Donald Trump verbreitet bei seinem Kurzauftritt beim G7-Gipfel Unwahrheiten – und attackiert lieber Verbündete als Putin.
Geschichtsklitterung aus den USATrumps Worte sorgen für Entsetzen – während Putin weiter auf Wohngebiete zielt

US-Präsident Donald Trump spricht mit Reportern an Bord der Air Force One auf dem Weg von Calgary, Kanada, zur Joint Base Andrews, Maryland, USA, nach seiner Teilnahme am G7-Gipfel.
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US-Präsident Donald Trump hat mit seinen Äußerungen beim G7-Gipfel in Kanada für scharfe Kritik und Empörung gesorgt. Kurz nach Trumps Aussagen über Russlands Krieg gegen die Ukraine reiste der US-Präsident schließlich vorzeitig von dem Gipfeltreffen ab. Zuvor hatte Trump seinen Auftritt genutzt, um eine Unwahrheit über den Grund für Moskaus Krieg zu verbreiten und behauptet, der Ausschluss Russlands aus den G8 sei ein Grund für den Angriff auf die Ukraine gewesen.
Kurz vor dem offiziellen Beginn des diesjährigen G7-Gipfels hatte Trump beklagt, die Entscheidung damals sei ein „großer Fehler“ gewesen. „Ich glaube, es gäbe jetzt keinen Krieg, wenn Russland dabei wäre“, sagte der Republikaner. Kremlchef Wladimir Putin sei sehr beleidigt gewesen, als er aus der Runde verbannt worden sei, sagte Trump weiter. „So wie ich es wäre, so wie Sie es wären, so wie es jeder wäre.“
Donald Trump verbreitet Unwahrheit über Russlands Ausschluss von G8
Der Kremlchef spreche deshalb mit niemandem außer mit ihm, betonte Trump. Momentan sei aber nicht der richtige Zeitpunkt, Russland wieder aufzunehmen, weil in der Zwischenzeit zu viel passiert sei, fügte der Republikaner an. Doch der Ausschluss damals sei falsch gewesen, versicherte der US-Präsident, der seit Amtsantritt immer wieder für die Übernahme russischer Narrative in die Kritik geraten ist.
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Tatsächlich wurde Russland nämlich nicht vor dem Angriff auf die Ukraine, der bereits 2014 mit dem russischen Einmarsch auf der Halbinsel Krim begann, aus den G8 verbannt, sondern genau deswegen. Das Gesprächsformat der sieben großen demokratischen Industrienationen gibt es seit 1975. Russland wurde später in die Gruppe aufgenommen, die für mehrere Jahre G8 hieß. 2014 wurde Russland wegen der Annexion der Krim kurz vor einem im russischen Sotschi geplanten Gipfeltreffen wieder ausgeschlossen.
Donald Trump plant keinerlei Konsequenzen für Putins Kriegskurs
Gleichzeitig erklärte Trump in Kanada erneut, dass er nicht an neue Sanktionen gegen Russland denkt. Bereits mehrfach hat der US-Präsident in den vergangenen Monaten von ihm selbst aufgestellte zweiwöchige Fristen verstreichen lassen, die er Moskau zuvor gewährt hatte, um Fortschritte im Friedensprozess zu erzielen. Der Kreml reagierte darauf jedoch stets nur mit weiteren Bedingungen und massiven Angriffen auf die Ukraine.
Konsequenzen hat dieses Verhalten bei Trump allerdings nicht, wie der US-Präsident nun erneut klarstellte – diesmal begründete er seinen Kurs mit amerikanischen Interessen. „Sanktionen kosten uns viel Geld“, sagte der US-Präsident am Montag. „Wir reden hier über Abermilliarden Dollar.“ Die USA planten deshalb keine Schritte gegen Moskau, erklärte Trump weiter. „Lassen wir sie vorangehen“, kommentierte der Republikaner derweil die EU-Bemühungen um mehr Druck auf Putin.

Anwohner reagieren nach dem Einschlag einer russischen Rakete in ein mehrstöckiges Wohnhaus während eines massiven russischen Raketen- und Drohnenangriffs auf die ukrainische Hauptstadt.
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Dem US-Präsidenten wird deshalb jetzt erneut vorgeworfen, russische Propaganda verbreitet zu haben – und insgeheim Moskau zu stützen. Auch, weil der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag erstmals öffentlich bestätigt hatte, dass Trump seine schützende Hand über die russische Energieinfrastruktur gehalten hat.
„Krieg wäre schon zu Ende, wenn die Welt mit Prinzipien reagiert hätte“
„Es geschah direkt nach Putins Gespräch mit Trump. Nachdem die Amerikaner uns gebeten hatten, keine russischen Energieanlagen anzugreifen“, hatte Selenskyj am Sonntag mit Blick auf einen massiven russischen Angriff auf die ukrainische Energieinfrastruktur und einem vorherigen Telefonat von Trump und Putin bei X geschrieben – und damit bestätigt, dass Washington nicht nur von eigenen Maßnahmen gegen Moskau absieht, sondern mitunter sogar Russlands Wirtschaft aus eigenen finanziellen Interesse zu schützen versucht.
„Dieser Krieg wäre schon längst zu Ende, wenn die Welt mit Prinzipien reagiert hätte und nicht auf die russische Propaganda hereingefallen wäre“, fügte Selenskyj an. „Ich danke allen in der Welt, die sich jetzt für die notwendigen Sanktionen einsetzen.“
Kritik an Trump: „Bitte glauben Sie dieser Geschichtsrevision nicht“
Scharfe Kritik wird unterdessen am Dienstag auch an Trumps unwahren historischen Ausführungen laut. „Dieser Krieg, der 2014 begann, dauerte während Trumps gesamter erster Amtszeit an“, stellte etwa der ehemalige US-Botschafter in Russland, Michael McFaul, auf der Plattform X klar.
Trump habe damals „nichts unternommen“, um Russlands Aggression zu beenden. „Bitte glauben Sie dieser Geschichtsrevision nicht. Der Krieg eskalierte 2022, begann aber bereits 2014“, fügte McFaul an. Trump verbreite einen „Mythos“, um die Unwahrheit aufrechtzuerhalten, dass es in seiner ersten Amtszeit keinen Krieg gegeben habe, so McFaul.
„Wer braucht schon Putin auf dem G7-Gipfel, wenn man Trump hat?“
Auch dass Trump behauptet hatte, der ehemalige kanadische Premierminister Justin Trudeau sei für Russlands Rauswurf aus den G8 verantwortlich gewesen, obwohl der damals noch gar nicht im Amt gewesen war, sorgt für scharfe Reaktionen. „Aber das sind nur Fakten“, kommentierte der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger Trumps Ausführungen dementsprechend spöttisch und fügte an: „Wichtiger ist hier die Haltung: fest an der Seite Putins.“
Ähnlich bewertete auch der russische Kremlkritiker Garri Kasparow den Auftritt des US-Präsidenten: „Wer braucht schon Putin auf dem G7-Gipfel, wenn man Trump hat?“, spottete der ehemalige Schachweltmeister über Trumps der russischen Propaganda gleichende Aussagen.
Der ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Joe Walsh fand derweil noch drastischere Worte: „Trump arbeitet für Putin. Das tut er wirklich“, schrieb der Parteikollege des US-Präsidenten bei X zu den jüngsten Statements des 79-Jährigen.
Russland bombardiert Wohngebiete in Kyjiw
Während Trump erneut mit seinem Kuschelkurs gegenüber Kremlchef Wladimir Putin für Aufsehen sorgt, nutzte Moskau die Nacht auf Dienstag unterdessen für einen der schwersten Angriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw seit Kriegsbeginn. Dabei nahm Russland erneut vor allem Wohngebiete ins Visier. Mindestens 15 Menschen starben nach ukrainischen Angaben bei den massiven Luftangriffen. Am Morgen kursierten Aufnahmen von Leichen in den Straßen der Hauptstadt.
„Solche Angriffe sind purer Terrorismus. Und die ganze Welt, die USA und Europa müssen endlich als zivilisierte Gesellschaften auf Terroristen reagieren“, schrieb Selenskyj zu den jüngsten Attacken. Putin greife immer weiter an, „weil er es sich leisten kann, den Krieg fortzusetzen“, fügte der ukrainische Präsident an, der eigentlich beim G7-Gipfel erneut das Gespräch mit Trump suchen wollte. Dazu kommt es dank der vorzeitigen Abreise des US-Präsidenten nun jedoch nicht.
Donald Trump: Keine Kritik an Putin, aber Attacke auf Emmanuel Macron
Trump wiederum zeigte auch nach seiner Flucht aus Kanada, dass er nicht gegenüber allen Staatschef einen so wohlwollenden Ton anschlägt wie gegenüber Putin – und attackierte Emmanuel Macron. Nachdem der französische Präsident erklärt hatte, Trump habe den G7-Gipfel verlassen, um an einem Waffenstillstand im Nahen Osten zu arbeiten, widersprach der US-Präsident dem Franzosen mit deutlichen Worten auf seiner Plattform Truth Social.
„Der werbewirksame französische Präsident Emmanuel Macron hat fälschlicherweise behauptet, ich hätte den G7-Gipfel in Kanada verlassen, um nach Washington D.C. zurückzukehren, um an einem ‚Waffenstillstand‘ zwischen Israel und Iran zu arbeiten. Falsch!“, schrieb Trump über Macron, der „keine Ahnung“ von den Gründen für seine Abreise habe. „Ob absichtlich oder nicht, Emmanuel liegt immer falsch“, fügte Trump an. Kritik an Russlands massiven Angriffen auf Zivilisten fand sich auf Trumps Account unterdessen am Dienstag nicht.