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Polizei fasst „Schlecker-Bande“

Lesezeit 4 Minuten

GUMMERSBACH. Eine spektakuläre Festnahme auf der Autobahn A3 bei Aschaffenburg markierte am frühen Montagmorgen das Ende der „Schlecker-Bande“, der allein im Großraum Köln seit November 30 Einbrüche in Drogerie- und Supermärkte zur Last gelegt werden. Vier Mitglieder wurden sofort festgenommen, vier weitere nach Wohnungsdurchsuchungen in Gummersbach. Alle sitzen in Untersuchungshaft.

„Die gingen Einbrechen wie wir zur Arbeit“, gab Polizeidirektor Horst vom Brocke gestern Vormittag sichtlich zufrieden den Erfolg der Ermittlungsgruppe „Tresor“ bekannt. Die war im November nach einer auffälligen Häufung von Einbrüchen in oberbergische Schlecker-Drogeriemärkte in Gummersbach gegründet worden.

110 000 Euro in bar

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und Autos erbeutet

Was zwischen Sauerland und Köln, Bonn und Leverkusen sowie in Rheinland-Pfalz zunächst nach Einzeltaten aussah, entpuppte sich nach Abgleich von Ermittlungsakten und ersten Festnahmen als Serie einer professionellen Bande mit Sitz in Oberberg. Fünf der aus dem Kosovo stammenden Männer lebten in Gummersbach, je einer in Eckenhagen und Engelskirchen, einer war bei seiner Festnahme ohne festen Wohnsitz. Sie sind zwischen 22 und 35 Jahre alt, arbeitslos, zumeist mit deutschen Frauen verheiratet (damit vor Ausweisung geschützt) und Familienväter. Erbeutet haben sie seit November mindestens 110 000 Euro in bar und mehrere Autos.

Die Bande arbeitete in strenger Aufgabenteilung: Es gab Spezialisten für die Einbrüche in die Märkte, und welche, die die Tresore aus der Verankerung rissen. Einige waren fürs Klauen von Autos zum Abtransport der bis zu 500 Kilogramm schweren Safes zuständig, andere Bandenmitglieder standen Schmiere. Die Schlecker-Märkte waren die beliebtesten Ziele. Nicht nur die Ausstattung der Märkte ist gleich, sondern auch die Bauart der Tresore. Einen davon hatte der Leiter der Ermittlungsgruppe, Hauptkommissar Friedbert Müller gestern zur Pressekonferenz mitgebracht: Der 102 Kilo schwere Stahlschrank ließ sich bequem mit den Privatautos der Einbrecher fortschaffen. Für die bis zu 500 Kilo schweren Geldschränke in Edeka- und Stüssgen-Märkten wurden in Tatortnähe die passenden Transporter geklaut.

So auch kurz vor Weiberfastnacht in Bonn-Kessenich, als die Gruppe es zum zweiten Mal auf einen Stüssgen-Markt abgesehen hatte. Dort war einem Zeugen aber der geklaute VW-Bus vor der Supermarkttür aufgefallen. Als die Polizei eintraf, konnten drei der Einbrecher zu Fuß entkommen, der vierte gab Vollgas. Doch weil seine Komplizen in der Eile vergessen hatten, die Schiebetür des Wagens zu schließen, polterte der Tresor in der ersten Linkskurve auf die Straße. „Dass sie in der Berichterstattung dann als Deutschlands dümmste Einbrecher bezeichnet wurden, hat sie so gekränkt, dass sie es noch ein drittes Mal versuchen wollten“, berichtete Müller. Doch dazu kam es nicht. Denn inzwischen war die EG „Tresor“ den Oberbergern schon auf der Spur.

Alle acht wurden überwacht, vermutlich auch ihre Telefone abgehört. Welche taktischen Mittel genau die Polizei einsetzte, darüber machten Müller und vom Brocke gestern keine Angaben. Auf jeden Fall erfuhren die Ermittler, dass die Gruppe sich wegen des großen Medienrummels im Rheinland nach Bayern orientierte. Ein erster Markt war bereits geknackt, als sich vier Bandenmitglieder am Wochenende erneut nach Süddeutschland aufmachten - mit der Polizei im Schlepp. In Kitzingen südlich von Würzburg hatte man einen Plus-Markt ausbaldowert. Dort wurden die Täter aber offenbar gestört, jedenfalls flohen sie mit zwei Autos, einem geklauten Transporter und ihrem Privatwagen, mit dem sie angereist waren, Hals über Kopf auf die Autobahn Richtung Oberberg. Verfolgt wurden sie von einem Großaufgebot an bayrischer Polizei und einem Hubschrauber mit Wärmebildkameras. Eine Spezialkommando schloss zu beiden Fahrzeugen auf und stoppte sie in Höhe Aschaffenburg.

Nur Stunden später durchsuchte die Polizei im Raum Gummersbach acht Wohnungen, nahm weitere vier mutmaßliche Bandenmitglieder fest. Die Arbeit für die Polizei ist damit noch nicht beendet. Handyverbindungen werden ebenso überprüft wie Auslandsüberweisungen der Inhaftierten und an den Tatorten gefundene DNA-Spuren.

Polizeidirektor vom Brocke schließt nicht aus, dass die Bande weitere Einbrüche begangen hat. Im August waren in der Aggertalsperre sechs aufgebrochene Tresore entdeckt worden - darunter auch welche aus Drogeriemärkten.