Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

SchwarzarbeitGewaltsame Geldeintreiber aus Neunkirchen-Seelscheid auf Bewährung verurteilt

3 min
Eingang des Bonner Landgerichts

Eingang des Bonner Landgerichts.

72-Jähriger wollte mit Gewalt Geld eintreiben und wurde nun wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Wir kennen uns, wir helfen uns: Gemäß dem bekannten rheinischen Motto wollten offenbar zwei 72 und 73 Jahre alte Rentner aus Neunkirchen-Seelscheid im Frühjahr 2023 die Sanierung der Wohnung des Älteren abwickeln. Allerdings kam es nach getanem Werk dann über den Preis doch zu Unstimmigkeiten. Nachdem der Jüngere gewaltsam und mithilfe eines 32-jährigen Bekannten Geld eintreiben wollte, zeigte der Jüngere ihn an. Der Fall landete vor dem Landgericht. Jetzt wurde das „Inkasso-Duo“ wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.

Es galt, eine Küche einzubauen, einiges war anzustreichen, und auch ein neues Treppengeländer war fällig. Dazu wurden ein Bücherregal verkleinert und Putz ausgebessert. Da er selbst gesundheitlich eingeschränkt war, beauftragte er einen heute 72-jährigen Bekannten mit den Arbeiten, und der Mann war nicht abgeneigt, auf diese Weise seine knappe Rente aufzubessern. Man einigte sich dem Vernehmen nach auf einen Stundenlohn von 25 Euro.

Auftraggeber sollte noch weitere 21.000 Euro zahlen

Schriftliche Verträge oder Rechnungen gab es aber nicht: „Aus gutem Grund“, wie der Vorsitzende Richter der 1. Großen Strafkammer, Jörg Reismann, betonte. Offenbar wollte man keine Steuern zahlen und verabredete, die Arbeiten schwarz durchzuführen. Nachdem alles erledigt war, entbrannte dann aber ein Streit: Der Auftragnehmer forderte, zusätzlich zu den laut Auftraggeber bereits gezahlten 6000 weitere 21.000 Euro. Er habe ja auch Hilfskräfte engagiert und sei dafür in Vorkasse gegangen, argumentierte der 72-jährige Angeklagte.

Da der Hausbesitzer dieser Argumentation nicht folgte, griff der Schwarzarbeiter zu drastischen Maßnahmen. Er holte den 32-Jährigen ins Boot, der das Opfer allein mit seinem bulligen Äußeren hinreichend beeindrucken sollte. Mit diesen Worten fasste Reismann in der Urteilsbegründung die Aussagen der Angeklagten zusammen. Der Plan ging allerdings nicht auf; er habe gar nicht so viel Geld im Haus, sagte der überraschte Auftraggeber, nachdem das Duo am 27. Februar dieses Jahres bei ihm aufgeschlagen war. Die Summe sei aber auch aus der Luft gegriffen, er werde maximal weitere 6000 Euro zahlen.

Daraufhin stieß der Jüngere den Hausbesitzer zuerst zu Boden und warf dann einen am Eingang stehenden Satellitenreceiver auf den verschreckten Senior. Mit ganzen 120 Euro aus dessen Portemonnaie traten die beiden Räuber dann den Rückzug an.

Vor Gericht hatten die Anwälte des Duos, Martin Mörsdorf und Sarah Hemmes, einen Deal nach der Formel „umfangreiches Geständnis gegen Bewährung“ ausgehandelt. Nicht zuletzt, weil diese Verständigung es dem gesundheitlich nach wie vor angeschlagenen Opfer ersparte, als Zeuge in dem Verfahren auszusagen, trug auch die Staatsanwaltschaft die Lösung mit.