Sharing oder LeasingEin Abo fürs Auto ab 200 Euro im Monat – lohnt sich das?

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Auto-Abos erleben derzeit einen Boom. 

Köln – Abo-Modelle sind äußerst beliebt: Anstatt sich über Jahre eine DVD-Sammlung zusammenzuklauben, zahlen wir lieber jeden Monat für Netflix. Auch das neue Album der Lieblingsband kaufen wir uns nur noch selten, sondern hören es uns auf Spotify an. Auch ein anderer Abo-Markt erlebt einen Boom: Auto-Abos. Hierbei zahlt man einen monatlichen Betrag und mietet sich ein Auto, bis auf die Spritkosten deckt der Anbieter alle Leistungen ab. Selbst Kaffeeröster Tchibo springt auf den Trend auf und vermietet nun Elektroautos. Wir erklären die Vor- und Nachteile eines solchen Abonnements.

Autos zum Leihen gibt es schon lange: Mit Carsharing kann man kleine Besorgungen in der Stadt erledigen, für längere Strecken bieten Autovermieter ihre Fahrzeuge an. Wer sich keinen Neuwagen holen und den Wagen nur ein paar Jahre fahren möchte, hat die Auswahl zwischen verschiedenen Leasing-Angeboten. Das Auto-Abo füllt die Lücke zwischen den letzten beiden Modellen: Alle Kosten, bis auf den Sprit, sind in dem Abo-Preis enthalten. Bei vielen Anbietern ist das Auto zudem monatlich kündbar.

„Corona hat das Mobilitätsverhalten drastisch verändert“

Gerade seit Beginn der Corona-Pandemie erlebt das Auto-Abo Modell einen Boom: Laut dem Duisburger Center Automative Research (CAR) wurden im letzten Jahr 42.000 solcher Abos abgeschlossen, Marktführer Fleetpool steigerte seine Kundenzahl um 55 Prozent. "Die Leute wollen wegen der Ansteckungsgefahr lieber im Auto sitzen als im öffentlichen Nahverkehr", erklärt Ellen Enkel, Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Mobilität an der Uni Duisburg. Gerade durch die Pandemie, sagt Enkel, brauchen viele Menschen mehr Flexibilität. Wann muss das Kind wieder zur Schule gefahren werden? Wann findet der Musikunterricht wieder statt? "Corona hat das Mobilitätsverhalten dramatisch verändert", sagt Enkel. Deshalb sei es auch schwierig, die Mobilität nach der Pandemie zu prognostizieren.

Das „Auto-Abo“ funktioniert tatsächlich ähnlich wie andere Abonnements: Je nach Unternehmen beträgt die Laufzeit ein bis sechs Monate. Zum Vergleich: Beim Leasing mietet man sich ein Auto für mindestens 12 Monate, meist länger. Die billigsten Auto-Abonnements kosten 200 Euro monatlich, teurere Autos über 1000 Euro im Monat. Viele Anbieter verlangen dazu eine Startgebühr von 200 Euro.

Nutzer können so vor dem Kauf E-Autos ausprobieren

In dem Preis enthalten sind alle Wartungsgebühren, TÜV, Versicherung und Steuern. Beim Leasing versichert man sich selber – hier ist schon der zweite Unterschied zum Auto-Abo. „Das ist auch eine Frage der Bequemlichkeit: Ich zahle einen Preis und da ist tatsächlich alles drin“, sagt Karsten Neubauer, Experte für Mobilität und digitale Vertriebsmodelle an der Uni Duisburg. „Ich habe da auch kein Kostenrisiko – weder beim Restwert, noch bei Versicherungstariferhöhungen, noch bei Reparaturen und Wartungsarbeiten.“ Einzig Spritkosten müssen die Kunden selber zahlen. 

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Auch für die E-Autos, sagt Enkel, hätte das Abo-Modell Vorteile. „Wer überlegt auf Elektromobilität umzusteigen, kann sich über ein Auto-Abo herantasten und das für ein paar Monate ausprobieren. Das ist nicht so eine lange Verpflichtung wie beim Leasing und längst nicht so lang wie ein Autokauf.“ Auch als Überbrückungsfahrzeug, bis der Neuwagen geliefert werden kann, sei ein Abo-Auto denkbar.

Vorsicht beim Kleingedruckten! 

Nachteile beim Auto-Abo sind jedoch unter anderem die Kilometer-Pakete. Ähnlich wie bei einer Internet-Flatrate beim Handy kann man nicht unbegrenzt fahren: Die Anbieter begrenzen die Kilometer auf beispielsweise 200, 800 oder 3000 Kilometer im Monat. Fährt er mehr, muss der Nutzer extra zahlen. Man müsse deshalb immer auf das Kleingedruckte achten, so Neuberger. 200 Kilometer im Monat seien nämlich „ein Witz“.

Einige Abo-Angebote seien zudem eher ein Leasing mit kurzer Laufzeit. Farbe und Ausstattung des Autos könne man sich zudem nur in den wenigsten Fällen aussuchen. „Man kann die Abo-Preise nur schwer vergleichen, ohne dass man sich intensiv damit auseinandersetzt“, sagt Neuberger. „Da wird es am Ende doch komplizierter.“ 

Das Mindestalter, ab dem man ein Auto-Abo abschließen kann, liegt zwischen 18 und 23 Jahren. Menschen über 75 Jahren können Abo-Angebote nicht mehr nutzen. Wenn Anbieter doch Fahranfänger hinters Steuer ihrer Autos lassen, geben sie ihnen meist nur Fahrzeuge im Wert von bis zu 20.000 Euro. Sollten sie einen Unfall bauen, droht ihnen eine hohe Selbstbeteiligung: Je nach Plattform müssen sie bis zu 1000 Euro zahlen. 

Wer ein Auto für eine längere Zeit als nur ein paar Monate nutzen möchte, sagt Enkel, fährt zudem mit einem Leasing-Angebot deutlich günstiger. „Die Flexibilität bei einem Auto-Abo hat natürlich einen Preis“, sagt die Professorin. 

Abo-Modell gilt als zukunftsfähig

Auch wenn die Abo-Modelle momentan trotz des Anstiegs keine sehr große Rolle in der Mobilität spielen, könnte sich das in Zukunft ändern: Ellen Enkels Vorgänger Ferdinand Dudenhöffer prophezeite im vergangenen Sommer, im Jahr 2030 könnten eine Million Abo-Verträge abgeschlossen werden. „Das Interesse am Fahrzeug-Eigentum sinkt aufgrund von Risiken wie unvorhersehbaren Werkstatt-Besuchen oder niedriger Restwerte weiter“, sagt der Duisburger Professor damals. Mit der Prognose würde das Abo-Model in neun Jahren einen Marktanteil von 40 Prozent erreichen.

Ganz so hoch ansetzen würde Karsten Neuberger nicht. Die Zahl sei sehr optimistisch, so Neuberger, widerlegen könne er sie jedoch auch nicht. „Zukunftsfähig ist das Modell auf jeden Fall“, findet er. Auch Ellen Enkel geht von einem Anstieg aus.

Ein wachsender Teil der Bevölkerung, so Enkel, möchte jedoch noch flexibler sein: Im Sommer zum Beispiel den E-Scooter oder das Fahrrad nehmen, für einige Strecken den öffentlichen Nahverkehr nutzen und im Winter mit dem Auto zur Arbeit. „Ich glaube fest daran, dass Plattformen, die unterschiedliche Verkehrsträger miteinander verbinden, zukünftig erfolgreicher sein werden“, sagt Enkel. So könne man sich monatlich oder wöchentlich entscheiden, ob man Bahn, Fahrrad oder E-Auto fahren möchte. 

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