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Todesfall bei „Rock am Ring“

Lesezeit 3 Minuten

Amy Lee von Evanescence rockt am Ring.

NÜRBURG. Das Musikfestival „Rock am Ring“ in der Eifel wurde in diesem Jahr von einem Todesfall überschattet. Eine 34-Jährige war laut Angaben der Polizei in der Nacht zum Sonntag auf einem Zeltplatz unterwegs, als sie vermutlich stolperte und so unglücklich fiel, dass sie sich den Halswirbel brach.

Rund 80 000 Fans hatten Karten für das dreitägige Festival ergattert, das in diesem Jahr erstmals vor dem Start ausverkauft war. 85 Bands traten auf. Den Auftakt bildeten Auftritte von Musikgruppen wie Linkin Park und Muse: Dicht drängen sich die Besucher vor der Hauptbühne und rocken zu den harten Klängen ab. Auf einer kleineren Nebenbühne sorgen neben anderen die New Yorker Gypsy-Punk-Band Gogol Bordello und der Sänger Jan Delay für Stimmung. „Es war super voll“, sagt ein Polizeisprecher. Am zweiten Tag erleben die Fans dann den lang ersehnten Auftritt der nach mehr als sechs Jahren wiedervereinigten Smashing Pumpkins. Die US-Band um Frontmann Billy Corgan tritt weitgehend in neuer Besetzung auf und spielte Titel des neuen Albums „Zeitgeist“, das im Juli erscheinen soll. Zuvor hatten die Beatsteaks aus Berlin den Fans kräftig eingeheizt. Teil des krönenden Finales sind unter anderem auch die Berliner Pop-Punks Die Ärzte.

Wem das alles zu viel wurde, für den standen rund 770 Sanitäter, „echte“ Ärzte und einige Seelsorger bereit. Mit bebenden Lippen liegt die junge Frau auf einer Liege. Ein Sanitäter gibt ihr Tropfen, damit sie wieder auf die Beine kommt. Schwächeanfälle gehören zu den Problemen, mit denen es die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) häufiger zu tun haben.

Seit etwa fünf Stunden ist auch Klaus Hindrichs (49) im Einsatz. In der Zeit hat er nach eigenen Angaben „das gesamte medizinische Spektrum“ erlebt. Zwei Patienten mussten mit Hubschraubern ins Krankenhaus geflogen werden. In dem einen Fall war ein angetrunkener Fan abseits des Festivalgeländes auf einen Jagdhochsitz geklettert und hinuntergefallen. Bei einem anderen Besucher bestand der Verdacht auf einen Magendurchbruch. „Das hat mit dem Fest nichts zu tun. Das war reiner Zufall“, meint Hindrichs, der Chefarzt der Chirurgie im Krankenhaus im nahen Adenau ist.

Im „Medical Center“ stehen die Fans vor allem abends und nachts mit ihren kleinen und großen Problemen Schlange. Einer hat unfreiwillig einen Schneidezahn verloren, einer hat sich den Knöchel verstaucht. Drogen spielen auch eine Rolle, wenn auch eine untergeordnete, wie Hindrichs sagt. Der Arzt hält jedoch keine Moralpredigten. „So lange es Menschen gibt, gibt es Feste.“ Und auf allen Festen gebe es auch Leute, die über die Stränge schlügen. „Das haben die Römer schon gemacht, das hat es in den 60er Jahren bei Woodstock gegeben, und das gibt es heute bei „Rock am Ring“, meint Hindrichs.

Bei seelischem Leid helfen haupt- und ehrenamtliche Seelsorger. Zu ihnen gehört auch der Bürgermeister der nahen Verbandsgemeinde Kelberg (Landkreis Vulkaneifel), Karl Häfner (55). Er berichtet von Fans, die nach tagelangem Alkoholrausch von Depressionen übermannt werden und von Pärchen, die sich ausgerechnet auf dem Musikfestival ganz kräftig in die Haare geraten.

Zu tun haben es die Helfer aber auch mit Fans, die in der Dunkelheit der Nacht die Orientierung verloren haben und ihren Zeltplatz nur noch mit Worten wie „da war viel Wald“ beschreiben können.

Manche Einsätze berühren auch die Seelsorger selbst. „Wir hatten einen Fall, da mussten wir eine Todesnachricht überbringen, weil zu Hause jemand gestorben war“, sagt die ehrenamtliche Mitarbeiterin Annegret Koch (47). Dass es heute Seelsorger bei „Rock am Ring“ gibt, geht auf eine Elterninitiative zurück: Die Kinder der Ehrenamtlichen aus Kelberg vergnügen sich oft selbst bei dem Festival. „Wenn bei denen was wäre und man weiß, es ist jemand vor Ort, an den sie sich wenden können, ist das beruhigend“, meint Koch. (dpa)