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RheinuferIm Streit um Ausbau des Leinpfades klagt Bundesbehörde gegen die Stadt Bad Honnef

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Ein schmaler Pfad, links eine Mauer mit Graffiti, rechts die Böschung zum Rhein.

Ein Abschnitt des Leinpfades am Rheinufer in Bad Honnef.

Wegen des Ausbaus des Leinpfades am Rheinufer hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Stadt Bad Honnef verklagt. Es geht um 96.000 Euro.

Es ist eine unendliche Geschichte: Der romantische Leinpfad am Rhein — und der Wunsch der Bad Honnefer, aus ihm einen öffentlichen Wanderweg zu machen. Immer wieder werden neue Kapitel aufgeschlagen und Lösungen gesucht, der Ausbau als zu teuer oder als zu schwierig verworfen oder auch einfach wieder vergessen, dass es am Rhein – für viele Wanderer mit Blick auf Drachenfels oder Rolandsbogen – so schön sein könnte.

Stattdessen wurde der Pfad – zugewachsen und ausgewaschen  – als gefährlich eingestuft und auf Jahre hinweg wegen Absturzgefahr zum Rhein gesperrt. Bis sich im Januar 2021 eine neue Chance bot: Denn die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) bot der Stadt Bad Honnef an, ihr eine 96.000-Quadratmeter-Parzelle des Leinpfades zu verkaufen. Nicht für den geschätzten Grundstückswert von 96.000 Euro, sondern für Null Euro.

Erst kurz vor Ablauf der Frist kam Bewegung in den Fall

Die vertraglich gewährte Verbilligung des Kaufpreises gelte aber nur unter einer Bedingung: Die Kommune verpflichtet sich, den Kaufgegenstand – also den Leinpfad – als Rheinuferweg herzurichten, damit er als öffentlicher Verkehrsweg für Radler und Spaziergänger genutzt werden könne. Eine Herrichtungsfrist von drei Jahren bis zum 3. Januar 2024 wurde verabredet. Die Stadtväter unterzeichneten den Kontrakt. Aber dann vergaßen sie den Leinpfad wieder.

Erst kurz vor Ablauf der Frist kam wieder Bewegung in den Fall: Im August 2023 baten die Honnefer bei der BIMA dringend um Fristverlängerung: Die Ausbauplanung sei wegen der komplexen Gegebenheiten wie Natur- und Wasserschutzauflagen noch nicht fertig, heißt es in einem Schreiben. Einen Fristaufschub bis 2027 erbaten die Honnefer, aber die BIMA spielte nicht mehr mit. Vielmehr verklagte die Bundesanstalt die Stadt vor dem Bonner Landgericht auf Zahlung der 96 000 Euro für das verkaufte Grundstück, da die Kommune ihrer Vertragsverpflichtung nicht nachgekommen sei.

Richter zog das Straßen- und Wegegesetz NRW zu Rate

In einem ersten Gütetermin vor der 1. Zivilkammer beteuerte die Honnefer Abordnung, geführt von Rechtsanwalt Günther W. Raths, dass die Stadt doch ihrer Pflicht nachgekommen sei. Tatsächlich hatte sie schnell noch vor Fristablauf etwas Schotter im betreffenden Flurstück aufgeworfen und auch das strikte Verbotsschild abgenommen. Stattdessen warnt ein neuer Schriftzug den Wanderer am Zugang zum Pfad: „Unebene Wegstrecke“ heißt es da jetzt. Und: „Benutzung auf eigene Gefahr“. Das war's.

Aber sonst sei nichts gemacht worden, stellte die BIMA bei einem Ortstermin am Rhein fest. Der Pfad verwildere weiter oder sei nur Wiese ohne abgegrenzten Weg, dokumentierten Fotos. „Ein regelrechter Trampelpfad!“, kommentierte der BIMA-Vertreter. „Optimalszenario“ wurde zum „Minimalszenario“„Ist das, was wir hier vorfinden, das Herrichten eines öffentlichen Weges?“ Der Kammervorsitzende Stefan Bellin zog zur Objektivierung das Straßen- und Wegegesetz NRW heran und zitierte aus Paragraf 9a, Abs. 2 zur Frage der bautechnischen Sicherheit und der daraus resultierenden Verkehrssicherungspflicht.

Mit dem richterlichen Schluss: Das, was die Honnefer vorgelegt hätten, sei „keine seriöse Herrichtung“ des Leinpfades, so wie es sich der Kläger vorgestellt habe. Kleinlaut räumten die städtischen Vertreter schließlich auch ein, dass sie „ursprünglich viel mehr machen wollten“, so sei jetzt „aus einem Optimal-Szenario nur ein Minimal-Szenario“ geworden. Auf eine erneute Bitte um Fristverlängerung konterte die BIMA, die – laut Rechtsanwalt Dr. Georg Butterwegge – monatelang vergeblich einen Kontakt mit der Kommune gesucht hatte, deutlich: Haushaltsrechtlich sei das nicht mehr tragbar.

Denn, so der BIMA-Fachbereichsleiter vor Gericht, die Richtlinien seien eng gestrickt und auch nur für kurzfristige Lösungen gedacht, die innerhalb von drei bis fünf Jahren umgesetzt werden könnten. Auf einiges Unverständnis stieß auch der Vorwurf der Kommune, dass die BIMA für die „wenig wertvolle Parzelle“, die ja kein Bauland sei, einen viel zu hohen Kaufpreis aufgerufen habe. Der Vorhalt käme ein bisschen spät, intervenierte der Kammervorsitzende, der die Honnefer Delegation daran erinnerte, dass die Stadt den Kaufvertrag ja durchaus wissend unterzeichnet hätte.

Stadt Bad Honnef bietet die Rückgabe des Grundstücks am Leinpfad an

Ob sie sich damals vielleicht verkalkuliert, vergaloppiert hätte? Vielleicht nie einen ernsten Plan hatte, den Leinpfad auszubauen? Aber wichtiger sei jetzt die Frage, ob die Honnefer denn eine Lösung hätten? Da fiel den Beklagten in ihrer Argumentationsnot nur der Vorschlag ein, dem Bund anzubieten, das Grundstück zurückzunehmen. Die Stadt wolle auch die Notarkosten übernehmen. „Das ist dann ein Nullsummenspiel“, warb Rechtsanwalt Raths am Ende für die Idee. Das habe doch „einen gewissen Charme“. Nur: Aus dem schönen Leinpfad würde schon wieder nichts. Falls die Parteien sich nicht noch außergerichtlich einigen sollten, soll im Herbst eine Entscheidung verkündet werden.

(AZ: Landgericht Bonn 1 O 298/24)