Die Zentrale Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete (ZUE) in Alfter öffnete für Anwohner, um Transparenz und Dialog zu fördern.
Tag der offenen TürAnwohner besuchen Zentrale Unterbringungseinrichtung in Alfter

Viele Besucher kamen zum Tag der offenen Tür, um die ZUE anzugucken und Fragen zu stellen.
Copyright: Frank Engel-Strebel
Schlange stehen hieß es bereits kurz vor 10 Uhr am Samstagmorgen, bevor die Sicherheitskräfte pünktlich das Tor zum Gelände der Zentralen Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete (ZUE) an der Hauptstraße zwischen Witterschlick und Volmershoven-Heidgen öffneten.
Ende November sollen die ersten Schutzsuchenden einziehen, erläuterte Luca Lamonte-Austin, bei der Bezirksregierung Köln zuständiger Dezernent für die Unterbringung von Geflüchteten. Gemeinsam mit der Gemeinde Alfter hatte die Bezirksregierung wie vor Monaten bereits angekündigt die Bevölkerung zu einem Tag der offenen Tür eingeladen, damit sich jeder ein Bild von der Anlage machen, aber auch Fragen oder Sorgen mit den Verantwortlichen besprechen kann.
„Uns von der Gemeinde war es ein großes Anliegen, stets transparent über die Einrichtung zu informieren und diesen Tag zu organisieren. Die Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung ist uns hervorragend gelungen“, betonte Bürgermeister Christian Lanzrath (SPD), als er die ersten Gäste begrüßte. Lamonte-Austin hofft auf ein gutes Miteinander und versprach: „Wir sind immer offen für jede Rückmeldung und Anmerkung.“
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Feras Dourdi ist als Umfeldmanager Ansprechpartner für Fragen und Probleme.
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Wichtigster Ansprechpartner vor Ort ist Feras Dourdi. Er ist Umfeldmanager und arbeitet für den Dienstleister European Homecare (EHC), der nach einer öffentlichen Ausschreibung mit dem Betrieb der ZUE von der Bezirksregierung beauftragt wurde. Dourdi arbeitet mit einem weiteren Kollegen im Schichtdienst, so dass per Handy rund um die Uhr ein Ansprechpartner für die Anwohner erreichbar ist, falls es Konflikte geben sollte: „Ich sehe mich als Brücke zwischen den Bewohnern und den Nachbarn“, schilderte Dourdi.
Infoabend für Neuankömmlinge
Für alle Neuankömmlinge gibt es zunächst immer einen Infoabend, sie lernen dort, wie sie sich vor Ort verhalten sollen, was üblich ist und was nicht. Sie erfahren auch, welche Angebote und Möglichkeiten es in der Umgebung gibt, um sich zu beschäftigten oder einzukaufen und wo Deutschkurse angeboten werden.
Dourdi und sein Team stellen auch Kontakte zu Vereinen und Ehrenamtlichen her, die in die Einrichtung kommen, um gemeinsam mit den Schutzsuchenden zu malen, zu singen, zu spielen, zu kochen oder ihnen Deutsch beizubringen. „Wichtig ist uns, dass die Menschen genug Beschäftigung haben“, betonte der Umfeldmanager.
Deswegen werden auch Kontakte zu Sportvereinen geknüpft, damit Jugendliche vielleicht Fußball spielen können. Es werden Ausflüge in die Städte oder gar Museumsbesuche angeboten und Aktionen, die einfach Spaß machen.
„Dadurch versuchen wir, Probleme zu vermeiden. Bei Konflikten sind wir jederzeit erreichbar und wir werden für jede Beschwerde eine Lösung finden“, versprach Dourdi, der diesen Beruf seit drei Jahren ausübt: „Er macht mir sehr viel Spaß.“ Die Bewohner sollen auch mithelfen, die Außenanlagen, die noch fertiggestellt werden müssen, mitzugestalten.

Der Außenbereich wird noch fertig gestellt, zusammen mit den künftigen Bewohnern.
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Alle Bewohner erhalten einen Ausweis, mit dem sie Zutritt zur Einrichtung haben. Eine Residenzpflicht besehe nicht. Die Bewohner können Freunde oder Verwandte besuchen, Urlaub machen oder natürlich ihrer Arbeit nachgehen, denn ein Großteil, so Lamonte-Austin, übe eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus. Platz finden in der Anlage maximal 360 Menschen.
Vermutlich werden die Räume aber nie komplett ausgelastet sein, schildert Lamonte-Austin: „Das Zuzugsgeschehen nach Deutschland ist derzeit im Vergleich zu den Jahren zuvor auf einem niedrigen Niveau.“ Dies hänge unter anderem damit zusammen, dass nach dem Ende des Bürgerkrieges kaum noch Menschen aus Syrien kämen, aber auch mit der aktuellen Politik der Bundesregierung und den Entwicklungen in der EU.

In der Einrichtung gibt es Spielzimmer für Kinder und Jugendräume.
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Wer nach Witterschlick kommen wird, konnte der Dezernent nicht sagen: „Es kommen Menschen aus der ganzen Welt zu uns, derzeit vor allem aus Afghanistan oder Nordafrika, aber auch aus Ländern, an die man nicht sofort denkt wie China oder die Türkei beispielsweise.“
Wie sehen Anwohner die Situation? Witterschlicks neuer Ortsvorsteherin Anja Frenkel nimmt unterschiedliche Stimmen und Stimmungen wahr. Es gebe viele Menschen, die sich engagieren möchten – auch von Seiten der Vereine – und die es begrüßten, dass die Gemeinde mit der ZUE transparent umgehe. Es gebe aber auch Sorgen und Befürchtungen, ob die beiden Dörfer so viele Menschen aus unterschiedlichen Nationen verkraften könnten.
Sorge bereitet einer Anwohnerin aus Volmershoven-Heidgen, dass die Unterkunft auf dem Schulweg ihrer Kinder liege. Vor allem hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur befürchtet sie Probleme, wenn beispielsweise die Busse, die sowieso schon stark ausgelastet seien, noch stärker frequentiert würden.

So sieht eine Gemeinschaftsdusche in der ZUE aus.
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Hier versicherte Lamonte-Austin, dass die Bezirksregierung sich eng mit den Verkehrsträgern abstimmen würde, dies sei vergleichbar mit Neubaugebieten: „Stellen wir fest, dass die Busse zu voll werden, dann können wir dafür sorgen, dass zusätzliche Busse fahren oder Gelenkbusse eingesetzt werden.“ Eine Überlastung für die Umgebung gebe es an anderen Standorten, wo sogar bis zu 1000 Menschen untergebracht seien, nicht, so der Dezernent. Dies gelte auch für Innenstadtlagen wie Bonn.
Roman Bork, der sich mit seiner Familie die ZUE angeschaut hatte, regte vor dem Hintergrund, dass derzeit nicht mehr so viele Geflüchtete kommen, an, dass in der ZUE beispielsweise auch Studenten, Obdachlose, Senioren oder Menschen, die dringend bezahlbaren Wohnraum brauchen, einziehen könnten: „Wir sollten in Zeiten knapper Kapazitäten offener denken, außerdem würde so auch Integration besser gelingen.“
