Impfungen Rhein-Sieg-KreisViele Pflegekrätfe lehnen ab – Bisher keine Nebenwirkungen

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Ein kurzer Einstich und der Impfstoff zur Immunisierung gegen das Corona-Virus ist verabreicht.

Ein kurzer Einstich und der Impfstoff zur Immunisierung gegen das Corona-Virus ist verabreicht.

Rhein-Sieg-Kreis – Gut die Hälfte der Altenheime im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis haben die 14 beteiligten Ärzte der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) schon mit Impfstoff besucht und ihn an Bewohner verabreicht. „80 bis 90 Prozent der Senioren haben sich von uns impfen lassen, allerdings nur 50 bis 70 Prozent der Pflegekräfte“, sagt Oliver Funken von der KV zur Zwischenbilanz in der Corona-Pandemie. Die geringe Zahl der Impfungen von Pflegekräften liegt laut Funken daran, dass sich das Personal häufig weigert und nicht etwa daran, dass es nun zum Jahresende vielleicht Urlaub habe.

„Grundsätzlich würden wir gerne alle Personen in den Heimen impfen – Bewohner und Mitarbeiter.“ Etliche Altenheime stehen noch auf der Liste der KV. Weitere Termine seien aber noch nicht festgelegt.

800 Impfdosen im gesamten Kreis

„Bislang gibt es überhaupt keine Nebenwirkungen. Auch nicht bei Hochallergikern“, freut sich Funken. Lediglich bei akuten hochviralen Infektionen mit Fieber verabreichten die Mediziner vorsichtshalber keine Dosis. Es habe indes etwa 15 Fälle gegeben, bei denen die Ärzte Senioren sogar impften, obwohl diese nachweislich mit Corona infiziert sind. „Doch auch dabei sind keinerlei Nebenwirkungen aufgetreten.“

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Rund 800 Impfdosen hatte der Rhein-Sieg-Kreis für die Impftermine am 31. Dezember bereitgestellt, weitere 2700 für den 2. Januar. Alfter, Bornheim, Rheinbach und Wachtberg standen bereits auf der Liste.

Die Hausärzte waren bereits an Weihnachten startklar und hatten Einsatzpläne geschmiedet. Am Samstag voriger Woche, also dem Tag vor Silvester, fand ihr erster Einsatz statt – am Römerkanal in Rheinbach. Teams aus vier bis fünf Praxen mit Ärzten und den entsprechenden Hilfskräften arbeiteten zusammen, um möglichst schnell Einsatzroutine und Erfahrung zu gewinnen, damit anschließend ganz schnell in der Fläche weiter geimpft werden kann. Mit Stand vom Montag waren rund 420 Impfungen erfolgt. Die Heime hatten sich bei der Kassenärztlichen Vereinigung „impfbereit“ melden müssen. Dazu musste ein Raum für die Vorbereitung der Impfungen bereitstehen und das Einverständnis unter Umständen auch von Angehörigen oder Betreuern eingeholt werden.

Ausreichend Impfstoff für alle Einrichtungen vorhanden

Die Impfung selbst ist inzwischen eingespielte Routine und darauf ausgelegt, dass sie ohne großen Verwaltungsakt auskommt. „Um das Verfahren nicht unnötig aufzuplustern werden die Impfungen jetzt auch nicht in den Impfpass eingetragen. Dazu hätten wir auch zu wenig Klebeetiketten, und von Hand können wir sie nicht eintragen. Darum erhält jeder Geimpfte nach dem Nadelstich eine Ersatz-Impfbescheinigung.“ Das Corona-Infizierte mitgeimpft wurden, gehöre zum „pragmatischen Vorgehen“, und: „Dafür sind wir ja Ärzte.“

Derzeit sieht alles so aus, als sei mehr als genug Impfstoff vorhanden. Laut Funken würden Restbestände für die Impfung von Feuerwehr, Polizei und öffentlichem Dienst verwendet. Für die beiden Impftage um den Jahreswechsel waren laut Landrat Sebastian Schuster kurzfristig „gut 3500 Impfdosen“ eingetroffen: „Nun geht es doch schneller als gedacht.“

Das Haus „St. Elisabeth“ in Alfter ist die rühmliche Ausnahme bei der Impfung von Mitarbeitern. Rund 90 Prozent der mehr als 50 Beschäftigten hätten sich impfen lassen. „Eine Woche vor dem Impftermin hatte ich noch ein ganz ungutes Gefühl“, räumte Thomas Lueg, der Leiter der Einrichtung an der Rathausstraße im Ortsteil Oedekoven, ein. „Ich bin selbst Pflegekraft und hatte den Eindruck, dass sich nicht einmal die Hälfte der Kollegen impfen lassen würde.“ Und dies habe an der Fülle von Informationen gelegen, die durch die Sozialen Medien gegeistert seien, den vielen Fakenews. „Die Leute haben die Zweifel übernommen, wie denn in nur einem Jahr ein Impfstoff zu entwickeln wäre, wenn es üblicherweise fünf seien – ohne die Fakten zu berücksichtigen“, sagt Lueg. Er bekennt, seit jeher ein großer Impfbefürworter zu sein. „Und dann gab es hier im Haus noch ganz kurzfristig eine Art positiven Erdrutsch und Mitarbeiter haben angefragt, ob sie doch noch geimpft werden könnten, obwohl sie schon abgelehnt hatten.“

Nebenwirkungen waren geringer als bei Grippeimpfung

Die Nebenwirkungen seien geringer gewesen als bei der üblichen Grippeschutzimpfung, bei der ein Schmerz im Arm sich durchaus eine Woche halten kann. „Hier war es bloß gelegentlich der typische Muskelkater, der durch den Einstich entstehen kann“, sagt Lueg: „Am zweiten Tag hat schon niemand mehr etwas gespürt.“

Von den 60 Bewohnern in seinem Haus seien „deutlich über 50“ geimpft worden. Die „ganz ganz wenigen“, die nicht geimpft worden seien, waren entweder gerade in einem Krankenhaus untergebracht oder seien aus medizinischen Gründen nicht in Frage gekommen.

Die Vorbereitung war sehr aufwendig. „Wir brauchten schon für die üblichen Testungen Einverständniserklärungen von Betroffenen, Angehörigen oder Bevollmächtigten.“ Nun war zusätzlich ein Fragebogen zu Gesundheitsfragen auszufüllen. Am Tag der Impfung drängte die Zeit. „Der Impfstoff musste innerhalb von fünf Stunden komplett verabreicht sein. Da konnten wir nicht drauf warten, dass jeder erstmal den Ärmel hochkrempelt“, sagt Lueg. Drei „Impfstraßen“ wurden deshalb eingerichtet, für die der Apothekter Thomas Göbel mit seinen Kollegen von der Markus Apotheke in Bornheim ehrenamtlich im Medikamentenraum des Altenheims die Spritzen vorbereitete. Geimpft wurde in den Zimmern, wo die Senioren bereits mit entblößtem Arm warteten.

Für das Haus St. Elisabeth steht auch bereits der zweite Impftermin in etwa drei Wochen fest. „Dann werden wir noch einmal sieben Tage warten müssen. Und wahrscheinlich endet dann der ganze Aufwand, den wir seit einiger Zeit hier für das Testen betreiben müssen“, hofft Lueg. Denn ohne Test komme kein Bewohner, Angehöriger oder Besucher ins Haus. Allein die Dokumentation für die Impfung mache bereits einen zehn Zentimeter hohen Stapel Papier aus. Und vor allem rauben die zahlreichen Tests Zeit, denen sich jeder Mitarbeiter alle drei Tage unterziehen musste. „Mein inniger Appell an alle: Lasst Euch impfen! Nutzt diese Riesenchance!“

Welche Lockerungen für Geimpfte möglich sind, ist am Ende eine überregionale Entscheidung.

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