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Rechtsextremismus größte GefahrZahl politisch motivierter Straftaten steigt auf Rekordstand

Lesezeit 3 Minuten
20.05.2025, Berlin: Alexander Dobrindt (r,CSU), Bundesinnenminister, nimmt neben Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), an der Vorstellung der Jahresstatistik Politisch Motivierte Kriminalität teil. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Alexander Dobrindt (r.,CSU), Bundesinnenminister, nimmt neben Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), an der Vorstellung der Jahresstatistik Politisch Motivierte Kriminalität teil. 

Der Nahost-Konflikt und anstehende Wahlen haben 2024 zu einem drastischen Anstieg an politisch motivierten Straftaten beigetragen.

Rechtsextremismus, Antisemitismus, religiöse Gewalt: Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Deutschland ist innerhalb eines Jahres um mehr als 40 Prozent gestiegen. Die Behörden registrierten 2024 laut am Dienstag veröffentlichter Statistik von Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt (BKA) insgesamt 84.172 Delikte - das sind rund 24.000 mehr als im Vorjahr, als bereits ein Höchstwert seit Datenerfassung gemeldet worden war. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach von einem „extremen“ Anstieg.

Diesen Anstieg sieht der Minister als Ausdruck der zunehmenden „Polarisierung unserer Gesellschaft“, aber auch anderer Phänomene wie des gestiegenen Antisemitismus. „Die größte Gefährdung für die Demokratie geht vom Rechtsextremismus aus - das ist objektiv so“, sagte Dobrindt.

Der neue Höchstwert im Jahr 2024 bedeutet insgesamt mehr als eine Verdopplung der Fallzahlen in den vergangenen fünf Jahren. Besonders stark war der Anstieg im vergangenen Jahr bei rechtsextremistisch motivierten Straftaten (plus 48 Prozent). Auf diesen Bereich entfällt rund jede zweite politisch motivierte Straftat (42.788). Dobrindt kündigte vor diesem Hintergrund an, die Regierung werde „den Kampf gegen Rechtsextremismus und politisch von rechts motivierte Straftaten weiter fortsetzen“.

Bei Straftaten, die die Behörden unter der Rubrik „ausländische Ideologie“ zusammenfassen, stieg die Zahl innerhalb eines Jahres um 42 Prozent auf 7343. Die Zahl der religiös motivierten Straftaten stieg der Statistik zufolge um 29 Prozent auf 1877 und die der linksextremistisch motivierten Straftaten um 28 Prozent auf 9971.

Sonstigen Bereichen zugeordnet werden 22.193 politisch motivierte Straftaten. Hierunter fallen laut BKA-Chef Holger Münch etwa Angriffe auf Wahlkämpfende oder Politikerinnen und Politiker, die nicht eindeutig einer politischen Richtung zuzuordnen sind.

Auf 17.992 Taten fast verdoppelt haben sich in einem Jahr die Fälle von Sachbeschädigungen. Ebenso stark zugenommen haben Propagandadelikte um knapp 57 Prozent auf 31.229 Fälle. Bei Beleidigungen (9969 Fälle) und Volksverhetzungen (9122 Fälle) stiegen die Zahlen um jeweils rund 19 Prozent. Die Fälle der politisch motivierten Gewalttaten stiegen um rund 15 Prozent auf 4107, darunter waren 2628 Körperverletzungen.

Nahostkonflikt und Wahlen lassen Zahl der politisch motivierten Straftaten ansteigen

BKA-Chef Holger Münch sieht in den Zahlen einen „langfristigen Trend“. So schlage weiterhin der Nahostkonflikt stark zu Buche, der sich in den Zahlen der Vorjahresstatistik nach dem Angriff der radikalislamischen Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 nur in knapp drei Monaten niedergeschlagen hatte.

Auch die Europawahl, die drei Landtagswahlen im Osten sowie diverse Kommunalwahlen hätten zu einem Anstieg geführt, sagte Münch. Allein gut 8000 Straftaten gegen Wahlkämpfende seien registriert worden - darunter gut die Hälfte Beleidigungen.

Minister Dobrindt zeigte sich insbesondere über den wachsenden Antisemitismus besorgt. „Egal woher Antisemitismus kommt: Er ist nicht zu akzeptieren“, sagte Dobrindt. Er kündigte an, dass die Behörden „konsequent“ dagegen vorgehen.

Bei ausländischen Tätern müsse hier künftig ein „besonders schweres Ausreiseinteresse“ gelten, sodass schnellerer Abschiebungen möglich sind. „Wir dulden importierten Antisemitismus auf diese Weise nicht“, sagte Dobrindt. Münch geht davon aus, dass „jüdische Einrichtungen und Personen auch zukünftig im Zielspektrum sind, sowohl rechter Agitation als eben auch aus anderen Richtungen“.

Grüne: AfD trägt „Verantwortung für die Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas“

Besorgt vom Anstieg vor allem rechtsextremistisch motivierter Straftaten zeigte sich Grünen-Ko-Fraktionschefin Katharina Dröge. Die AfD trage „Verantwortung für die Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas“, sagte Dröge. Sie forderte „finanzielle Sicherheit für alle, die sich in der Zivilgesellschaft engagieren“.

Linken-Ko-Chef Jan van Aken machte ebenfalls „die Faschisten von der AfD, die Hass gegen Migranten, Juden und Andersdenkende schüren“, verantwortlich. Aber auch „die Parteien der Mitte, die aus Angst vor der AfD Teile ihrer Positionen übernehmen“, trügen eine Mitschuld, insbesondere Kanzler Friedrich Merz (CDU).

Der Bundesgeschäftsführer des deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, forderte mehr Personal in der Justiz. Bundesweit fehlten mehr als 2000 Staatsanwälte und Strafrichter, erklärte Rebehn. „Steuert die Politik hier nicht um, wird die Strafjustiz zum Flaschenhals bei der Kriminalitätsbekämpfung.“ (afp)