E-SportDer Flamersheimer Rennfahrer Moritz Wiskirchen ist auch „SimRacer“

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Der 20-jährige Rennfahrer Moritz Wiskirchen fährt seit vier Jahren „SimRaces“.

Euskirchen-Flamersheim – „Bei einem echten Rennen könnte ich mir ganz leicht die Hand brechen, wenn ich mit meinem Auto in diese Wand einschlagen würde“, sagt der Rennfahrer Moritz Wiskirchen und dreht das schwergängige Lenkrad. „Bei einem echten Rennen würde ich aber auch immer die Hände vom Steuer nehmen, wenn es verreißt“. Heute fährt der Rennfahrer Moritz Wiskirchen aber kein echtes Rennen − sondern ein simuliertes.

„SimRacing“ heißt der Trend. Das steht für „Simulated Racing“ − zu Deutsch: simulierte Autorennen. Diese virtuellen Rallyes bilden eine eigene E-Sport-Kategorie. E-Sports, das sind sportliche Wettkämpfe, die innerhalb diverser Computerspiele oder auf Spielekonsolen ausgetragen werden. Doch manchmal kreuzen sich die Wege von E-Sport und „normalem“ Sport − so auch im Falle des 20-Jährigen.

Auf der echten Strecke fährt er einen Porsche GT4

Im „echten Leben“ fährt Wiskirchen auch echte Rennen. Sein Rennwagen: ein Porsche GT4. Zum Rennsport ist Moritz durch seinen Vater Jörg Wiskirchen gekommen: „Es ist irgendwie ein Familiensport“, sagt der Flamersheimer. Schon früh habe sein Vater ihn zum Nürburgring mitgenommen. „Ich schätze, so bin ich da reingewachsen“, resümiert er. Erst kamen Besuche auf dem Ring, dann das Kartfahren und bald die ersten Autorennen. „Seitdem habe ich keine freien Wochenenden mehr“, sagt Wiskirchen.

Dieses Jahr fährt er gleich zwei Rennserien: Neben der deutschen auch die Europameisterschaft. Das seien zusammengerechnet mindestens 15 verplante Wochenenden − plus Training. „Da kann es mit der Uni auch schonmal eng werden“, so der Student. Anfangs habe er sogar versucht, seine Lernmaterialien mit zur Rennstrecke zu nehmen: „Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich mich da nicht konzentrieren kann.“

Seit acht Jahren begeisterter Motorsportler

Durch Wiskirchens Begeisterung für die Formel 1 ist auch sein Interesse am SimRacing gewachsen. Motorsport betreibe er seit mittlerweile acht Jahren, die letzten vier davon fahre er zusätzlich die simulierten Rennen im Gästezimmer seines Elternhauses. Auch er habe wie so viele angefangen, mit einer Spielekonsole mit Controller. Aber das reichte bald nicht mehr.

Ein authentischeres Fahrgefühl sollte her: „Also haben wir ein Logitech-Lenkrad gekauft für ungefähr 100 Euro“, erinnert sich Wiskirchen. Heute bewegt sich das Equipment des jungen Rennfahrers aber in einer anderen Preisklasse: „Für meine derzeitige Anlage habe ich zirka 5000 Euro ausgegeben.“ Damit befindet sich der 20-Jährige im preislichen Mittelfeld, denn für so ein sogenanntes „Set-up“ könne man zwischen 1000 und 10.000 Euro ausgeben, je nachdem wie man aufgestellt sein möchte.

Simulationsaufbau nach und nach erweitert

Aber im Grunde brauche man nur einen PC oder eine Konsole und eine Rennsimulation wie iRacing. Diesen Aufbau könnten die Rallye-Begeisterten dann Stück für Stück erweitern, zum Beispiel mit Lenkrad, Pedalen und Sportsitzen. Bei dem Equipment, wie es in Wiskirchens Gästezimmer steht, handelt es sich auch schon längst nicht mehr um das ursprüngliche Set-up: „Früher hat es anders ausgesehen − karger, sporadischer“, sagt Wiskirchen.

Es sei eine Entwicklung gewesen bis zu der heutigen Anlage: Von der Playstation über das Logitech-Lenkrad hin zur Wheelbase, Pedalen und einem dreigeteilten Bildschirm: Damit man das Gefühl habe, in einem echten Wagen zu sitzen − auch vom Sichtfeld her, erklärt Wiskirchen. „Man verbessert sich, man erweitert, man baut aus“, so der Rennfahrer über den Wandel der Ausrüstung.

Allemal günstiger als ein echter Rennwagen

Auch wenn das Zubehör relativ teuer sei, so sei es doch günstiger als eine Saison im echten Rennwagen, rechnet Wiskirchen aus. Bei einer Saison im Rennwagen könne man nämlich mit einem sechsstelligen Betrag rechnen, sagt er: „Deswegen macht es Sinn mit dieser Anlage zu trainieren“. Dann müsse man nämlich im Auto nicht so viel Zeit verbringen, um die Strecke kennenzulernen, um schnell zu sein, um zu wissen, wo man bremsen und wo man Gas geben sollte.

Wiskirchen trainiert mit seinem Simulationsaufbau nämlich für die Strecke am Hockenheimring − die Strecke, auf der er auch das letzte Rennen der Saison absolviert: „Ich fahre in der Simulation natürlich auch mit dem Porsche GT4, den ich in echt fahre.“ Und: „Das ist die echte Strecke und sie fühlt sich auch in echt genauso an.“

Auch einen platten Reifen spürt man in der Simulation

Wie sich eine Computer-Simulation nach einer echten Rennstrecke anfühlen kann? „Die Pedale sind relativ hart, ähnlich wie im echten Auto“, erklärt Wiskirchen. Deswegen habe er auch seine Rennschuhe an. Der Motor sei mit Lenkrad und PC verbunden. Fahre man über Bordsteine oder über Rasen gebe das Steuer ein individuelles Feedback zurück. Das Lenken wird störrischer. „Hat man einen platten Reifen, spürt man auch das anhand des Fahrverhaltens“, erklärt Wiskirchen.

Manche SimRacer hätten sogar Sitze, die sich während der Fahrt mitbewegen. Für Wiskirchen ist das aber nichts: „Man spürt ja, dass es nicht die G-Kräfte sind, die auf dich wirken. Es ist eher eine Kippbewegung.“ Und die habe man im Auto eben nicht. Eine Simulation, die der Rennfahrer aber authentisch findet: „Gurte, die anziehen und Bremsbewegungen imitieren“. Der Reiz einer jeden Simulation sei das komplexe Widerspiegeln eines echten Rennens, findet er.

Rasant wachsende Gemeinschaft von SimRacern

Und damit ist er nicht allein: Während der Corona-Pandemie haben sich viele Menschen − Rennfahrer wie Laien − mit SimRacing-Equipment ausgestattet. Die Gemeinschaft sei rasant gewachsen, befindet Wiskirchen. Einen Hinweis darauf findet er zum Beispiel in dem drastischen Anstieg der Mitgliederzahl des Spiels iRacing im Jahr 2020.

„Während der Corona-Zeit war vielen Rennfahrern einfach langweilig“, sagt Wiskirchen, da zu dieser Zeit nur sehr wenige Rennen stattfinden konnten. Da habe man umgesattelt: „Plötzlich gab es viele Strecken digital, die es vorher nicht gab − zum Beispiel die Nürburgring-Langstrecke.“

Live-Übertragungen der digitalen Rennen

Die Veränderungen, die sich durch die Corona-Jahre im Rennsport aufgetan hätten, seien heute nicht mehr wegzudenken. So würden heute neben den echten Rennstrecken SimRacing-Stationen aufgebaut, in der bekannte Rennfahrer am Wochenende neben der echten Rennstrecke ein SimRace fahren würden. Diese Stationen reisten immer mit. Die simulierten Rennen würden sogar live übertragen − wie die echten.

Was Moritz Wiskirchen an der steigenden Popularität des E-Sports gefällt: Durch das SimRacing verstünden die Menschen den Rennsport besser. „Vielleicht mag es manchmal so aussehen, als würden wir nur ein bisschen am Lenkrad drehen, aber in Wirklichkeit ist es sehr anstrengend. Es ist ein Hochleistungssport“, erklärt er.

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Viele wüssten gar nicht, dass es in so einem Wagen bis zu 80 Grad heiß werden könne und welchen körperlichen Anstrengungen man ausgesetzt sei. „Natürlich ist das beim SimRacing etwas entspannter.“ Aber ins Schwitzen komme man dabei auch. Wenn auch etwas weniger.  

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