Für Fußball-EMMeckenheimer Malteser üben Aufbau eines Behandlungsplatzes

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Auch der Malteser Hilfsdienst aus Meckenheim nahm an der Übung teil.

Auch der Malteser Hilfsdienst aus Meckenheim nahm an der Übung teil.

130 Ehrenamtliche aus Meckenheim und anderen Teilen des Rhein-Sieg-Kreises übten mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft Kolonne fahren und Zeltaufbau.

Kein Blaulicht, keine Verletzten - nicht einmal Darsteller mit geschminktem Blut. Die großangelegte Übung von Rettungskräften aus Meckenheim und anderen Teilen des Rhein-Sieg-Kreises am Samstag in Sankt Augustin hatte einen ganz anderen Sinn: Sie sollte sicherstellen, dass beim Anrücken vieler Reservekräfte zum Aufbau eines Behandlungsplatzes jeder weiß, wo er hingehört, und dass jeder Handgriff sitzt. Das gilt auch für die Fahrt in einer Kolonne.

Wenn in zwei Monaten die Fußball-EM beginnt, freuen sich die Fans auf ein tolles Fußballfest. Die Rettungskräfte hingegen wollen für den Fall der Fälle möglichst gut vorbereitet sein. Also begann die Übung mit dem gemeinsamen Anmarsch. Vom Aldi-Zentrallager aus setzten sich zwei Kolonnen in Bewegung. So wusste spätestens am Ende der 30 Kilometer Übungsfahrt jeder, wo er hingehört.

Ziel der Kolonne war der Parkplatz der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin, denn dort sollten zwei der fünf Module für einen Behandlungsplatz aufgebaut werden. Auch das Team des Malteser-Hilfsdiensts aus Meckenheim hatte dabei seine Aufgabe. Acht waren dabei.

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Hunderttausende Fans reisen im Juni zu den vier Spielorten in NRW, darunter nach Köln. Kommt es zu einem Unglück, müssen womöglich viele Dutzend Verletzte auf einmal versorgt werden. Falls Kräfte aus dem Rhein-Sieg-Kreis hinzugerufen werden, rollt eine Kolonne mit 40 Fahrzeugen und bis zu 150 Einsatzkräften zum Einsatzort. „So etwas ist nur zu bewerkstelligen, wenn man es vorher übt. So können wir Defizite erkennen und daraus Lehren ziehen“, sagt Christian Diepenseifen, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und damit quasi der oberste Notarzt zwischen Agger und Swist. Er erklärt das Konzept der Aufstellübung des „Behandlungsplatz 50“.

„Das ist ein NRW-weites Konzept der überörtlichen Hilfe, bei dem sich die Gebietskörperschaften gegenseitig helfen. Besonders relevant wird das bei der Fußballeuropameisterschaft, aber auch anderen Ereignissen.“ Das bedeutet: Sollte während der Europameisterschaft ein Unglück mit vielen Betroffenen und Schwerverletzten passieren, kommen Rettungskräfte aus anderen Städten und Kreisen hinzu. Sie sammeln sich an einem vorher festgelegten Platz, werden registriert und fahren gemeinsam zum Einsatzort. Dort bauen sie ihre Zelte auf, in denen die Verletzten gesichtet und behandelt werden, schieben Stromgeneratoren umher und errichten eine Verpflegungsstation.

All das braucht natürlich seine Zeit, die im Fall von Großschadenslagen aber eingeplant werde, erklärt Diepenseifen. „Das sind keine Konzepte, die innerhalb des Rhein-Sieg-Kreises zum Tragen kommen. Es geht darum, in andere Städte zu fahren, wenn es dort ein Unglück mit sehr vielen Verletzten gegeben hat.“

„Behandlungsplatz 50“ bedeute, dass innerhalb einer Stunde ab Eintreffen ein Behandlungsplatz für 50 Betroffene aufgebaut werde. „Die Krankenhäuser sind im Katastrophenfall überlastet, manche Verletzte begeben sich selbst dort hin oder werden unregistriert eingeliefert.“ Deswegen würden sie am Behandlungsplatz gesichtet. „Das bedeutet, dass ein Arzt entscheidet, wer zuerst behandelt werden muss. Dabei achten wir auf Vitalwerte, innere und äußere Blutungen oder Kopfverletzungen. Das dauert ein bis zwei Minuten pro Patient und ist wichtig für die Behandlung vor dem Transport ins Krankenhaus“, so Diepenseifen. Verletzte bekämen einen Zettel mit einer grünen, gelben, oder roten Karte umgehängt. Sie stehen für den Schweregrad der Verletzungen. Entsprechende Fahnen markieren die Zelte.

„Wir halten diese Konzepte rund um die Uhr bereit, nicht nur speziell für die EM. Deswegen müssen wir sie regelmäßig üben. Nichts ist schlimmer, als wenn das Wissen einrostet“, sagt Diepenseifen. „Eine derartige Katastrophe, die die Anfahrt derart vieler Rettungskräfte erforderlich macht, hat es in NRW noch nicht gegeben“, betont er. Auch beim Loveparade-Unglück 2010 in Duisburg nicht, da seien die Rettungskräfte aufgrund der Großveranstaltung bereits vor Ort gewesen.

Auch eine Verpflegungsstation ist Teil der Übung, denn wenn hunderte Rettungskräfte zusammenkommen, haben sie irgendwann Hunger. Der DRK-Ortsverband Bad Honnef hat dafür einen ausrangierten Rettungswagen umgebaut. Außen sieht er aus wie ein solcher, doch öffnen sich die Türen, steht man an einer Theke mit frisch aufgebrühtem Kaffee, Schokoriegeln und Würstchen. Für die Ehrenamtlichen gibt es heute Schnitzelbrötchen. Diese waren zuvor tiefgefroren und sind wie alle anderen Lebensmittel sechs Jahre haltbar. Bei Alarmierung werden sie kurzfristig zubereitet und zum Einsatzort gebracht.

Und was machten die Meckenheimer Kräfte des Malteser-Hilfsdienstes? „Unsere Aufgabe ist, ein Sichtungszelt für Verletzte aufzubauen“, erklärt Sebastian Hoff. Wie lang das dauere, hänge von der Zahl der Einsatzkräfte ab, ergänzt seine Kameradin Maren Holstein. 15 Minuten seien aber realistisch. Und, oh Wunder, nach einer Viertelstunde stand das Zelt. „Normalerweise unterstützen wir die Feuerwehr bei Großeinsätzen mit unserer Logistik“, sagt Hoff, der seit zwölf Jahren Teil der Malteser ist. „Bei uns in Meckenheim sorgt das Ehrenamt für ein starkes Gemeinschaftsgefühl, man trifft Freunde bei Sanitätsabenden. Wir helfen gerne Menschen und sind ein gutes Team“, sagt Holstein.

Gleich nach der Übung war schon wieder Abbauen angesagt und Manöverkritik, fast zu wenig Zeit, um mal zu schauen, was die anderen so alles haben, an Generatoren, Drohnen oder anderem Gerät. 

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