Ob beim Wandern, Campen oder auf der Piste: Walkie-Talkies brauchen kein Handynetz und kosten keine Gebühren. Doch welche Geräte sind gut, wie weit reichen die «Funken» – und können da alle mithören?
JedermannfunkKleine „Funken“: Was man über Walkie-Talkies wissen sollte

„Bitte kommen!“: Funkgeräte haben ihre ganz eigene Faszination.
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Walkie-Talkies sind mehr als Retro-Gadgets. Sie verbinden uns dort, wo Smartphones scheitern - etwa weil das Mobilfunknetz löchrig oder die Umgebung zu ruppig ist. Auf Festivals, bei Ausflügen oder der Segelregatta bewähren sich Funkgeräte als praktisches und zuverlässiges Kommunikationsmittel.
Die kleinen, handlichen „Funken“ sind günstig, unkompliziert und schaffen eine unabhängige Verbindung auf Knopfdruck. Viele Nutzer wissen dabei allerdings gar nicht, welche Technik sie genau verwenden und worauf sie achten sollten, um Ärger zu vermeiden.
Vier Arten, wie man funken kann
Wer hierzulande Funkgeräte für den Freizeitbereich sucht, hat vier verschiedene Funkklassen zur Auswahl:
1. „Da ist zum einen der CB-Funk auf der Kurzwelle, der vor allem von Truckern genutzt wird. Der reicht ziemlich weit, mitunter hört man sogar noch den Taxifunk aus Spanien“, sagt Urs Mansmann vom Fachmagazin „c't“. Für den klassischen Freizeitgebrauch sei CB-Funk aber weniger geeignet, da er insgesamt störanfälliger ist. Zudem sind die meisten Geräte auch für den Einbau bestimmt.
2. Weit verbreitet ist der PMR-Funk (Private Mobile Radio), der europaweit zugelassen ist und analog bis zu 16 Kanäle bietet, digital sind es sogar 32. „Der Vorteil ist, dass man diese Geräte auch zum Beispiel im Urlaub auf dem Campingplatz in Italien nutzen kann, da das entsprechende UHF-Frequenzband 446 in ganz Europa zugelassen ist“, sagt Mansmann.
3. Dann ist da Freenet - nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Mobilfunkanbieter. Das hat deutlich weniger Kanäle und ist nur in Deutschland zugelassen, hat aber eine bessere Reichweite.
4. Und schließlich gibt es noch LPD als vierte Möglichkeit. Sie ist Mansmann zufolge aber kaum noch relevant, da die Sendeleistung zu schwach und die Reichweite zu gering ist.
Lizenzfrei – aber nicht ohne Regeln
Funkgeräte, umgangssprachlich auch Walkie-Talkies genannt, die mit einer dieser vier Varianten funken, dürfen in Deutschland lizenzfrei genutzt werden. „Man spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten Jedermannfunk“, erklärt Matthias Jung vom Deutschen Amateur-Radio-Club (DARC). „Der Jedermannfunk ist jedoch klar vom Amateurfunk zu unterscheiden, der als wissenschaftlich-technischer Funkdienst eine völlig andere Ausrichtung verfolgt und deutlich mehr Frequenzen, Möglichkeiten und Reichweite bietet.“
Funkamateuren ist es beispielsweise erlaubt, höhere Sendeleistungen zu verwenden, eigene Geräte zu bauen, oder kommerzielle Funkgeräte umzurüsten und mit selbstgebauten Antennen zu betreiben - Dinge, die beim Jedermannfunk nicht erlaubt sind. Voraussetzung fürs Amateurfunken ist jedoch ein gültiges Funkzeugnis sowie die Zulassung zum Amateurfunkdienst mit einem persönlichen Rufzeichen. Beides erhält man nach bestandener technischer Prüfung bei der Bundesnetzagentur. „Das ist vergleichbar mit dem Führerschein beim Autofahren“, so Jung.
Bei Jedermann-„Funken“ auf die Zulassung achten
Jedermann-Funkgeräte darf in Deutschland hingegen jeder nutzen, ohne dafür eine Prüfung abzulegen oder eine Genehmigung zu beantragen. Dennoch ist Vorsicht geboten. „Man sollte nur zugelassene Geräte kaufen“, rät Mansmann. Bei ungeprüften Geräten könne es schnell passieren, dass man auf einer falschen Frequenz unterwegs sei, die beispielsweise von einem Unternehmen genutzt werde.
„Dann schaltet sich bei entsprechenden Beschwerden auch die Bundesnetzagentur ein und prüft, woher das Signal kommt. Die Folge kann ein saftiges Strafgeld sein“, so der Experte. Das sei zum Beispiel auch schon Nutzern nicht zugelassener Babyfone passiert. Daher sollte beim Kauf immer auf das CE-Zeichen und die Zulassung für den Funkstandard sowie Freigabe für die Nutzung in Deutschland geachtet werden.
Wie weit reicht der Funk – und wo sind die Grenzen?
Bei der Reichweite der Walkie-Talkies haben die Versprechen vieler Hersteller mit der Wirklichkeit leider oft nicht viel zu tun. Das haben etwa Tests der „c't“ ergeben. „Die oft versprochenen zehn Kilometer Reichweite sind illusorisch“, sagt Mansmann. Dies würde nur funktionieren, wenn man auf einem Berggipfel stehe.
In der Stadt und auf freiem Gelände seien maximal anderthalb Kilometer möglich, im Wald oft nur wenige hundert Meter. Als Hauptgrund dafür benennt Mansmann die kurzen Antennen der Handfunkgeräte, die aber baulich so gewollt sind.
Nur CB-Funk schafft es weiter - bis zu 50 Kilometer
Laut Matthias Jung vom DARC kommt im Jedermannfunk nur der CB-Funk auf höhere Reichweiten von bis zu 50 Kilometern. „Unter bestimmten Voraussetzungen bei der Kurzwellenausbreitung sind auch mal 2000 Kilometer drin“, sagt der Funk-Experte. „Bei PMR hingegen sind 500 Meter bis 1 Kilometer typisch, bei Freenet können es unter optimalen Bedingungen bis zu 5 Kilometer sein.“
Was kostet ein gutes Walkie-Talkie?
Walkie-Talkies gibt es in allen Preisklassen, ein einfaches PMR-Set bekommt sie man schon für 20 bis 50 Euro, Freenet-Geräte liegen preislich ähnlich. „Einsteiger-Sets reichen für den Campingplatz oder den Garten“, meint Urs Mansmann. „Wenn man aber häufiger unterwegs ist, lohnt es sich schon, etwas mehr auszugeben.“
Teurere Geräte sind beispielsweise gegen Spritzwasser geschützt, haben ein robusteres Gehäuse oder beinhalten praktisches Zubehör wie Headset oder Ladeschale. Wer digitale Technik nutzen möchte, muss ebenfalls mehr ausgeben.
Analog oder digital? - Das ist auch eine Glaubensfrage
Apropos digital, die Entscheidung zwischen analog und digital ist nicht nur eine Kostenfrage. „Das ist wie so oft auch eine Glaubensfrage“, so Matthias Jung. „Der Vorteil von digitalen Geräten ist, dass es kein störendes Rauschen gibt. Dafür klingt die Stimme oft etwas verfremdet.“
Wird die Reichweite zu groß, kann man bei analogen Geräten zwischen dem Rauschen immer noch etwas verstehen, bei digitalen Walkie-Talkies hingegen bricht die Verbindung dann komplett ab.
Wichtig: Beim Jedermannfunk hört jeder mit
Wer im Jedermannfunk unterwegs ist, muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass dies frei zugängliche Netze sind. „Abhörsicher sind die Geräte nicht“, betont Mansmann. „Zwar reagieren die Geräte nur aufeinander, aber es ist keine echte Verschlüsselung hinterlegt.“ Befindet sich ein weiteres Walkie-Talkie in der Umgebung, das zufällig auf den gleichen Kanal eingestellt ist, kann die eigene Unterhaltung mitgehört werden.
Urs Mansmann rät daher auch dazu, nach dem Kauf neuer Geräte nicht auf den Werkseinstellungen zu bleiben. „Viele Leute funken auf dem gleichen Standardkanal. Da kann es schnell passieren, dass man plötzlich andere Gespräche mithört oder selbst gestört wird.“
Verschlüsselte Kommunikation nur bei sehr teuren Geräten
Eine verschlüsselte Kommunikation würden nur sehr teure Geräte bieten, wie sie im Security-Bereich eingesetzt werden, so Mansmann, der daher auch dringend davon abrät, Kindern einfach so ein Walkie-Talkie in die Hand zu drücken: „Dann könnte theoretisch jeder mit den Kindern Kontakt aufnehmen.“
Im Amateurfunk ist die Verschleierung der Inhalte übrigens sogar verboten: „Hier ist das öffentlich gesprochene Wort ein Grundprinzip“, erklärt Matthias Jung vom DARC. Das heißt, jeder kann und soll alles mithören.
Jedermann-Walkie-Talkies sind quasi selbsterklärend
Walkie-Talkies sind einfach zu bedienen. Die Sorge, man müsse erst Frequenzen einstellen oder komplizierte Menüs verstehen, ist unbegründet. „Die Bedienung ist praktisch selbsterklärend“, sagt Jung. „Es gibt meistens feste Kanäle, die man einfach mit einem Drehknopf auswählt.“
Die häufig anzutreffende Freisprechfunktion VOX sehen Experten wie Urs Mansmann skeptisch. Ist die aktiviert, soll das Funkgerät automatisch auf Sendung gehen, wenn man etwas sagt. Das klingt nach einer praktischen Funktion, speziell, wenn die Funkgeräte für Motorradtouren oder andere Aktivitäten genutzt werden, bei denen keine Hand für die Push-to-Talk-Taste frei ist. „In der Praxis kann sich VOX aber schnell ungewollt verselbständigen, weil schon laute Geräusche reichen, um das Senden zu aktivieren“, erklärt Mansmann.
Fazit: Mehr als ein Spielzeug und sehr nützlich im Alltag
Walkie-Talkies sind mehr als Spielzeug und können im Alltag sehr nützlich sein. Wer sich ein wenig mit der Technik auseinandersetzt, die richtigen Geräte für den eigenen Zweck wählt und sich an die grundlegenden Regeln hält, hat damit ein robustes, netzunabhängiges Kommunikationsmittel zur Hand - das etwa gerade dann seine Stärken ausspielt, wenn das Handy streikt oder die Umgebung rauer ist. (dpa)
