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„Eifel für Eifel“Ein Tag Erholung im Wildgehege für Geflüchtete und Flutbetroffene

Lesezeit 5 Minuten
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Mehr als 700 Gäste kamen zum Erholungstag im Wildfreigehege, den „Eifel für Eifel“ und die Lebensversicherung Canada Life organisiert hatten.

Hellenthal – Auch der zweite Aufguss kann ein Genuss sein: Zum zweiten Mal veranstaltete die Hilfsgruppe „Eifel für Eifel“ einen Erholungstag im Wildfreigehege Hellenthal für Familien, die zurzeit unter den vielfältigen Krisen leiden. Zu den Geflüchteten aus der Ukraine gesellte sich aber diesmal noch eine weitere Personengruppe, die in diesen Tagen medial wieder größere Beachtung findet: die Betroffenen der Flutkatastrophe.

Die Flutnacht auf dem Autodach verbracht

Aus Swisttal-Odendorf war Tanja Gensheimer gekommen. Sie hatte die Flutnacht auf dem Dach ihres Autos in der Waschbox einer Tankstelle verbracht und war von dort von ihrem Schwiegersohn gerettet worden. Ihr gehe es wieder gut, nur der Keller ihrer Wohnung sei noch nicht renoviert worden. „In unserer Straße ist nach einem Jahr noch viel kaputt“, sagte sie.

Sie habe noch viele schlimme Erinnerungen an die Flut, berichtete sie. In den ersten Tagen danach sei sie oft zum Orbach gelaufen, um dessen Wasserstand zu kontrollieren. Vor kurzem sei sie an die Nordsee gefahren. „Das war gut, da habe ich gesehen, dass Wasser auch schön sein kann“, berichtete sie. Sie habe sich sehr über das Angebot gefreut, einen Tag mit der Familie zu verbringen. „Als ich das auf Facebook gesehen habe, dachte ich sofort: Da gehöre ich hin“, so Gensheimer.

Die seelischen Wunden sind noch nicht geheilt

„Es geht wieder besser, seit März haben wir wieder ein eigenes Zuhause“, berichtete Carina Löhr aus Iversheim. Die seelischen Wunden seien aber noch nicht geheilt, es gebe Höhen und Tiefen. Die kleine Tochter schlafe seit der Flut, bei der sie ein Jahr alt war, im Ehebett, deshalb seien die Nächte oft unruhig.

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Waren dabei: Andreas (v.l.) und Andrea Spreitzer, ihre Töchter Anna Katharina, Anita Kristin sowie Anastasia und Tatjana Nikamederowa.

„Wir hatten keine Elementarversicherung, haben alles verloren, wir waren bankrott“, schilderte sie ihre Situation. Vielleicht hätten sie noch ein paar Sachen sichern können, als das Wasser kam, doch sie hätten stattdessen einer Nachbarin geholfen und sie aus brusthohem Wasser gerettet. Direkt nach der Flut habe es keinen Strom und kein Wasser gegeben, so dass sie ihre Tochter nicht versorgen konnte. Mit ihren fünf Hunden sei die Familie in zwei Ferienwohnungen untergekommen.

Finanziell immer noch schwierig

„Ich finde es hier so toll, die Kleine mag Tiere“, freute sie sich über das Angebot, ins Wildfreigehege zu kommen. Es sei immer schwierig, mit der ganzen Familie etwas zu unternehmen, denn finanziell sei es immer noch eng. „Solche Tage sind für uns Luxus“, sagte sie.

750 Mitarbeiter

600.000 Verträge in Deutschland

Canada Life ist unter den Lebensversicherern in Deutschland der Größe nach etwa auf Platz 25, wie CEO Markus Drews sagte. Etwa 600.000 Verträge würden hierzulande verwaltet. Die Beitragseinnahmen hätten 2021 bei rund einer Milliarde Euro gelegen.

Kanadischer Konzern

750 Mitarbeiter sind für die europäische Tochter des kanadischen Konzerns tätig, davon 500 in Deutschland. 

Mit 160 Geflüchteten aus der Ukraine war Tatjana Schneider in Bussen aus Erftstadt gekommen. Sie hat eine Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen, in der sich 127 ukrainische Familien organisiert haben. „Ich habe sie bei der Tafel, der VHS und auf der Straße angesprochen und miteinander vernetzt“, berichtete Schneider. Bereits am ersten Tag, den „Eifel für Eifel“ in Hellenthal veranstaltet hatte, hatte sie mit 70 Personen teilgenommen. „Die Kinder finden es klasse, der Spielplatz ist ein Traum“, sagte sie. Die hätten lange etwas von der Aktion.

Geflüchtete wollen gerne arbeiten

Für die Geflüchteten, die bleiben wollten, sei vor allem die Sprache das Problem. Viele hätten sich für Kurse angemeldet, doch es gebe nur wenige. Zurückgekehrt seien bislang nur wenige, eine Handvoll vielleicht. Von den anderen wollten viele gerne arbeiten, doch da gebe es Probleme mit der Sprache.

Sowohl mit Flutbetroffenen als auch mit Geflüchteten leben Andrea und Andreas Spreitzer. Sie betreiben eine kleine Pension in Nettersheim und hatten sofort ihre Gästezimmer zur Verfügung gestellt, als das Hochwasser den Ortskern überflutet hatte. „Die Menschen kamen bei uns klingeln, ob wir Platz hätten. Den Ersten konnten wir helfen, aber so vielen nicht, das war richtig hart“, erinnerte sich Andrea Spreitzer an die Zeit. Noch heute lebe eine Familie in einem der Gästezimmer.

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Die Luchse tollten  – sehr zu Freude der Besucher – in ihrem Gehege herum,   bis sie müde wurden.

Andere Zimmer habe sie jetzt Geflüchteten aus der Ukraine zur Verfügung gestellt, der Pensionsbetrieb ruhe. „Man will helfen, denn man kann selber betroffen sein“, begründete sie ihr Engagement. Es gebe neue Freundschaften, die Kinder spielten zusammen, es werde gemeinsam gekocht und gegessen.

„Man muss sich auf eine andere Kultur einlassen“, beschrieb Andreas Speltzer das Zusammenleben mit den Ukrainern. Deren Tagesablauf sei anders, oft seien sie noch am Abend unterwegs. „Man lernt voneinander, wir würden es immer wieder machen“, so seine Frau.

Partnerschaft zwischen „Eifel für Eifel“ und Canada Life

Gemeinsam mit dem kanadischen Lebensversicherer Canada Life hatte „Eifel für Eifel“ das Angebot im Freiwildgehege organisiert. „Die Veranstaltung, die vor vier Wochen stattfand, hat ’Eifel für Eifel’ aus Eigenmitteln finanziert, heute haben wir einen Partner, der alles übernimmt“, sagte Jörg Weitz, Gründer der Hilfsgruppe.

Die Zusammenarbeit mit der Versicherung laufe schon länger. „Als nach der Flut eine zweite Regenphase kam, habe ich Markus Drews angerufen, und nach dreieinhalb Stunden hatte er 5000 Regencapes organisiert“, berichtete er. Ohne die Unterstützung von Sponsoren wie Canada Life sei die Arbeit von „Eifel für Eifel“ nicht möglich.

Hilfe, die direkt bei den Betroffenen ankommt

Den Tag im Wildgehege habe er mit Weitz ausgearbeitet, sagte Markus Drews, CEO des Lebensversicherers. „Uns war wichtig, dass auch etwas bei den Menschen direkt ankommt“, machte er deutlich. Da die Canada Life keine Gebäudeversicherung sei, habe man den Menschen anders helfen wollen. Direkt nach der Flut habe die Versicherung eine Million Euro an verschiedene Hilfsorganisationen und Kommunen gespendet. Mitarbeiter seien freigestellt worden, um in den Flutgebieten anpacken zu können. Doch das Thema Flut sei langwierig. „Da ist noch nichts fertig“, stellte er klar.

Scham mancher Hilfsbedürftiger ist groß

Nun habe er die Partnerschaft mit „Eifel für Eifel“ aktiv befeuern wollen. Das Managementtreffen seiner Firma habe er in die Eifel verlegt. „Die Kollegen aus Irland etwa sollen wissen, wohin das Geld geht und was mit unseren Spenden Vernünftiges passiert“, erklärte Drews.

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„Der Bedarf für Hilfe ist immer noch da“, erläuterte Weitz. Auch wenn das Spendenlager geschlossen sei, helfe „Eifel für Eifel“ weiter. Ein Problem stelle die Scham dar. Weil die Flut bereits ein Jahr her sei, würden viele Leute denken, sie dürften nicht mehr um Hilfe bitten. „Doch es gibt viele Häuser und Grundstücke, wo noch nichts passiert ist“, sagte er.