70 Jahre FC (2) – 1950-1960Franz Kremer, der „Boss“ des 1. FC Köln

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Der Boss des FC

War immer dabei und achtete darauf, dass alles seine Ordnung hatte: FC-Präsident Franz Kremer (l.) bei der Hochzeit von FC-Stürmer Hans Schäfer am 28. April 1953. Auch Geißbock Hennes, erst drei Jahre zuvor als Wappentier eingeführt, kam zum Gratulieren.

Als die Bilder des Fußballs noch schwarz-weiß waren und die Stadien weit und zugig, da hatte der 1. FC Köln etwas, das in Deutschland einzigartig war: einen Manager. Im Gegensatz zu heute, arbeitete der rein ehrenamtlich. Sein Geld verdiente Franz Kremer mit dem Vertrieb von Werbeartikeln (Spielkarten, Biergläser, Kugelschreiber). Die Geschäfte liefen derart einträglich, dass er sein Herzblut ganz und gar dem von ihm gegründeten Verein widmen konnte. Dem 1. FC Köln verhalf er schon in den 50er Jahren zu großer Blüte. Sein ehrfurchtsvoller Titel in der Stadt: "der Boss".

Kremers Heimatverein war der Köln-Klettenberger Verein KBC. Als 1947 die Bündelung der Kölner Fußballkräfte debattiert wurde, wollte er seinen Heimatclub mit dem SV Union fusionieren. Das Vorhaben scheiterte jedoch am Veto der Union-Mitglieder. Also suchte sich Kremer eine neue "Braut": Sülz 07. So unterschiedlich die beiden Vereine auch waren: der bürgerliche Klettenberger Club hier, der Arbeiterverein aus Sülz da - am stärksten war doch der Wille, die Kräfte in einem neuen Verein zu bündeln. Wer der Chef des neuen Verbundes sein sollte, war ebenfalls schnell ausgemacht: Franz Kremer. In der Sülzer Kneipe "Roggendorf" wurden ihm am 13. Februar 1948 die Geschicke des Vereins in die Hand gelegt.

"Wollt ihr mit mir deutscher Meister werden?"

Die Gründungsgeschichte des Clubs ist längst Legende. Vor allem der Spruch, mit dem der Mann mit der Vorliebe für importierte Zigarren um Unterstützung warb. "Wollt ihr mit mir deutscher Meister werden?" fragte er. Man wollte. Und wenn auch bis zum ersten Titel 1962 noch einige Jahre vergehen sollten, so hielt Kremer in dieser nicht gerade belanglosen Frage Wort.

Dazwischen lag ein Jahrzehnt, in dem Kremer die Grundlage dafür schuf, dass der 1. FC Köln eine, man würde heute sagen "nationale Marke" wurde. "Unter seiner Führung gewann der 1. FC Köln so viel Ansehen wie Schalke oder der 1. FC Nürnberg in doppelter Zeit", schrieb die "Zeit" anerkennend in einer großen Porträtgeschichte. "Er hat unbeirrbar an seinem Verein gearbeitet. Manche sagen, er hat dabei nicht nach links und nicht nach rechts geschaut." Immerhin blieb Zeit, um nebenbei noch die Bundesliga mitzugründen, ein landesweiter Kassenschlager, der bis heute prächtig funktioniert.

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Das älteste FC-Mitglied Max Esser besitzt eine Original-Unterschrift von Franz Kremer, daneben Sepp Herberger.

Kremer wurde 1905 als viertes Kind eines Lokomotivführers in Klettenberg geboren. Bis 1925 besuchte er das Kaiser-Wilhelm-Gymnasium, wo er Abitur machte. Es folgte eine Ausbildung bei der Leonhard Tietz AG (später Kaufhof), bevor er in den 30er Jahren von der Kaufhallen AG nach Oberschlesien ins heutige Bytom in Polen versetzt wurde. Während des Krieges wurde er als Einkäufer der Kriegsmarine im besetzten Paris stationiert. In ihrem Porträt schildern die FC-Chronisten Dirk Unschuld und Frederic Latz Kremer als einen überaus engagierten Mann, der, bürgerlich geprägt, im Sport immer auch eine gesellschaftliche Klammer sah. Wie sehr seine Frau ihm den Rücken frei hielt, hat Kremer mehrfach betont. "Meine Frau schmeißt hier das Geschäft", sagte er einmal und meinte damit die eigene Firma. Seine Lieselotte lernte er in Paris kennen und heiratete sie dort noch 1944, er hatte auf der anderen Rheinseite nicht nur die französische Küche und Autos (Citroën) lieben gelernt.

Schnelle Erfolge

Die Arbeit mit dem neuen Verein trug nach dem Krieg schnell erste sportliche Früchte. 1949 gelang der Aufstieg in die Oberliga West, die damals höchste Spielklasse. Es folgten der westdeutsche Pokalsieg 1953 und die westdeutsche Meisterschaft 1954. Doch Kremer war bewusst, dass er auch abseits des Rasens beste Voraussetzungen schaffen musste. Das Geißbockheim, das heute als zu eng und veraltet gilt, war in den 50er Jahren der letzte Schrei im deutschen Fußball. Bau und Finanzierung waren ein Kraftakt für den jungen 1.FC Köln. Im September 1953 wurde das Clubhaus eingeweiht. Kostenpunkt: 250 000 D-Mark.

Kremer war ein Nachkriegsmacher aus dem Bilderbuch der jungen Republik. Wertkonservativ, bestimmend und dabei nur sehr bedingt diskussionsbereit. Als "demokratischen Diktator" hat er sich mal augenzwinkernd bezeichnet. Doch der Patriarch hatte auch ein offenes Ohr für die Anliegen der Spieler, galt vielen als väterlicher Freund. Nur bei der Forderung nach zusätzlichen Handgeldern gab er sich sperrig. Mit Jahresgehältern von 40 000 bis 57 000 D-Mark seien sie doch gut bedient. Wenn es noch mehr würde, würde "aus Freizügigkeit Zügellosigkeit".

Der Boss des FC

War immer dabei und achtete darauf, dass alles seine Ordnung hatte: FC-Präsident Franz Kremer (l.) bei der Hochzeit von FC-Stürmer Hans Schäfer am 28. April 1953. Auch Geißbock Hennes, erst drei Jahre zuvor als Wappentier eingeführt, kam zum Gratulieren.

Dass er seinem eigenen Verständnis nach der Stadt Köln einen großen 1. FC geschenkt hat, verdeutlicht die Dimensionen, in denen Franz Kremer gedacht hat. Das letzte Spiel seines Clubs erlebte er am Elften im Elften 1967 vor dem Radio. Der FC war bei der Frankfurter Eintracht zu Gast, das Spiel gewannen die Geißböcke mit 2:1. Kremer, dem es schon sehr schlecht ging, erlebte noch das Siegtor. Als letzter Satz an seine Frau ist übermittelt: "Du kannst das Radio jetzt ausschalten."

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