Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Prozess in BonnObdachloser in Sparkasse angezündet – Angeklagter gesteht

2 min
Das Landgericht Bonn

Das Landgericht Bonn

Ein 33-jähriger Litauer muss sich vor dem Bonner Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Er soll im Februar einen schlafenden Obdachlosen mit brennendem Material attackiert und schwer verletzt haben.

Der Angeklagte findet keine Worte für das Ungeheuerliche der Tat, die ihm vorgeworfen wird; so lässt er seinen Verteidiger Martin Kretschmer für sich sprechen: „Es stimmt, was wir gerade gehört haben“, sagt der Anwalt, und sein Mandant nickt.

Gehört haben die Prozessbeteiligten am Montag im Schwurgerichtssaal des Bonner Landgerichts die Anklage der Staatsanwaltschaft, die dem 33-Jährigen unter anderem versuchten Mord und gefährliche Brandstiftung vorwirft. Danach soll der Mann am 18. Februar 2025 gegen 21.45 Uhr den Vorraum einer Filiale der Sparkasse Köln Bonn an der Friedrich-Breuer-Straße im Stadtbezirk Beuel betreten, mit einem Feuerzeug ein Stück Stoff oder Papier angezündet und das brennende Material auf einen Obdachlosen geworfen haben, der in einer Ecke neben einem Kontoauszugsdrucker lag und schlief.

Die Isomatte des 42-jährigen Opfers fing sofort Feuer, auch die Plastikverkleidung und die Zwischendecke des Selbstbedienungsraums brannten, giftiger Rauch bildete sich.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Bonn

Der Brandstifter, das ergab später die Videoauswertung der Überwachungsanlage, verließ die Sparkasse, ein Zeuge, der draußen stand, ging hinein, rüttelte den Schlafenden wach, der sich aufrappelte und ins Freie rettete. Er erlitt an den Händen Verbrennungen zweiten und dritten Grades.

Heimlich wieder in Deutschland eingereist

Das Opfer und der mutmaßliche Täter kannten sich, beide gehörten ebenso wie der Zeuge zur Bonner Obdachlosenszene. Der 42-Jährige hatte sich an dem Abend vor der Kälte in die Bank zurückgezogen, während seine Kumpel noch vor der Tür blieben. Alle hatte ordentlich getrunken, beim Angeklagten ergab der Alkoholtest 1,8 Promille, der Zeuge war so alkoholisiert, dass er sich gegenüber zwei Polizistinnen, die ihn am Tatort befragten, nicht artikulieren konnte.

Der Mitarbeiter eines benachbarten Imbisses hatte das Feuer gesehen und die Feuerwehr gerufen. Er wies die Polizei auch auf den mutmaßlichen Täter hin, der kurz weggegangen, dann aber zurückgekehrt war. Der 33-Jährige wurde noch in der Nacht festgenommen und sitzt seit dem 19. Februar in Untersuchungshaft.

Der Angeklagte stammt aus Litauen, hat dort, so die Schilderung seines Verteidigers, von Gelegenheitsarbeiten gelebt und wegen Diebstählen fast vier Jahre im Gefängnis verbracht. Seit 2015 ist er wiederholt nach Deutschland eingereist, wurde auch hier straffällig und nach einer mehrjährigen Haftstrafe 2019 in sein Heimatland abgeschoben. 2022 kehrte er heimlich in die Bundesrepublik zurück und kam nach Bonn, wo er seitdem auf der Straße lebt. Er trinkt nach eigenen Angaben pro Tag literweise Schnaps und Bier, nimmt auch Drogen. Die Tat selbst, so Anwalt Kretschmer, könne sein Mandant nicht verstehen. „Sie ist ihm ein Rätsel“.

Das Urteil des Bonner Schwurgerichts wird für Mitte November erwartet.