BAPNix wie bessher noh all dänne Johre

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Werner Kopal, Michael Nass, Helmut Krumminga, Wolfgang Niedecken und Jürgen Zöller (v.l.) (Bild: EMI)

Werner Kopal, Michael Nass, Helmut Krumminga, Wolfgang Niedecken und Jürgen Zöller (v.l.) (Bild: EMI)

Köln – Manchmal ist es nur ein kurzer Wortwechsel, mit dem alles anders wird. Dieser zum Beispiel: „Hör mal, du bist doch der von BAP?!“ - „Ja, bin ich.“ - „Ich finde euch scheiße.“ An die genaue Wortwahl kann sich Wolfgang Niedecken nicht mehr erinnern, wie er von „Major“ Klaus Heuser 1980 auf der Toilette des „Basements“ angesprochen wird. Eigentlich ist Niedecken in dem Musikclub, um sich Paolo Campi anzuschauen. Seine Band sucht einen neuen Gitarristen - und hat ihn nach dem dreisten Bewerbungsgespräch gefunden.

Die Begegnung auf dem Kneipen-Klo markiert den Wendepunkt der Anfangsjahre von BAP: Klaus Heuser, ein Meister seines Fachs, macht aus der kölschen Liedermacher-Kapelle eine Rock-'n'-Roll-Band. „Dafür bin ich ihm unheimlich dankbar“, sagt Niedecken heute.

Vor Heusers Einstieg handelt es sich um eine unerfahrene, musikalisch limitierte Band, die ein Jahr zuvor unter dem Namen „Wolfgang Niedeckens BAP rockt andere kölsche Leeder“ ihr Debüt-Album veröffentlicht hat. 1979 ist Niedecken durch Solo-Auftritte bekannter als die Band, mit der er 1976 erstmals spielte.

Geprobt wird im Wiegehäuschen des Betonwerks in Hersel. Wolfgang Niedecken, Schmal Boecker, Wolli Boecker, Klaus Hogrefe, Hans Heres und Afro Bauermann treffen sich in der Regel, um eine Kiste Bier leerzuspielen. Niedecken hat der Zeit eine Strophe in seinem Kölsch-Plädoyer „Für ne Moment“ gewidmet (siehe oben). Eines Abends 1976 kommt ein Bekannter namens Christian Maiwurm vorbei: Die Band soll bei einer Veranstaltung gegen die geplante Stadtautobahn in Nippes auftreten. Niedecken und Co. erzählen, dass sie keine Anlage hätten, gar nicht gut seien und überhaupt. . . Doch die Bedenken werden zerstreut, und noch am selben Abend findet sich ein Bandname, der auf der Bassdrum stehen soll. Maiwurm entscheidet: „Schriev do BAPP drop! Ävver loss dat zweite „P“ fott, dat sieht scheiße uss.“ So was nennt man Bandtaufe.

Nur zwei Jahre später sieht Niedecken die Band beerdigt, als BAP es fertig bringt, einen vollen Saal binnen kürzester Zeit leer zu spielen. Schluss, aus, okay - denkt sich der Sänger, bis er in Griechenland auf Bernd Odenthal trifft (siehe „Erinnerungen“). In den Folgejahren spielt BAP „övverall do, wo en Steckdos es“ und in wechselnden Besetzungen, da einige Mitglieder vor der Wahl standen: Musiker werden oder „was Richtiges“.

Mit „Verdamp lang her“ gelingt 1981 der nationale Durchbruch. Ein Jahr später steigt die LP „Vun drinne noh drusse“ von null auf Platz eins in die Charts ein und verdrängt das eigene Album „Für Uszeschnigge“. BAP stellt Verkaufsrekorde auf, startet 1984 eine Tournee, die 140 (!) Termine umfasst. Dem rasanten Aufstieg folgt eine Identitätskrise. Niedeckens Texte stoßen unter anderem wegen ihrer Länge innerhalb der Band auf Kritik, ebenso wird über den Musikstil und die Studio-Produktion gestritten. In der Nacht vor einem Foto-Shooting für das Album „Ahl Männer, aalglatt“ 1986 eskaliert die Situation. Einen Tag später, nach unzähligen Gesprächen, gibt es die Band wieder.

Dennoch hat das Tauziehen zwischen Niedecken und Heuser längst begonnen. „Er wollte in eine andere Richtung als ich“, sagt der BAP-Sänger, der sich stets als Rock-'n'-Roller sah. Heuser dagegen habe einen modernen, radiokompatibleren Sound angestrebt. Vor der Tournee 1999 treffen sich die beiden am Rodenkirchener Bootshaus „Alte Liebe“. Heuser teilt Niedecken seinen Entschluss mit, wie Niedecken in seiner Autobiografie schreibt: „Ich habe mir überlegt, nach der kommenden Tournee auszusteigen. Mir ist klar geworden, dass das, was ich mit BAP gerne machen würde, mit dir offensichtlich nicht geht.“ Niedecken betont immer wieder, man habe sich nicht im Streit getrennt. Den Fans ist das egal, Heuser gilt als Ausnahmegitarrist, auch deshalb steht für viele fest: Das war es mit BAP. Sie irren sich.

Nach weiteren personellen Änderungen - dem Weggang von Jens Streifling zu den Höhnern und dem Krebstod Sheryl Hacketts - wird aus BAP ein Quintett: Helmut Krumminga (Gitarre), Michael Nass (Keyboards), Jürgen Zöller (Schlagzeug), Werner Kopal (Bass) und Wolfgang Niedecken spielen nun schon im zwölften Jahr zusammen. Und derzeit deutet nichts darauf hin, dass sich dies so schnell ändern wird. Bei der Veröffentlichung des Albums „Sonx“ 2004 spricht Niedecken vom „Konzept der Reduktion“. Musikalisch hat die Band dadurch gewonnen. Niedecken hat ausnahmslos erstklassige Musiker zu BAP geholt. Und die beweisen, dass man für Kölschrock kein Kölner sein muss: Krumminga ist Ostfriese, Nass kommt aus Borna bei Leipzig, und Werner Kopal wurde in Neuss zumindest auf der richtigen Rheinseite geboren.

„Noh all dänne Johre“, wie eine Ballade auf dem aktuellen Album „Halv su wild“ heißt, rockt Wolfgang Niedeckens BAP noch immer andere kölsche Leeder. Fortsetzung folgt.

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