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EnergiepolitikEU-Kommission plant Komplett-Verbot für Gas aus Russland

Lesezeit 4 Minuten
Zwei Regasifizierungs-Schiffe liegen im Hafen Mukran auf Rügen. Gasimporte aus Russland sollen bald verboten sein. (Archivbild)

Zwei Regasifizierungs-Schiffe liegen im Hafen Mukran auf Rügen. Gasimporte aus Russland sollen bald verboten sein. (Archivbild)

Weiterhin kommt viel Gas aus Russland nach Europa. Die EU-Kommission hat nun einen Weg vorgeschlagen, das zu ändern.

Die EU-Kommission hat einen Plan für einen vollständigen Stopp russischer Gasimporte vorgelegt. Damit will die Brüsseler Behörde erreichen, dass von 2028 an kein Gas mehr aus Russland in die Staatengemeinschaft eingeführt wird. 2024 machten Gaslieferungen aus Russland Angaben der EU-Kommission zufolge knapp 19 Prozent aller Importe aus.

Die Importe sollen dem Vorschlag zufolge schrittweise verboten werden, „um Markt- und Versorgungsstabilität zu gewährleisten“. Für langfristige Lieferverträge soll das Verbot demnach ab dem 1. Januar 2028 greifen. Gasimporte im Rahmen von kurzfristigen Verträgen will die Kommission schon in einem Jahr verbieten, also ab dem 17. Juni 2026. Auf Basis von ab nun noch abgeschlossenen, neuen Verträgen soll ab dem 1. Januar kein russisches Gas mehr eingeführt werden dürfen.

EU-Kommissar: Gas aus Russland ist „Sicherheitsbedrohung“

Der Vorschlag muss nun von den EU-Ländern und dem EU-Parlament verhandelt werden, bevor die Regeln in Kraft treten können. Auf Ebene der Länder braucht es die Zustimmung von 15 von 27 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.

Früheren Angaben der EU-Kommission zufolge basieren etwa zwei Drittel der russischen LNG- und Pipeline-Gasimporte auf bestehenden langfristigen Verträgen. Der Rest wird auf kurzfristiger Spot-Basis geliefert.

„Sefe“ steht am Eingang des Gasunternehmens Securing Energy for Europe (Sefe) in Berlin.

Das inzwischen verstaatlichte deutsche Unternehmen Sefe spielt eine entscheidende Rolle bei Gasimporten aus Russland. (Archivfoto)

EU-Energiekommissar Dan Jørgensen sagte: „Der Import von Gas aus Russland ist eine Sicherheitsbedrohung für Europa.“ Der Vorschlag werde die Energieunabhängigkeit erhöhen und gleichzeitig die Einnahmen verringern, „die Putin zur Finanzierung seines Krieges verwendet“. Die Kommission werde mit den EU-Ländern zusammenarbeiten. Kein Mitgliedstaat werde aufgrund dieses Vorschlags ohne Energie dastehen.

Sollten die Einfuhrbeschränkungen wie von der Kommission vorgeschlagen kommen, könnte auch das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe betroffen sein. Auf Basis eines bestehenden, langfristigen Vertrags importiert es weiter Flüssigerdgas aus Russland in die EU. Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Energiekrise verstaatlicht.

Weil Ungarn ablehnt: EU-Entscheidung unsicher

Die Kommission will die Importe auf Grundlage des EU-Handels- und des EU-Energierechts verbieten. „Um die EU-Energiemärkte vor handelsbedingten Risiken zu schützen und wirksamere Maßnahmen zur Überwachung von Energieversorgungsrisiken vorzusehen, stützt sich die vorgeschlagene Verordnung auf eine doppelte Rechtsgrundlage“, teilte die Behörde mit.

Hintergrund des Vorhabens ist insbesondere der seit Februar 2022 andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Folge erließ die EU weitgehende Einfuhrverbote für russische Energieträger wie Kohle und Öl. Gas-Sanktionen gab es wegen Abhängigkeiten bislang aber nicht. Als Flüssigerdgas (LNG) und via der Pipeline Turkstream kommt derzeit weiter Gas in die Staatengemeinschaft. 

Ein Importverbot über Gas-Sanktionen würde allerdings eine einstimmige Entscheidung der EU-Staaten erfordern. Insbesondere Ungarn lehnte einen solchen Schritt bis zuletzt ab. Auch einer gemeinsamen Erklärung zur Energieversorgungssicherheit der EU-Staaten, die den Ausstieg aus russischer Energie beinhaltet, schlossen sich Ungarn und die Slowakei am Montag nicht an.

Deutsches Unternehmen mit wichtiger Rolle

Einer Analyse der Behörde zufolge könnten die verbleibenden Gasmengen ohne Risiken für die Versorgungssicherheit auslaufen. Auf dem globalen Gasmarkt gebe es genügend alternative Anbieter.

Dennoch enthält der Vorschlag der EU-Kommission eine Art Sicherheitsklausel, „um plötzlichen und bedeutenden Entwicklungen auf dem Gasmarkt zu begegnen, die die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährden“. Unter diesen Umständen könnte die Kommission demnach einem oder mehreren betroffenen EU-Ländern erlauben, die Einfuhrverbote für Gas auszusetzen. „Eine solche Genehmigung sollte zeitlich begrenzt sein, und die Kommission kann zusätzliche Bedingungen auferlegen, um sicherzustellen, dass die Aussetzung strikt auf die Bewältigung der Bedrohung beschränkt ist.“

Das deutsche Unternehmen Sefe (Securing Energy for Europe GmbH) hat bei der Einfuhr von LNG in die EU eine wichtige Rolle. Einem Bericht von Anfang des Jahres zufolge importierte Sefe im vergangenen Jahr mehr als sechsmal so viel LNG in die Europäische Union wie noch 2023. Grundlage dafür sind Daten des Rohstoffanalyseunternehmens Kpler. Demnach kamen 5,66 Milliarden Kubikmeter von Sefe aus Russland importiertes Flüssigerdgas im französischen Dünkirchen am Ärmelkanal an.

Immer noch kommen Millionen Tonnen Öl aus Russland in die EU

Von Sefe hieß es nun: „Sollten die Lieferungen von russischem LNG nach Europa nicht mehr stattfinden, müssten wir uns, um unsere Vertragsverpflichtungen gegenüber unseren Abnehmern zu erfüllen, um Ersatz für die wegfallenden LNG-Volumen bemühen.“ Die Ersatzbeschaffungsstrategie hänge von den Marktpreisen, Beschaffungskosten, Vertragsbedingungen und der Projektqualität ab.

Darüber hinaus legte die Kommission Pläne für einen vollständigen Stopp russischer Öleinfuhren bis Ende 2027 vor. Denn trotz eines deutlichen Rückgangs der Importe seit Beginn des Krieges in der Ukraine kamen 2024 den Angaben nach 13 Millionen Tonnen russisches Rohöl auf den europäischen Markt. Dem Vorschlag der Kommission nach sollen nun die Mitgliedsstaaten, die noch russisches Öl importieren, Diversifizierungspläne erstellen, um alle verbleibenden Einfuhren bis Ende 2027 vollständig einzustellen. (dpa)