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Millionen-Defizit nach GewinnDRK im Kreis Euskirchen rutscht tief in die roten Zahlen

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Zahlreiche schmutzige Kinderschuhe sind in einer Kita im Kreis Euskirchen aufgereiht.

34 Kitas mit 90 Gruppen betreibt das DRK im Kreis Euskirchen. Sie sind in der Bilanz einer der größten Posten.

Nach stattlichem Gewinn in 2024 plant der Kreisverband des Roten Kreuzes 2025 und 2026 mit Millionen-Defiziten

Die Zahlen, die Gerd Fink, Schatzmeister des Kreisverbands Euskirchen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) vorstellte, ließen die Delegierten in der Jahreshauptversammlung in Dahlem erst einmal verstummen. Nach einem Gewinn von rund 1,3 Millionen Euro in 2024 werde es nun deutlich schwieriger – und auch die Zukunftsaussichten sind zunächst alles andere als rosig. Ein Defizit von rund 1,75 Millionen Euro wird für 2025 erwartet. Und der von den Delegierten verabschiedete Haushaltsplan 2026 sieht noch finsterer aus: Er beinhaltet ein Minus von 2,5 Millionen Euro.

Die Fehlbeträge können allerdings durch die Rücklagen ausgeglichen werden, die in den vergangenen Jahren angelegt wurden. Und für 2027 sieht Geschäftsführer Rolf Klöcker einen Silberstreif am Horizont. Durch mehrere Maßnahmen, die im kommenden Jahr begonnen werden, soll sich die Lage bessern.

Das DRK ist einer der großen Arbeitgeber im Kreis

Massiv gestiegen sei der Umsatz. Mit knapp über 50 Millionen Euro habe er 2024 einen bisherigen Höchststand erreicht, so Fink. Auch beim Umsatz wird mit einem Rückgang gerechnet. 34 Kitas mit 90 Gruppen betreibt das DRK im Kreis Euskirchen. Aus diesem Bereich kommt ungefähr die Hälfte der Einnahmen des Kreisverbands.

Auf der Ausgabenseite sind die Personalkosten der mit Abstand dickste Batzen. Mit 1015 Mitarbeitern – darunter sind auch Teilzeitbeschäftigte –  ist das DRK einer der großen Arbeitgeber im Kreis. Alleine in den vergangenen fünf Jahren sind die Personalkosten laut Fink um etwa ein Drittel gestiegen und schlagen nun jährlich mit rund 37,1 Millionen Euro zu Buche.

Für Geschäftsführer Klöcker kommen diese Zahlen weder überraschend noch sind sie für ihn ein Grund für Alarmstimmung, wie er deutlich macht: „Ich bin entspannt.“ Es gebe immer wieder mal schwierige Zeiten, was auch zu einem Auf und Ab der Ergebnisse führe.

Die 34 Kitas sind ein großer Posten in der Bilanz des DRK

Logischerweise ist der Kita-Bereich als großer Bilanz-Posten ein Dreh- und Angelpunkt. Ein wichtiger Faktor ist hier die Personalpolitik des DRK. Ganz bewusst hat man sich laut Klöcker für einen Überhang entschieden: „Wir haben in 90 Gruppen je eine Person zu viel.“ Der Kreisverband habe immer Wert darauf gelegt, den Betrieb der Kitas und ihrer Gruppen sicherstellen zu können – und nicht Gruppen schließen zu müssen, wenn es zu krankheitsbedingten Ausfällen komme.

Das führe dazu, dass andere Betreiber ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern seien, während das DRK auf seinen Puffer zurückgreifen könne. Doch trotz dieser Reserve ist die Lage mit Blick auf den hohen Krankenstand teils ausgesprochen angespannt, wie Klöcker berichtet: „Wir haben in einer Einrichtung mit 18 Mitarbeitern zehn Krankheitsfälle.“ Dass dies landesweit genauso ist, sei da nur ein schwacher Trost.

Ein weiteres Problem ist laut Klöcker die angespannte Finanzlage der öffentlichen Hand, die auch vor der Kita-Finanzierung über das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) nicht haltmacht. Zu Kürzungen ist es zwar laut Klöcker nicht gekommen, wohl aber wurde das Finanzierungssystem geändert. Wurde bislang pro Gruppe bezahlt, ist es jetzt pro Kopf – und das hat sich laut Klöcker für das Kreis-DRK nachteilig ausgewirkt. In Summe bezeichnet er die Finanzierung als nicht ausreichend.

Die Gehaltserhöhung ist geringer, Kündigungen sind nicht geplant

Bezahlt werden die Kita-Mitarbeiter zwar nicht nach Tarif. Klöcker bezeichnet die Bezahlung aber als „grundsätzlich vergleichbar“. Jedoch könne es in manchen Tätigkeiten Abweichungen geben – nach oben wie nach unten. „Wir wollen unsere Leute gut bezahlen und haben auch in den vergangenen Jahren immer wieder Anpassungen gemacht“, so Klöcker.

Doch die hohen Defizite fordern ihren Tribut. Zum einen soll laut Klöcker die für den Januar geplante Gehaltserhöhung nicht so hoch ausfallen, wie es ursprünglich beabsichtigt war. Auch sollen vakante Stellen nicht neu besetzt werden. Doch Sorgen um ihren Job müssen sich die DRK-Mitarbeiter im Kreis Euskirchen nicht machen. Entlassungen, so Klöcker, seien nicht geplant.

Die Querfinanzierung spielt beim Roten Kreuz eine wichtige Rolle

Bei einer großen Organisation wie dem DRK mit seinen ganz unterschiedlichen Aufgabenbereichen und Betätigungsfeldern spielen auch Querfinanzierungen immer wieder eine wichtige Rolle: Lukrative Bereiche können den weniger lukrativen unter die Arme greifen. „Bis vor ungefähr fünf Jahren hat der Kitabereich oft die anderen mitfinanziert“, führt Klöcker aus.

Doch inzwischen habe sich das Blatt gewendet und der Kita-Bereich ist auf Unterstützung aus anderen Geschäftsfeldern angewiesen. Dann machen sich Faktoren wie die Schließung der vom DRK für das Land als Notunterkunft betriebenen Geflüchteteneinrichtung in der einstigen Eifelhöhen-Klinik in Marmagen im April dieses Jahres in den Finanzen unangenehm bemerkbar.

Im Rettungsdienst wird der Kreis Euskirchen kräftig investieren

Auch Veränderungen im Rettungsdienstbereich sind deutlich spürbar. Der Rettungswagen-Standort in Kall ist weggefallen. Dafür wurde der Betrieb der zweiten Rettungswache in Mechernich vom Kreis Euskirchen ausgeschrieben. Das DRK ging leer aus, das Unternehmen IMS, das seinen Ursprung in Sankt Oswald-Riedlhütte in Niederbayern hat, hat den Zuschlag erhalten.

Logischerweise schaut man nun auch beim DRK gespannt auf die anstehende Verabschiedung des neuen Rettungsdienst-Bedarfsplans. Im Entwurf sind hohe Investitionen vorgesehen, so für neue Wachen und weitere Fahrzeuge. Wenn diese Leistungen ausgeschrieben werden, will sich auch das DRK beteiligen.

Doch den Verantwortlichen ist klar, dass diese Ausschreibungen kein Selbstläufer sind. Bisher war der Rettungsdienst im Kreis in den Händen des DRK, des Malteser Hilfsdienstes und des Kreises selbst, nun ist mit IMS ein weiterer Anbieter aktiv. „Und es werden mehr kommen“, vermutet Klöcker.  

Und um jeden Preis Ausschreibungen gewinnen will das DRK auch nicht, sondern Angebote abgeben, die aus seiner Sicht sinnvoll sind. Dazu gehören für Klöcker etwa in der Stellenplanung Puffer für krankheitsbedingte Ausfälle. Die Ausbildung der Ehrenamtler in den Wachen spiele eine Rolle und einiges mehr. Insgesamt will man laut Klöcker nicht unter ein Niveau gehen, das dem Selbstverständnis des DRK entspricht.

Die Unwägbarkeiten gehören zur Finanzplanung

Insgesamt, sagt Klöcker, sind die Finanzen nie exakt kalkulierbar und von zahlreichen Unwägbarkeiten abhängig: „Im Grunde sind die Haushaltspläne Kaffeesatzleserei.“ Beispielsweise können sich neue Geschäftsfelder auftun. Klöcker nennt den Bereich der Jugendhilfe, der mit der 2024 eröffneten Villa Henry in Euskirchen und der jüngsten Erweiterung der WG Henry in Mechernich ausgeweitet wurde. „Das ist damals aus der Flüchtlingshilfe entstanden, als sich niemand um die unbegleiteten Flüchtlinge kümmern wollte“, sagt Klöcker. Als das Programm ausgelaufen sei, habe das Jugendamt jedoch deutlich gemacht, dass es weiter Bedarf in der Jugendhilfe gebe – weswegen die Plätze umgenutzt worden seien.

Dass in einem großen Verband wie dem Kreis-DRK wirtschaftlich gearbeitet werden muss, versteht sich. Doch im Vergleich zu Unternehmen steht die Gewinnerzielungsabsicht nicht an erster Stelle. „Was übrig bleibt, geht in die soziale Arbeit im Kreis Euskirchen. Das mache ich auch immer bei den Ausschreibungen deutlich“, sagt Klöcker.


Die Jahreshauptversammlung

Diese Bilanz legte der Vorsitzende Karl-Werner Zimmermann in der Jahreshauptversammlung vor: 1176 ehrenamtlich Tätige, 1015 hauptamtliche Kräfte plus 4385 Fördermitglieder, ein gestiegener Umsatz und ein positives Jahresergebnis von knapp 1,3 Millionen Euro im Jahr 2024. Dass er jedoch auch mitteilte, dass er gut gefrühstückt habe und sich wohlfühle, hatte allerdings weniger mit den folgenden Zahlen zu tun. Es rührte vielmehr daher, dass er bei seiner Rede im Vorjahr einen Schwächeanfall erlitten hatte. Doch nun hätte er ein karnevalistisches Jubiläum feiern können: Vor genau elf Jahren wurde Zimmermann im Dahlemer Vereinshaus als Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden Werner Doppelfeld gewählt.

Doch das DRK ist kein Karnevalsverein, sondern als Hilfsorganisation nicht nur weltweit, sondern auch im Kreis eine unverzichtbare Säule der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr. Und noch mehr. Die Rotkreuzler sind auf vielen Feldern unterwegs: als Betreiber zahlreicher Kitas, bei Blutspenden, in der Betreuung und Beratung von Migranten, in der Ausbildung im Rettungswesen. „Das DRK ist ein fester Baustein der sozialen Daseinsvorsorge“, fasste es Landrat Markus Ramers zusammen.

Als Erfolgsgeschichte bezeichnete er die Einrichtungsbetreuung der Notunterkunft in Marmagen. Hier habe es zu Beginn der Unterbringung von Geflüchteten Kriminalität und viele Vorbehalte aus der Bevölkerung gegeben. Doch im Laufe der Zeit sei das Klima befriedet worden, so dass am Ende, als die Einrichtung geschlossen wurde, sogar viele Marmagener traurig gewesen seien. „Ihr macht das mit Leidenschaft und Herzblut, bewahrt euch das“, lobte er die Haupt- und die Ehrenamtlichen.

Seit Jahrzehnten sind viele von ihnen im DRK aktiv. Für 50 Jahre Mitgliedschaft beim Roten Kreuz wurden in der Jahreshauptversammlung in Dahlem Anneliese Schumacher, Ida Knapstein-Hecker, Helene Mathei und Jörg Pütz geehrt. Eine Ehrung für 25 Jahre im DRK erhielten an diesem Abend Nina Buß, Annika Großbart, Silke Hambach, Tobias Jäger, Martin Kaspar, Rosemarie Mager, Alexander Steffen, Achim Steffens, Hilde Vogelsberg, Hildegard Schumacher, Achim Steffens, Markus Monnig, Christian Hans Schmitz sowie Markus Zimmermann.