Ein letztes AufbäumenStadtdirektor möchte Kalkberg in Betrieb nehmen

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Ein Mahnmal für verfehlte Stadtplanung? Die Hubschrauberstation auf dem Kalkberg steht kurz vor ihrer Aufgabe.

Ein Mahnmal für verfehlte Stadtplanung? Die Hubschrauberstation auf dem Kalkberg steht kurz vor ihrer Aufgabe.

  • Aus Sicht der Gutachten spricht nichts gegen den Kalkberg
  • Und doch ist die Hubschrauber-Station eine ewige Baustelle
  • Hat der Kalkberg noch eine Chance?

Köln – Eigentlich ist es nur eine Rechnung, die der Stadtdirektor Stephan Keller aufmacht. Der fast fertiggestellte Hangar, Untersuchungen zu Alternativstandorten, bisher investiertes Geld und den Stand der Sanierungsarbeiten lässt er einfließen in eine Mitteilung an die Ratsmitglieder. Unter dem Strich steht sein Ergebnis: „Aus Sicht der Gutachten spricht nichts gegen den Kalkberg.“

Will sagen, Keller würde gerne nach Abwägung aller Faktoren die Rettungshubschrauberstation auf der Altlastenhalde in Betrieb nehmen. „Vor dem Hintergrund der vorgelegten Gutachten ist das realisierbar und im Gegensatz zu möglichen Alternativen in einem überschaubaren Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten fertigzustellen.“ Doch seine Rechnung wird wohl dennoch nicht aufgehen. Der Kalkberg ist politisch tot.

20 Alternativstandorte waren nicht gut genug

Die Geschichte des Kalkbergs ist eine Aneinanderreihung von Fehlern und Pannen. Als der Berg für den Hangar hergerichtet wurde, als der Bau des Gebäudes schon weit fortgeschritten war, da begann sich die Station zu setzen. Weit über das Maß hinaus, das Experten als normal bezeichnen würden. Nachfolgende Untersuchen ergaben zudem, die ehemalige Altlastenhalde der Chemiefabrik Kalk wurde völlig falsch gesichert. In den vergangenen Jahren wurden über 20 Alternativstandorte untersucht – und keiner als gut befunden.

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Soweit die Vergangenheit. Die Unterlagen, die die Stadtverwaltung am Freitag öffentlich gemacht hat, besagen: Die Halde ist nun stabilisiert. Nachdem Anfang 2016 eine Kuppe von rund 50 000 Tonnen Gewicht wieder abgebaggert wurde – sie sollte als Aussichtsplattform dienen – hat es keine Setzungen mehr gegeben. Die Plomben, die einst gesetzt wurden, um das zu kontrollieren, sind unbeschädigt.

Fertigstellungsgrad bei 85 bis 90 Prozent

Trotz aller Voruntersuchungen hatte Keller im März 2018 nochmals ein Gutachten über drei potenzielle Alternativstandorte in Auftrag gegeben: Flughafen Köln/Bonn, Sportclub-Flughafen LSC Kurtekotten und das Klinikum Merheim. Es ist grundsätzlich nicht unmöglich, einen dieser Standorte zur Rettungshubschrauberstation auszubauen. Doch die Hürden sind laut des Gutachters gewaltig.

Ein Ausbau der jetzigen Notlösung auf dem militärischen Teil des Flughafens soll neben Platzmangels genehmigungsrechtlich schwer sein. So ist auch die Problemlage am Klinikum Merheim. Kurtekotten liegt im Naturschutzgebiet. Mal abgesehen davon, dass an allen Standorten eine neue Station finanziert werden müsste.

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Die steht auf dem Kalkberg schon. Der Fertigstellungsgrad liegt bei 85 bis 90 Prozent. Es bräuchte noch rund drei Millionen Euro, um die Restarbeiten abzuschließen. Insgesamt hat die Stadt in den Bau des Hangars und die Sanierung der Halde rund 30 Millionen Euro investiert.

SPD und Linke haben Berg schon abgeschrieben

Als sich einst die Probleme auf der Halde häuften, verhängte der Stadtrat einen Baustopp. Keller dazu: „Wir legen der Politik nun einen umfassenden Bericht zum aktuellen Sachstand sowie die gutachterlichen Empfehlungen hinsichtlich möglicher Standortalternativen vor. Nunmehr ist es Sache des Rates, auf Grundlage dieser Informationen die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen und eine politische Entscheidung zum weiteren Vorgehen zu treffen.“ Von einer Beschlussvorlage sieht er ab. Zu schwierig ist die politische Gemengelage.

SPD und Linke haben schon längst entschieden, sich von dem Berg zu verabschieden. Für die FDP sagt Fraktionschef Ralph Sterck: „Erst einmal muss sich das Ratsbündnis von CDU und Grünen einigen, und dann können die sich auf die Suche nach einem Partner für eine Mehrheit machen.“

Nachbarstadt müsste übernehmen

Die CDU wäre angesichts Kellers Rechnung durchaus bereit, die Station in Betrieb zu nehmen. Doch was ist mit den Grünen? Auf einem Parteitag wurde beschlossen, den Kalkberg aufzugeben. Allerdings hat sich die Fraktion noch nicht zu einem Beschluss durchgerungen. Die CDU verhandelt deshalb zurzeit mit mit den Grünen. Aber wie aus Reihen der Union zu erfahren ist, gibt es wohl kaum noch eine Chance für die Inbetriebnahme.

Kalkberg aufgeben und keinen Alternativstandort zur Hand: Was ist die Konsequenz? Laut Keller bliebe dann nur über, dass die Stadt Köln die Kernträgerschaft für eine Rettungshubschrauberstaffel abgibt. Eine Nachbarstadt, zum Beispiel Leverkusen oder Frechen, müsste übernehmen.

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