„Es ist die Hölle“Wie Jörg Pütz nur knapp eine Corona-Infektion überlebte

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Kämpft sich langsam zurück in sein altes Leben: Jörg Pütz, Unternehmer und leidenschaftlicher Karnevalist, überstand knapp eine Corona-Infektion und will die Menschen nun aufrütteln. Corona sei eine ernstzunehmende und lebensgefährlich Erkrankung.

Kämpft sich langsam zurück in sein altes Leben: Jörg Pütz, Unternehmer und leidenschaftlicher Karnevalist, überstand knapp eine Corona-Infektion und will die Menschen nun aufrütteln. Corona sei eine ernstzunehmende und lebensgefährlich Erkrankung.

Bad Honnef – Wenn Jörg Pütz auf die Corona-Leugner angesprochen wird, überkommt ihn eine „unendliche Wut“, wie er selbst sagt. „Ich kann das nicht verstehen.“ Jeder, der Corona leugnet, solle sich mal mit ihm 24 Stunden auf eine Intensivstation begeben. „Es ist die Hölle.“

Jörg Pütz weiß, wovon er spricht. Denn der Bad Honnefer Unternehmer und eingefleischte Karnevalist hat die Hölle selbst durchgemacht. Fünf Wochen lag er auf der Intensivstation im Koma und wurde beatmet. Über Monate kämpfte er sich zurück ins Leben und hat bis heute, neun Monate nach der Infektion mit dem Virus, noch mit Folgeerscheinungen zu kämpfen.

Als die Rundschau ihn Mitte der Woche um ein Gespräch über sein Schicksal bittet, überlegt Pütz angesichts der vielen Medienanfragen – am Montag ist er in der Sendung „Hirschhausens Sprechstunde“ – einen Moment, ob es nicht zu viel wird. Auf Facebook hat es schon kritische Kommentare gegeben. Er sei nicht scharf darauf, stellt Pütz denn auch direkt klar, in die Presse oder ins Fernsehen zu kommen. „Ich möchte einfach weiter aufrütteln, dass das eine ganz ernstzunehmende und schlimme Krankheit ist, bei der es um Leben und Tod geht.“ Wenn man auf der Intensivstation liege, sich nicht bewegen könne, beatmet werde und zwischendurch aufwache – „dann ist das schon die Hölle“.

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Zunächst dachte er an eine Grippe

Jörg Pütz, der mit seinem Bruder Dirk den Hit-Markt im Süden der Stadt betreibt und Vorsitzender und Präsident der KG Halt Pol ist, dachte nach Karneval, ihn habe die übliche Jahresgrippe erwischt. Nichts ungewöhnliches. Nach der närrischen Zeit, in der man mal draußen, mal drinnen ist, hat man sich schnell was eingefangen. Der Arzt verschrieb Penicillin, nach einem ruhigen Wochenende wollte Pütz Montag wieder ins Geschäft. Doch dann ging alles sehr schnell. Sonntagnachmittag plötzlich hohes Fieder. Arzt, Rettungswagen, Johanniter-Krankenhaus, Coronatest, abends das positive Ergebnis, am nächsten Tag Verlegung ins Waldkrankenhaus, und schon am Tag darauf ging es ihm „so schnell so viel schlechter“, dass er auf die Intensivstation musste. Er habe noch seiner Frau schreiben können, er kriege keine Luft und habe Angst. Als sie zurückrief, lag er schon im Koma. Angeschlossen an die sogenannte ECMO, die die Funktion von Herz und Lunge übernimmt und Blut außerhalb der Lunge mit Sauerstoff anreichert. „Das war mein Lebensretter“, sagt Jörg Pütz. Davor allerdings ging es ihm am Ostermontag – er lag inzwischen in der Uni-Klinik – so schlecht, dass die Ärzte ihm nur eine Überlebenschance von unter zehn Prozent gaben und ein befreundeter Pfarrer ihm die Krankensalbung spendete.

Plötzliche, unerklärliche Besserung

Doch dann wurde es auf einmal erträglicher. „Ich sage immer, der liebe Gott wollte mich noch nicht haben.“ Niemand habe eine Erklärung, warum sich die Werte besserten. Aber es war nur der erste Schritt auf dem langen Weg zurück ins alte Leben. Mit Frau und Kindern, die nicht in die Klinik durften, hatte er Sichtkontakt durch das Fenster. Reden konnte er nach der Intubation nur mit Hilfe einer Sprechkanüle. Sein Körper war völlig entkräftet. „Ich konnte meinen Kopf nicht halten.“ Nach einer Früh-Reha im Johanniter-Krankenhaus und einem Aufenthalt in der Reha-Klinik Godeshöhe habe er richtige Hilfe in der Beta-Klinik in Bonn gefunden, wo ihn die Physiotherapeuten so forderten, dass er sein Ziel erreichte. „Ich habe immer gesagt, am 10. Juli gehe ich nach Hause. Ich will mein altes Leben zurück.“ Am 11. Juli hat Jörg Pütz Geburtstag. Und tatsächlich schaffte er am Abend des 10. Juli mit Hilfe eines Gehwagens die 40 oder 50 Meter bis zum Klinik-Aufzug, um nach Hause zu kommen. Und doch habe er nach vier Monaten Krankenhaus auch Panik gehabt, dass es zu Hause nicht klappt, räumt Pütz ein, der bis heute Physiotherapie macht und an sich arbeitet. Sein rechtes Bein spielt immer noch nicht wieder richtig mit. Und abends werde er nicht langsam müde, wie man es kennt, sondern sei schlagartig erschöpft. „Es ist, als würde ein Schalter umgelegt.“

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Wie für die Corona-Leugner hat Pütz naturgemäß auch kein Verständnis für Impfgegner. Es gebe keine Alternative zur Impfung, wenn wir unser Leben zurückhaben wollten, wobei schon fraglich sei, ob es wieder so unbeschwert und fröhlich sein könne wie früher, gibt der Karnevalist zu bedenken. Aber wie solle es ohne Impfung sonst weitergehen, fragt Jörg Pütz am Nachmittag des Tages, an dem das RKI die neue Rekordzahl von 1129 Corona-Toten an nur einem Tag gemeldet hat.

Jörg Pütz hat Corona überlebt. Ganz knapp.

Am Montag, 4. Januar, 20.15 Uhr, ist Jörg Pütz zu Gast in der WDR-Gesundheitssendung „Hirschhausens Sprechstunde“.

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