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Bäume per DrohnenWie ein Bonner Start-Up die Aufforstung revolutionieren will

Lesezeit 4 Minuten
Auf der Suche nach geschädigten Bäumen lässt das DofoTech-Team eine Drohne steigen.

Auf der Suche nach geschädigten Bäumen lässt das DofoTech-Team eine Drohne steigen.

Ein Bonner Start-up will die Aufforstung revolutionieren. Was nach Science-Fiction klingt, könnte bald Realität werden.

Maximilian Johenneken startet die Drohne, und innerhalb von Sekunden steigt sie knapp 120 Meter in die Luft. Auf einem kleinen Bildschirm sieht er das Ausmaß der Zerstörung: tote Bäume, Baumstümpfe und wucherndes Gras, das kahle Stellen überdeckt. Vor einigen Jahren standen hier im Arnsberger Wald im Sauerland noch zahlreiche Fichten, davon ist heute kaum noch etwas zu erkennen. Stürme, wenig Niederschläge und Dürren haben die Nadelbäume geschwächt, Borkenkäfer bohrten sich unter ihre Rinde.

In den trockenen Jahren 2018 bis 2020 sind so Bäume auf etwa 3000 Hektar gestorben, das entspricht knapp 4200 Fußballfeldern. Laut dem Forstamt Arnsberger Wald ist das fast ein Drittel der Bestandsfläche des Forstamtes. Das Sauerland ist hier beileibe kein Einzelfall – im Gegenteil: In Nordrhein-Westfalen ist laut dem Waldzustandsbericht der Landesregierung nur knapp jeder vierte Baum gesund beziehungsweise hat eine unbeschädigte, dichte Baumkrone.

Drohne arbeitet mit künstlicher Intelligenz

Das will DrofoTech ändern, indem sie mit der Drohne Daten über den Wald sammeln und somit bestimmen, wie man Bäume resistenter gegen die Folgen des Klimawandels machen kann. Dem Bonner Start-up zufolge kann die Drohne mithilfe Künstlicher Intelligenz herausfinden, wo die Bäume noch zu trocken sind und wo welche Baumarten die besten Bedingungen hat, um auch Dürren und Schädlingen standzuhalten.

Genau das testet Johenneken zusammen mit seinen Mitgründern Ahmad Drak und Brennan Penfold an einem grauen Vormittag Anfang November. Kalter Wind pfeift über die kahle Testfläche im Arnsberger Wald. Währenddessen dokumentiert die Drohne aus der Luft die Bodentemperatur, schießt Fotos und macht Infrarotbilder mit einer sogenannten Multispektralkamera. Durch diese können die drei laut Johenneken Pflanzen erkennen, die Photosynthese betreiben und somit Rückschlüsse über deren Gesundheitszustand treffen.

Johenneken, Drak und Penfold sind wissenschaftliche Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Garrulus“ der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und erproben diese neue Technologie, um den Wald wieder fit zu machen. Im Februar 2024 haben sie sich mit dem Start-up „DrofoTech“ in Bonn selbstständig gemacht. Ihr Ziel: durch sogenanntes Umweltmonitoring möglichst genaue Daten über das Wachstum der Pflanzen im Wald zu sammeln.

Nach einer Viertelstunde hat die Drohne knapp 30 Hektar überflogen. Johenneken drückt auf einen Knopf seiner Fernsteuerung und lässt das Fluggerät landen. Die Drohne hat mit mehreren Kameras die Waldfläche abgelichtet – die Aufnahmen sind laut DrofoTech genauer als von Satelliten oder Flugzeugen. Später sollen die Daten mithilfe von künstlicher Intelligenz ausgewertet werden, um herauszufinden, wo neue Setzlinge gut wachsen könnten.

Interessant auch für Landwirte

Diese Datenbasis dürfte den Gründern zufolge auch für Landwirte interessant sein, beispielsweise um nachzuvollziehen, an welchen Stellen sie ihren Acker mehr wässern oder düngen müssen. Mit den Infrarotbildern erkennen die Unternehmer nach eigenen Aussagen, wie gut die Pflanzen auf dem Acker mit Nährstoffen versorgt sind und ob sie unter Krankheiten leiden.

Einen ersten Auftrag in Vietnam gab es schon, berichtet Johenneken. Details dürfe er aber aus vertraglichen Gründen nicht nennen. Und auf die Frage, wie es wirtschaftlich um die Firma steht, bleibt er vage: DrofoTech sei „in einer spannenden Entwicklungsphase“. Die Gründer betreiben das Unternehmen eigenen Angaben zufolge als Nebengewerbe. Hauptberuflich seien sie wissenschaftliche Mitarbeiter bei der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Im Rahmen des Hochschul-Forschungsprojekts testen die drei Gründer aktuell eine patentierte Technologie, mit der eine Drohne die Wälder aus der Luft wiederaufforsten kann. Dabei soll das Flugobjekt die Saat mit Druck etwa zehn Zentimeter tief in fruchtbare Bodenschichten schießen und so Förstern die Arbeit erleichtern. „Das Potenzial der Drohne ist groß“, sagt Johenneken. Im Arnsberger Wald erproben sie die Technologie immer wieder, um die effizienteste Methode zu finden. Im November beförderten sie dafür in einer eingezäunten Fläche mehrere Hundert Weißtannensamen entweder mit rund sieben Bar Druck in den Boden oder pflanzten die Saat händisch ein. Um einen Vergleich zu haben, legten sie auch Samen nur auf den Boden. Im Laufe des Frühjahrs soll sich dann zeigen, wie viele davon keimen.

Forschungsprojekt läuft bis zum Jahr 2026

Das Konzept der Direktsaat per Drohne ist nicht neu. In Berlin gibt es ein Start-up mit einem ähnlichen Geschäftsmodell. Anders als bei der Methode des Bonner Forschungsteams streuen sie jedoch die Samen mit der Drohne aus der Luft und schießen sie nicht in die Erde, so Johenneken. Bis diese Technologie marktreif ist, dauert es jedoch noch, sagt er. Das Forschungsprojekt der Hochschule läuft bis 2026; danach wollen die Gründer ein markttaugliches Produkt entwickeln. Sind die Ergebnisse des Forschungsprojekts vielversprechend, soll die Technologie in das Geschäftsmodell von DrofoTech integriert werden. Neben dem Umweltmonitoring könnte das zukünftig ein zweites Standbein für das Unternehmen sein.


NRW will die eigenen Wälder stärken

Im Februar 2025 hat die Landesregierung den „Waldpakt 2.0“ beschlossen, mit dem sie heimische Wälder resistenter gegen die Folgen des Klimawandels machen will. Gelingen soll das, indem Monokulturen zu Mischwäldern umgebaut und mehr Wildnisflächen eingeplant werden, um Lebensräume und Biodiversität zu erhalten. Bereits 2019 haben Waldbesitzer und Forstwirtschaft einen ersten, gemeinsamen Waldpakt mit der Landesregierung unterschrieben.

Seitdem wurden zahlreiche Maßnahmen zum Schutz des Waldes umgesetzt, darunter die Bereitstellung von Fördermitteln zur Schadholzbeseitigung, die Unterstützung bei der Professionalisierung forstlicher Zusammenschlüsse oder der Start eines zentralen Serviceportals. (red)