Gewächshäuser müssen teuer beheizt werden und treiben die Kosten für Landwirte im Vorgebirge und in Swisttal in die Höhe, aber die Marktpreise für Obst oder Blumen sind niedrig.
BornheimHohe Energiekosten setzen Landwirten zu

Noch im Frühjahr 2022 hat Landwirt Markus Schwarz in seinen Gewächshäusern Erdbeeren geerntet. Jetzt stehen die Gewächshäuser leer.
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Erdbeeren aus den „hängenden Gärten“ von Markus Schwarz in Dersdorf, wird es vorerst nicht mehr gehen. „Die Gewächshäuser bleiben erst einmal kalt“, sagt der 30-Jährige. Noch im Frühjahr dieses Jahres waren in den modernen Glashäusern auf rund 21 000 Quadratmetern die Erdbeeren gereift. Eigentlich sollten in den eigens für den Erdbeeranbau geschaffenen „Hochbeeten“ im August auch die neuen Pflänzchen für die Erdbeerernte im Spätherbst gesetzt werden. Aber „die Energiekosten sind einfach zu hoch, die Gaspreisdeckelung kommt zu spät“, erklärt der Landwirt. Darüber hinaus seien auch die Kosten für die Produktion insgesamt erheblich gestiegen: Arbeitslohn, Substrate, Düngemittel und Pflanzenschutz zum Beispiel.

In ihren Gewächshäusern in Walberberg setzen Hans-Peter Rech und seine Frau Marianne schon die Frühlingsblumen für 2023.
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Marktpreise sind gesunken
„Ich müsste die Erdbeeren für fünf bis sechs Euro pro Schälchen verkaufen, damit sich der Anbau noch irgendwie rechnet“, erklärt Schwarz. Als Produzent habe er die Mehrkosten zu tragen, könne sie aber nicht weitergeben: „Wir bekommen für unsere Erzeugnisse teils sogar weniger als vor der Krise“, merkt er an. Dabei seien es doch die Landwirte, die mit Geld und Arbeitsleistung in Vorkasse gehen. Als weitere Konsequenz hat Markus Schwarz inzwischen auch seine Anbauflächen im Freiland reduziert. „Das ist aber noch nicht das Ende“, kündigt er an.
Mit Ernte zufrieden
Auf dem Fruchthof Hensen in Swisttal läuft hingegen die Erdbeerernte noch bis Ende November. „Die Energiekosten, aber auch die Arbeitslöhne sind für uns sehr viel teurer geworden“, sagt Ralf Hensen. Den eigentlich erforderlichen Warenwert könnte er nicht verlangen. Trotzdem sei er mit der Ernte ganz zufrieden. „Im vergangenen Mai war die Situation wesentlich schwieriger“, sagt er. Damals seien in der Erdbeersaison auch Früchte aus anderen Ländern zu sehr viel günstigeren Preisen in den Geschäften angeboten worden. Das wolle er so nicht noch einmal erleben. Damit seine Erdbeeren unter Glas im kommenden Frühjahr ordentlich tragen, muss er seine Gewächshäuser auch über die Erntezeit hinaus noch bis Mitte Dezember beheizen. „Danach werden die Gewächshäuser erst Anfang Februar wieder hochgeheizt“, erklärt Hensen.
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Gewächshaus frostfrei halten
Auf den Anbau unter Glas hat sich auch Hans-Peter Rech spezialisiert. Sein Fachgebiet sind Blumen. In seinen Gewächshäusern in Bornheim-Walberberg wuchsen in den vergangenen Wochen Hunderttausende Herbstastern heran. Rech vermarktet seine Blumen ausschließlich über die Erzeugergenossenschaft Landgard an mehr als 20 Abholmärkte. Inzwischen haben die bunten Astern den ersten Frühjahresblumen im Gewächshaus Platz gemacht, die ab März 2023 in die Vermarktung gehen sollen.
Prächtig haben sich etwa die Ranunkeln in den Töpfen entwickelt. Rech hat sich 1985 als Gärtner selbstständig gemacht. Hohe Energiepreise sind ihm nicht neu: Als Lehrling erlebte er die Ölkrise in den 1970er Jahren. Von acht Pfennig sei der Ölpreis damals auf über 70 Pfennig pro Liter angestiegen. Doch nie hätte er sich träumen lassen, dass sich der Preis für den Brennstoff im 21. Jahrhundert aufgrund eines Krieges in Europa binnen eines Jahres fast verdoppeln könnte.
Zukunft ungewiss
Mehrkosten können nicht weitergegeben werden. Wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sinken, müsse er die Heizung einschalten, um das Gewächshaus wenigstens frostfrei zu halten. Im Februar 2023 kämen die Jungpflanzen für die Beete, Hängepetunien zum Beispiel und viele Frühlingsblumen. „Die brauchen auch sehr viel mehr Wärme“, erklärt er. Ob sich die Arbeit und die Investition am Ende rechnet? „Das müssen wir abwarten“, sagt er nachdenklich. Seine Mehrkosten könne er jedoch seinen Abnehmern nicht in Rechnung stellen. „Am Versteigerungsmarkt bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis“, sagt Rech. So habe er im vergangenen Jahr etwa zehn Prozent mehr Geld für seine Produkte bekommen, als in diesem teuren Jahr 2022.
Und keiner wisse, wie sich der Markt und die Energiekosten weiter entwickeln werden. Gar nicht in Ordnung finden Hans-Peter Rech und seine Frau Marianne die Bedingungen, denen sie und viele ihrer Kollegen als Produzenten ausgesetzt seien. Während sie ihre Jungpflanzen verbindlich ordern müssten, könne die Ernte sogar unter dem Wert der Produktionskosten ersteigert werden. Noch schlimmer sei es, wenn Blumen nur in Kommission genommen werden. „Sind sie nach einer Woche nicht verkauft, werden sie auf unsere Kosten vernichtet.“