Bande in Bonn angeklagtTeppichhändler sollen bundesweit Senioren betrogen haben

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Das Landgericht in Bonn (Symbolbild)

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis – Es war immer wieder dieselbe Masche: Zunächst machten die Teppichhändler ein durchaus anständiges Angebot. Betuchten Besitzern von Persern, Berbern oder Chinesen boten sie an, ihre wertvolle Knüpfware professionell zu reinigen – und erschlichen sich damit das Vertrauen ihrer späteren Opfer.

Dann gaukelten sie den Senioren unter anderem vor, ihre Teppiche seien wertvoller als gedacht, es gäbe vermögende Kaufinteressenten und boten an, die Schätze in Kommission zu nehmen, zu verkaufen oder in eine Auktion zu geben. Zudem sollen sie Geld für Echtheitszertifikate, Gutachten, Ausfuhrzölle oder Transportversicherungen verlangt haben. Die Geschädigten zahlten. Ihre Teppiche jedoch sahen sie in fast allen Fällen nicht mehr wieder.

Betrügerbande soll bundesweit unterwegs gewesen sein

Die mutmaßliche Teppichhändlerbande, im Kern eine Familie aus dem Rhein-Erft-Kreis, muss sich demnächst wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in sieben Fällen verantworten, wie Gerichtssprecherin Saskia Wielpütz auf Anfrage mitteilte. Bundesweit waren die fünf Bandenmitglieder im Alter zwischen 32 und 72 Jahren in verschiedenen Besetzungen unterwegs gewesen.

Der erste angeklagte Fall spielt im April 2018 im unterfränkischen Eichenbühl, wo sie allein eine 79-Jährige für die angebliche Teppichreinigung, Reparaturkosten, Auktionsgebühren inklusive einem „Mitleid-Darlehen“ (12.000 Euro) um insgesamt 36.500 Euro betrogen haben sollen.

Ehepaar aus Sankt Augustin überlasst Teppich im Wert von 45.000 Euro

Ein Ehepaar aus Sankt Augustin hatte die betrügerische Bande zuerst angezeigt: Im Mai 2019 hatten die 82-Jährigen den Angeklagten vertrauensvoll einen wertvollen Herike, ein handgeknüpfter Orientteppich, im Wert von 45.000 Euro zum Verkauf überlassen, angeblich gab es für das Unikat Interessenten in der Schweiz: 5200 Euro zahlten sie an fiktiver Ausfuhrgebühr, aber der Orientale verschwand für immer.

Bei einer 79-Jährigen aus Sankt Augustin spielten sie nach der Teppichreinigung die Mitleidsmasche: Ihr Bruder, so erzählten sie wahrheitswidrig, sei schwer krank, 6000 Euro bräuchten sie für eine lebensrettende Operation: Am Ende zahlte die Frau 12.000 Euro und bekam nichts zurück.

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Immer mehr Geschädigte hatten sich aus dem gesamten Bundesgebiet – unter anderem Rhein-Erft-Kreis, Westerwald, südliches Rheinland-Pfalz und Hessen – gemeldet. Die Fälle wurden schließlich beim Betrugskommissariat im Rhein-Sieg-Kreis gesammelt. Im Oktober 2020 kam es zu einer Razzia, bei der insgesamt elf Verdächtige, darunter die Angeklagten, festgenommen wurden: Ursprünglich waren die Ermittler von 20 Fällen mit einem Schaden von 370.000 Euro ausgegangen. Aber nicht alle ließen sich eindeutig den Tätern zuordnen, gegen vier Verdächtige musste mangels Tatverdachts sogar eingestellt werden.

Der Prozess vor der 1. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts soll im Januar starten. Einer der Angeklagten – so heißt es aus Ermittlerkreisen – soll bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt haben.  

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