Die Ausstellung „Vater Mutter Kind“ im Kunstforum in Gemünd zeigt sehr oft biografische Bezüge zu den Künstlerinnen und Künstlern.
Kunstforum EifelAusstellung in Gemünd rückt Familienbeziehungen in den Fokus

Ihrer mit 86 Jahren verstorbenen Tante hat Eva Görgen in ihrer neunteiligen Porträtserie „Ursula“ ein Denkmal gesetzt.
Copyright: Stefan Lieser
Lauter Dramen, Trauerarbeit und Selbstermächtigungen: „Vater Mutter Kind“, die neue Themenausstellung im Kunstforum Eifel, zeigt Arbeiten von 31 Kunstschaffenden, überwiegend Frauen, ohne irgendein Idylleversprechen.
Die drei Kinder, die Mutter, davon mit ein wenig Abstand isoliert der Vater unter einer Maske: Maria-Elisabeth Palmen-Kind aus Bad Münstereifel hat lange vor einem Verhandlungstermin am Familiengericht die Personen in genau der Reihenfolge gemalt, in der sie dann tatsächlich auch im Verhandlungssaal gesessen haben. Palmen-Kind hat mit dem offenbarten biografischen Bezug ihres Gemäldes, auf dem die einzelnen Personen aber nicht erkennbar sind, kein Problem: Was ihr und ihrer Familie passiert ist, ist schließlich kein Einzelfall. „Vater Mutter Kind“, das bedeutet auch immer wieder das Durchbuchstabieren von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen.
Schau in Gemünd zeigt Arbeiten von mehr als 30 Kunstschaffenden
Wer in Gemünd mit den 24 ausstellenden Künstlerinnen und sieben Künstlern ins Gespräch kommt, erfährt oft, dass das persönlich Erlebte ein Impuls für Gemälde, Grafiken, Objekten oder Assemblagen war.
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Da wäre etwa „Weißer Sonntag“ von Kirsten Wiedmann aus Bonn: Wie von einem Gruppenfoto aus den 1960er- oder 1970er-Jahren abgemalt, blickt die Familiengruppe im Festtagstaat starr aus dem Bild. Die Kinder tragen Seemannsuniform oder Anzug – unpersönlicher kann „Familie“ kaum sein. Wie festgetackert wirken die Personen, nahezu monsterhaft.
Elisabeth Hatscher aus Diefenbach etwa versucht in einer Installation die Beziehungsdynamik zwischen Mutter und Tochter zu zeigen: „Die roten Schuhe meiner Tochter und meine Füße“ zeigt offenkundig zu große Füße in weißen Socken, gequetscht in rote High Heels. Mutter und Tochter passen eben nicht zusammen, die Jüngere geht andere Wege als die Ältere.
Künstlerin aus Mechernich malt sich in ihr eigenes Bild hinein
Selbstermächtigung ist wie bei anderen Künstlern auch Gegenstand einer Arbeit von Yvonne Delisle aus Mechernich: In „Übermalung des Paares in Scheidung“ zeigt sie ein Paar im unterkühlten Stil der Neuen Sachlichkeit und sich selbst am Bildrand als die, die dieses Idealbild gerade übermalt. So ist als Künstlerin Objekt und Subjekt.

Die Künstlerin ist Objekt und Subjekt zugleich: Yvonne Delisle steht neben ihrem Bild „Übermalung des Paares in Scheidung“.
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Das ist nicht Thema bei Eva Görgen aus Leverkusen in ihrer neunteiligen Porträtserie „Ursula“, einer Hommage an ihre im Alter von 86 Jahren verstorbene Tante. Mit groben, pastosen Pinselstrichen malt sie eine lebhafte alte Frau, die wie in einer Momentaufnahme aufgenommen wirkt. „Ursula“ ist nicht optisch schön, aber so wie sie wohl war – und darum umso authentischer. Es ist eine eher seltene Liebeserklärung an ein Familienmitglied in dieser eher problematisierenden Themenschau.
Eva-Maria Hermanns hat dieses Mal „nur“ die Arbeiten von 20 Künstlerinnen im dreigeschossigen Hauptteil des Kunstforums kuratiert. Erstmals im Kabinett des Hauses kuratiert zudem Eva Blaeser-Ridderbecks eine zweite Ausstellung mit Arbeiten von zehn Künstlern unter dem Titel „Die Kunst – mein Baby“. Zwischen 1970 und 2024 entstanden eher kleinformatige Arbeiten, die so schon im Umfang die abverlangte Selbstbeschränkung der Mütter und Väter in einer jungen Elternschaft deutlich machen. Platz und Zeit für Großformate gibt es da eher nicht. Ludger Brauckhoff hat dazu passend abgegriffenes Holzspielzeug in Vitrinen ausgestellt.
Soloschau im „App:Endix“ des Gemünder Kunstforums
Im „App:Endix“ schließlich ist Angelika Flaig aus Bösdorf in Sachsen-Anhalt eine Soloschau gewidmet. Sie hat Szenen aus dem Buch Hiob des Alten Testaments und dem lyrischen Spätwerk „Hiob“ von Ivan Goll in einer Serie von großformatigen Lithografien umgesetzt, begleitet von über QR-Codes abrufbaren „Klanggeschichten“ von Peter Schwieger.
Über das Medium Kunst gesuchte Auseinandersetzungen, kritische Kommentare oder auf Basis von Artefakten und Symbolen der Kindheit und Jugend die eigene Betroffenheit darzustellen wie auch das Allgemeinverbindliche, merkt man etwa den in vier Vitrinen gezeigten Arbeiten von Bodo Nolte aus Schwerte an. Es ist eine Art Foto-Text-Tagebuch: Ein Paar, fotografiert in den 1950er- oder 1960er-Jahren, mit zwei Nelken, der Textkommentar dazu in krakeliger Grundschülerschrift. Nur der Inhalt passt nicht dazu: „Die zwei Nelken stehen für Wohlstand und Gerechtigkeit, alles was die SPD gut findet.“
Gelegentlich wirkt „Vater Mutter Kind“ etwas beliebig und bleibt etwas zu sehr in der persönlichen Betroffenheit des Künstlers oder der Künstlerin verhaftet, es fehlt zuweilen die ästhetische Entgrenzung. Doch es ist ein sehenswerter Versuch, sich dem Naheliegenden anzunähern, wenn es um Zwischenmenschliches geht. Viele der Kreativen gehen zu diesen ersten oder zweiten Bezugsgruppen eher auf Distanz. Die Ausstellung eines Nähkästchens ist da eher eine romantische Ausnahme.
Besucher der Vernissage kamen miteinander ins Gespräch
Im Rahmen der Vernissage hatte das Künstlerduo Hoernemann & Walbrodt als „performative Installation“ alle Besucher am Eingang um den Vornamen ihrer Großmütter mütterlicherseits gebeten, die wiederum mit einer Reiseschreibmaschine auf kleine Kärtchen geschrieben wurden – ergänzt um ein per Zufall ausgewähltes beschreibendes Adjektiv der Dame: „Marianne – verspielt“ zum Beispiel.
Die Gäste wurden daraufhin gebeten, mit ihrem Gegenüber ein Gespräch über dessen Oma und deren Lieblingsgericht zu beginnen. So entspann sich im Nu ein munteres und lebhaftes Gesprächsgewaber quer über alle Etagen des Forums hinweg. Die Familie der Kunstfreunde hat sich noch viel zu sagen.
Die Ausstellung „Vater Mutter Kind“ im Kunstforum Eifel in Gemünd, Dreiborner Straße 22, ist noch bis zum 5. Juli zu sehen. Die Öffnungszeiten sind Freitag bis Sonntag, jeweils 13 bis 18 Uhr. Eventuelle Abweichungen werden auf der Website des Kunstforums bekanntgegeben.
Zwei Zusatzveranstaltungen sind geplant. Am Samstag, 7. Juni, ab 14 Uhr steht „Ein Werktisch“ mit kreativem Gestalten mit Sarah Schiffer und Eva Blaeser-Riddenbecks auf dem Plan. Für Sonntag, 8. Juni, ab 14 Uhr sind eine Führung durch die Ausstellung und ein Gespräch mit der Kuratorin vorgesehen.