Jedes Jahr gibt es in Deutschland Hitzetote, die meisten von ihnen waren im vergangenen Jahr laut RKI Seniorinnen und Senioren.
Mit Wassermelone und EisSo schützen Pflegekräfte in Köln alte Menschen vor der Hitze

Um Dehydrierung zu vermeiden, müssen Pflegekräfte regelmäßig Getränke reichen. (Symbolbild)
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Trinken, trinken, und nochmals trinken. Das scheint in den Tagen der aktuellen Hitzewelle vor allem für ältere Menschen das oberste Gebot zu sein. Sie werden von den Temperaturen oberhalb der 30-Grad-Marke vor besondere Herausforderungen gestellt – und mit ihnen die Pflegekräfte, von denen sie teils betreut werden.
„Wir müssen rund um die Uhr darauf achten, dass der Flüssigkeitshaushalt gedeckt ist“, erklärt Christian Opel, Leiter des Hausgemeinschaft St. Augustinus der Ordensgemeinschaft der Cellitinnen in Nippes. Neben Getränken greift die Einrichtung deshalb zu fruchtigen Tricks. „Wir bieten auch kalte Wassermelone oder Wassereis an. Das ist sehr beliebt.“
Mit genügen Flüssigkeit ist es jedoch nicht getan. Um für Abkühlung zu schaffen, weiß man sich mit gelegentlichen kalten Lappen und Ventilatoren zu helfen. „Eine richtige Klimaanlage haben wir leider nicht. Das wäre aber schon in der Planung für die nächsten Jahre. Zumindest für die öffentlichen Räume. Jedes Zimmer werden wir wahrscheinlich nicht klimatisiert kriegen.“
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Opel und sein Team haben schon Schlimmeres als die aktuellen Tage erlebt: „Das ist im Moment eine relativ kurze Hitzewelle. Wir hatten vor einigen Jahren aber mal um die zwei Wochen lang rund 33 Grad. Bei längeren Hitzeperioden ist es dann schon eine andere Hausnummer für die Bewohner.“ Zu einem ausgewachsenen Notfall sei es deshalb in seiner Zeit als Leiter aber nicht gekommen.
Einrichtungen haben Notfallpläne für Hitzewellen
Jedes Jahr sorgen Hitzewellen für einen Anstieg der Todesfälle in Deutschland, das zeigen Zahlen des Robert-Koch-Instituts. „Der größte Anteil hitzebedingter Sterbefälle entfällt auf die Altersgruppen ab 75 Jahren“, heißt es in einem Bericht aus dem vergangenen Jahr. Insgesamt seien es schätzungsweise 3000 Personen gewesen.
Seit 2022 müssen Pflegeeinrichtungen per Gesetz einen Krisenplan für Situationen wie Hochwasser, Stromausfälle oder eben auch hohe Temperaturen vorlegen können. „Schutzkonzept bei sommerlicher Hitzewelle wird das bei uns genannt. Dort sind alle hilfreichen Maßnahmen zusammengefasst. Jedes Frühjahr werden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit geschult“, erklärt Opel. Auch den Angehörigen werde der Plan regelmäßige vorgestellt. Vermehrt erhalte er von ihnen aktuell Anrufe. „Die sind natürlich auch ein bisschen besorgt, wenn es wieder auf den Sommer zugeht.“
Insbesondere der Zustand von Personen mit einer Demenz-Erkrankung, die sich nicht mehr problemlos äußern können, sei eine konstante Überwachung des Zustands sehr wichtig. „Aber auch Personen, die sonst fitter sind, bemerken bei solchen Temperaturen dann doch mal gelegentlich Schwindel oder eine ausgeprägte Schlappheit und Müdigkeit.“ Die Hitze wirke sich auf die ein oder andere Art aber auf alle Bewohner aus. „Die meisten haben weniger Appetit und ziehen sich zurück.“

Das Haus zu verlassen, wird für alte Menschen bei sehr hohen Temperaturen oft unmöglich.
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Viele alte Menschen sind in der Hitze auf sich allein gestellt
Die häusliche Pflege hat mit zusätzlichen Herausforderungen zu kämpfen. Denn ihre Zeit mit den betroffenen Menschen ist begrenzter als in einer Einrichtung. Meist haben die Pflegedienste einen Einsatz am Morgen und gegebenenfalls einen Einsatz am Abend bei ihren Kundinnen und Kunden.
„Man muss deshalb vielfältige Maßnahmen ergreifen, um die Personen auch in der Zeit zwischen den Besuchen vor der Hitze zu schützen. Denn oft sind wir vom Pflegedienst die Einzigen, die am Tag zu ihnen nach Hause kommen“, erklärt Stefan Dreyer, Bereichsleiter Pflege beim Deutschen Roten Kreuz, Kreisverband Köln.
Die Voraussetzungen in den Wohnungen oder Häuser seien unterschiedlich. „Klimatisierte Wohnungen betreten wir sehr, sehr selten.“ Pflegekräfte seien deshalb dazu angehalten, morgens zu lüften und dann die Fenster zu verdunkeln, und beraten zum Einsatz von Ventilatoren. „Wir empfehlen, auch Kühlpacks zu nutzen sowie kalte Fußbäder durchzuführen und vermitteln eine luftige Kleiderauswahl.“ Auch den „Hitze-Knigge“, eine Broschüre der Stadt, verteilen die Mitarbeitenden.
„Wir stufen unsere Kundschaft nach dem Erstgespräch in eine von drei Risikokategorien ein, um festzuhalten, wie gefährdet sie bei einer Hitzewelle sind.“ Auf diese werde dann ein besonderes Augenmerk gelegt. So sei es durch das gesetzlich verpflichtende Krisenkonzept vorgesehen. „Besonders gefährdet sind Personen, die allein leben und keine Angehörigen mehr haben, sich selbst keine Getränke mehr besorgen können und ihre Wohnung nicht selbstständig abkühlen können.“
Dass die Anzahl der Hausbesuche in einer Hitzeperiode erhöht wird, ist jedoch nicht einfach möglich. Wenn der Pflegegrad, keine zusätzlichen Einsätze hergibt, müssten diese privat bezahlt werden. „Das ist bei vielen Leuten nicht möglich, weil sie das Geld nicht haben.“
Schläfrigkeit oder Vergesslichkeit sind Warnsignale für Dehydrierung
Die Trinkmenge der alten Menschen sei auch in der ambulanten Pflege ein großer Knackpunkt, während einer Hitzewelle. „Einige Leute werden leicht vergesslich, verwirrt oder wirken schläfrig, wenn sie zu wenig getrunken haben. Solche Zustände beobachten unsere Mitarbeitenden dann auch bei Personen, die eigentlich sonst völlig orientiert sind. Das sind natürlich immer schon Warnsignale. Eigentlich fängt es deshalb damit an, prophylaktisch vorgehen.“
Hier ergibt sich jedoch eine zusätzliche Herausforderung: „Die Flüssigkeitsaufnahme ist für die ambulante Pflege nur schwer zu kontrollieren.“ Die Pflegekräfte werden deshalb dazu angehalten, die Kundinnen und Kunden verstärkt an das Trinken zu erinnern und Getränke bereitzustellen, erklärt Dreyer.
Die körperlichen Effekte, die Dehydrierung und ein belasteter Kreislauf auf die ältere Kundschaft haben, sei nicht zu unterschätzen. „Die Hitze erhöht die Todesgefahr der alten Menschen. Einen Rettungsdienst mussten wir bisher nicht rufen. Aber das Risiko besteht natürlich an jedem der heißen Tage.“