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Kunst„Kreativ-Recycling“ fürs Tafelsilber

Lesezeit 5 Minuten

„Mein Atelier ist die Straße“, sagt Josef Klinkhammer. Bei verschiedenen Märkten in der Region kann man ihn bei seiner Arbeit beobachten. (Fotos: Seeger)

„Ideen muss man haben…“ – der Spruch auf dem Anhänger von Josef Klinkhammer aus Zehnstelle ist bei ihm Programm. Er hatte eine Idee – eine außergewöhnliche: Aus altem Tafelsilber stellt der 50-Jährige außergewöhnlichen Schmuck her. Messer, Gabeln, Löffel oder Kuchenschaufeln werden bei ihm zu Ringen, Armbändern und Ketten. Diese verkauft er auf Märkten in der Eifel.

Alles begann vor rund 35 Jahren. Er sei zufällig nach Paris gekommen und habe auf einem Markt einen Besteckkünstler entdeckt, erzählt Klinkhammer: „Das hat mich fasziniert.“ Im Prinzip sei ihm dieses Erlebnis nie wieder aus dem Kopf gegangen, aber über die Jahre etwas in den Hintergrund gerückt, führt der Familienvater die Geschichte fort. Vor allem, weil er diese Kunst in Deutschland jahrelang nicht mehr zu Gesicht bekommen habe, so Klinkhammer.

Er verfolgte seinen Traum

Doch vor ungefähr zwölf Jahren sei ihm die Idee wieder in den Sinn gekommen, als er länger krank gewesen sei. „Da hatte ich die Zeit und Muße dafür“, erklärt er. Also zog er sich in seine Heimwerkstatt zurück und startete erste Versuche mit einem Löffel. Als seine Frau ihn dabei beobachtet habe, habe sie ihn etwas entsetzt gefragt: „Was machst du denn da? Machst du die Löffel kaputt?“, erzählt er schmunzelnd. Auch Bekannte hätten zunächst verhalten reagiert. „Man darf sich davon nicht abbringen lassen, man sollte seine Träume verfolgen und daran arbeiten“, sagt Klinkhammer. Und genau dies nahm er sich zu Herzen.

Zunächst seien seine Schmuckstücke nur originelle Geschenke für Bekannte und Verwandte gewesen. Doch mit der Zeit wuchs die Begeisterung für seine Werke. Die Leute hätten zu ihm gesagt, dass sei „toll, toll, toll“, er solle seinen Schmuck verkaufen, erinnert sich der 50-Jährige. So habe er vor gut zwei Jahren ein Gewerbe angemeldet und trete nun ein- bis zweimal im Monat auf Antik- und Trödelmärkten in der Eifel auf. Auch in Luxemburg und Belgien habe er rege Kundschaft und sei dort oft zu Gast, erzählt der Künstler weiter. „Meine Sachen sind so beliebt, dass die Leute zu mir kommen. Da brauch’ ich keinem was aufzuschwatzen“, erklärt er stolz.

Manche Kunden, etwa aus Köln, Bonn oder Aachen, reisten ihm hinterher – oder kämen direkt zu ihm nach Hause. Auf den Märkten verkaufe er viel an Touristen: „Amerikaner, Europäer, aber auch Araber kommen zu mir. Ich habe ein internationales Publikum.“

So sei einmal eine amerikanische Familie an seinem Stand gewesen und habe bei ihm eingekauft. Ein paar Monate später sei sie wieder bei einem Markt gewesen – und sichtlich erfreut, ihn gefunden zu haben, schildert der Künstler.

Der Grund: Die Verwandten seien so begeistert von dem extravaganten Schmuck gewesen, dass sie gleich eine Bestellung aufgegeben hätten – man möge ihnen den Schmuck vom nächsten Deutschland-Besuch mitbringen. Daher habe der amerikanische Familienvater gleich mehrere Stücke mitgenommen.

Von Beruf ist Klinkhammer eigentlich Zimmermann, aber seine Vorfahren seien Schmiede und Wagenbauer gewesen, weiß der 50-Jährige. „Irgendwie liegt mir das also im Blut“, ergänzt er schmunzelnd und fügt ernst hinzu: „Ich mache das mit viel Liebe und jedes Teil so, als würde ich es für mich selbst machen.“

Die Originalität jedes Stücks ist ihm wichtig. Deshalb wolle er auch keinen Laden eröffnen oder einen Internet-Verkauf starten. Auch ein Atelier wäre nicht in seinem Sinne, denn: „Mein Atelier, meine Werkstatt, das ist die Straße!“ In Läden und ähnlichem habe er das Gefühl, es handele sich um Massenproduktion. „Mein Schmuck soll etwas Besonderes bleiben“, sagt der Künstler.

Außerdem wolle er raus zu den Leuten und nicht in einem Laden hocken und auf Kundschaft warten.

Von Markt zu Markt in der Region

„Wenn ich allein wäre“, erzählt der 50-Jährige, „würde ich das Haus verkaufen und mit einem Wohnwagen und meinen Sachen durch Europa fahren. Heute hier, morgen da – das hat mir schon immer gefallen.“ Allerdings habe er seine Familie hier und die ist ihm wichtiger. Deshalb ziehe er eben von Markt zu Markt in der Region. Dort lerne er immer interessante Leute und Geschichten kennen.

Vom Lederband bis zum Anhänger ist sein Schmuck selbst hergestellt: „Ich hab ’ keine Maschinen, das ist alles Handarbeit“, erläutert er stolz. Ein Kunsthandwerker sei er jedoch nicht. Denn ein Handwerker arbeite immer nach einem Plan, einer Vorgabe. Er jedoch fertige alle Stücke seinen Gedanken und Ideen folgend an. Erst beim Schmieden stelle sich heraus, was genau aus dem jeweiligen Besteckstück werde. Daher würden auch die Kunden nie wissen, was sie am Ende erhielten. Man könne zwar alles grob absprechen, „aber am Ende entscheide ich, was daraus wird“, so der Künstler.

Das Material für seine Kunst sammle er sich auf Antikmärkten zusammen. Und manche Antiquariate sammelten Einzelstücke, die sie selbst nicht verkaufen könnten, für ihn. Außerdem kämen oft Privatpersonen und verkauften ihm etwas.

Beliebt sei sein Schmuck in jedem Falle, weshalb er auch immer mehr Einladungen zu Märkten und Events erhalte. Einmal, fügt er schmunzelnd hinzu, habe ihn ein Marktbetreiber angerufen und gefragt: „Wann kommst du noch mal? Die Frauen fragen schon nach dir und deinem Schmuck!“