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CoronaKönnen Gurgel-Tests an deutschen Schulen bald für Gewissheit sorgen?

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In Österreich werden Corona-Tests ab sofort im Gurgel-Verfahren durchgeführt. Die Regierung erhofft sich dadurch neue Erkenntnisse über die Ausbreitung des Virus.

  1. Um zu erfahren, ob man sich mit dem Coronavirus infiziert hat, muss man bislang einen unangenehmen Abstrich durchführen lassen.
  2. Das könnte sich bald ändern: In Österreich werden Tests mit Gurgelwasser nun massenweise durchgeführt, auch Köln experimentiert mit der Idee.
  3. Wir erklären, wie die Tests ablaufen, was die Vorteile sind und ob sie bald auch an deutschen Schulen für mehr Corona-Gewissheit sorgen könnten.

Köln – In Österreich sollen Corona-Tests mit Gurgelwasser bei Schülern und Lehrern ab Herbst einen Überblick über die Infektionslage an Schulen liefern. Eine repräsentative Gruppe von 15.000 Schülerinnen und Schülern und 1200 Lehrkräften an 250 Schulen soll alle drei Wochen getestet werden, um auch symptomfreie Fälle zu erfassen, wie Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Montag in Wien ankündigte.

Dabei wird für die Tests statt des bislang üblichen Rachenabstrichs ein Gurgelverfahren benutzt. Dieses wurde von Forschern in Wien entwickelt und im Frühsommer getestet. Wir erklären, wie es funktioniert, was die Vorteile sind und ob es auch an deutschen Schulen helfen könnte.

Wie funktionieren die Gurgel-Tests?

Bei dem Wiener Modell muss eine Minute lang mit einer speziellen Salzlösung gegurgelt werden, damit wie bei einem Abstrich Partikel aus dem Rachen hängen bleiben. Die Probe wird anschließend in einem Labor auf Virenerbgut analysiert. Nach Angaben der Forscher können zehn Proben auf einmal getestet werden.

Wie sicher sind die Testergebnisse?

In einer Pilotstudie im Frühjahr, bei der 5100 Schüler und Lehrer in Wien getestet wurden, habe das Gurgeln vergleichbare Ergebnisse wie der Rachenabstrich geliefert, so der Mikrobiologe und Studienleiter Michael Wagner von der Universität Wien. Das Gurgeln sei deutlich angenehmer und für Kinder beherrschbar: Selbst unter den Erstklässlern lieferten 80 Prozent demnach perfekte Proben. Das Robert-Koch-Institut äußerte sich bezüglich der Methode zunächst zurückhaltend. „Die Sensitivität wird in der Regel als geringer eingeschätzt als bei einem guten Abstrich“, sagte eine RKI-Sprecherin dem „Tagesspiegel“.

Wird es die Tests auch an deutschen Schulen geben?

Das ist bislang nicht abzusehen. Ein Testverfahren mit Gurgellösung prüft in Deutschland derzeit die Stadt Köln. Falls sich das Verfahren als so zuverlässig wie der Abstrich erweise, solle das Gurgeln in Köln weitgehend den unangenehmeren Nasen-Rachen-Abstrich ersetzen, kündigte das Gesundheitsamt an. Nähere Informationen zu den Tests in Köln werden für die kommende Woche erwartet.

Wie sieht das Programm in Österreich genau aus?

Das Monitoring-Programm in Österreich sei als Ergänzung zu den klassischen Tests durch die Gesundheitsbehörden angedacht, betonte der dortige Bildungsminister Faßmann. Die Schulen in Österreich sollen Anfang September im Regelbetrieb starten. Ein geplantes vierstufiges Ampel-Warnsystem soll dann in einzelnen Regionen je nach Infektionslage bestimmte Maßnahmen wie Maskenpflicht im Schulgebäude oder eine Rückkehr zu Heimunterricht ablösen.

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In Österreich sind sogenannte „Pooling“-Tests geplant. Bei diesem spülen bis zu zehn Kinder einer Schulklasse ihren Rachen – und spucken anschließend in dasselbe Gefäß, aus dem eine Probe entnommen und auf Corona getestet wird.

Könnte das „Pooling“ auch in Deutschland Corona-Tests beschleunigen?

Die Idee wird schon seit einigen Monaten in der deutschen Ärzteschaft diskutiert. Jürgen Zastrow, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, gefällt das Konzept. Allerdings sieht er für Deutschland juristische Bedenken: „Kohortentests sind aus epidemiologischer Sicht richtig und sinnvoll. Allerdings haben wir es in der Behandlung von Patienten mit einem individuellen Umgang und entsprechender Anspruchshaltung zu tun“, sagte er dieser Zeitung.

In der Abwägung zwischen dem Recht auf eine persönliche Behandlung und dem Erkenntnisgewinn würde er das Konzept allerdings „persönlich begrüßen“: Die Abstriche „müsste kein Arzt durchführen, es reicht, hierfür zwei Stunden lang angelernt zu werden. An Schulen würden ein Massentest von 90 Schülern gut organisiert etwa einen Vormittag beanspruchen.“ (mit dpa)