Frieden an die Bedingungen eines Nato-Beitritts sowie eines EU-Beitritts der Ukraine knüpfen, statt Zugeständnisse an Putin zu machen: „Wir wissen doch heute nur zwei Dinge: Putin will die Ukraine vereinnahmen und wir wissen, dass Trump nicht wirklich weiß, was er will - er will Frieden, das ist eine gute Nachricht, aber der Weg dorthin wird so nie und nimmer bestritten werden“, so Strack-Zimmermann. (mit afp)