Neuer Verein in Köln„eSports Cologne“ will digitalem Sport eine Plattform bieten

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Schon 2016 gründeten Studierende der Deutschen Sporthochschule ein erstes E-Sport-Team.

Schon 2016 gründeten Studierende der Deutschen Sporthochschule ein erstes E-Sport-Team.

In vielen Vereinsheimen schweigt aktuell das Radio und auf dem Bolzplatz um die Ecke zeigen sich vielleicht schon die ersten Maulwurfshügel. Ein gemeinsames Training oder Wettkämpfe sind im Amateursport in den allermeisten Fällen aktuell nicht möglich. Ganz anders sieht es allerdings beim digitalen Bruder, dem sogenannten E-Sport aus.

„Das Training bei uns funktioniert auch während der Pandemie einwandfrei, denn wir können es ganz leicht online abhalten“, erklärt Marius Loewe. Der 26-Jährige ist Student an der Kölner Sporthochschule, leidenschaftlicher Handballspieler und Vorstandsvorsitzender von „eSports Cologne“. Das Ziel des neu gegründeten Vereins: E-Sport-Begeisterten in und um Köln eine Plattform, Repräsentation und ganz viele Trainingsmöglichkeiten zu bieten.

Sport oder kein Sport?

Entstanden ist das Ganze aus einem Projekt der Kölner Sporthochschule. Unter der Aufsicht des dort lehrenden Dr. Ingo Froböse, der selber zu dem Thema E-Sport forscht, bildete sich bereits 2016 ein erstes Team. Die Studierenden traten in der Uni-Liga in League of Legends – einem strategischen Spiel, das im Bereich des E-Sports weit verbreitet ist – gegen andere Teams an. Nach und nach tat man sich mit weiteren Kölner Hochschulen und Universitäten zusammen, das Interesse wuchs. „eSports Cologne“ war geboren. Seit Dezember 2020 ist der Zusammenschluss nun ein eingetragener Verein und inzwischen richtet sich das Angebot nicht mehr bloß an Studierende. „Bei uns kann jeder mitmachen, der sich für E-Sport interessiert“, stellt Loewe klar. „Ganz egal, wie gut die Spieler sind oder wie viel Zeit sie haben.“ Auch ein Kursangebot für den Unisport wurde geschaffen, das sich speziell an Einsteiger richtet.

Aktueller Forschungsstand

Das Klischee, dass E-Sportler grundsätzlich unsportlich sind, scheint aus wissenschaftlicher Sich eher nicht zu stimmen.

Während einer Befragung des Forschungsprojektes „eSport Wissen“ der Sporthochschule gaben knapp 80 Prozent der Teilnehmer an, dass sie mindestens 2,5 Stunden pro Woche, im Schnitt sogar deutlich mehr, körperlich aktiv sind. Regelmäßiges Spielen könne zudem die motorischen Fähigkeiten verbessern: Profi-E-Sportler schaffen im Schnitt viermal mehr Bewegungen pro Minute an Maus und Tastatur als ein normaler Bürger. Gleichzeitig gibt es aber auch noch Defizite: E-Sportler schlafen im Schnitt ein bisschen weniger. Dazu sitzen sie durch das digitale Training auch mehr. Wer mehr sitzt, schätzt die eigene Gesundheit im Schnitt auch ein etwas schlechter ein. Hier sieht die Forschung Handelsbedarf, beispielsweise durch abwechslungsreicheres Training.

Dass Videospieler im Alltag gestresst, unglücklich und übermüdet seien, weil sie sich bis spät in die Nacht mit ihrem Hobby beschäftigten, seien „nicht viel mehr als veraltete Klischees“, sagte Professor Dr. Ingo Froböse bei der Vorstellung einer Studie im vergangenen Jahr. (rwi)

Ein Training im E-Sport läuft ganz ähnlich ab wie im Fußball oder beim Handball: Die Teams spielen zusammen, es werden Grenzen ausgetestet, außerdem gibt es Analysen und Probespiele. „Für mich ist es egal, ob ich nach der Arbeit Handball- oder E-Sport-Training habe“, erklärt Marius Loewe lachend. Beides mache ihm Spaß, helfe dabei Stress abzubauen und es gäbe regelmäßige Erfolgserlebnisse. „Es hat echt sehr viele Sportparallelen, für uns ist es quasi ein Sport“, so der 26-Jährige. Letzteres ist in Deutschland allerdings immer noch umstritten. Während E-Sport in weiten Teilen des asiatischen Raumes, aber auch in Ländern wie Frankreich oder den USA bereits offiziell als Sportart anerkannt ist, wird hierzulande noch darüber debattiert. Das bringt Nachteile mit sich: „Wir können zum Beispiel nicht den Status der Gemeinnützigkeit erreichen“, erklärt Loewe. Der Deutsche Olympischen Sportbund unterscheidet beim E-Sport aktuell zwischen „virtuellen Sportarten“ wie einem digitalen Fußballspiel und Wettkämpfen in Spielen wie League of Legends, was er als „eGaming“ bezeichnet.

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Bei letzterem sehe man keine Anschlussfähigkeit zu herkömmlichen Sportvereinen und somit zur Gemeinnützigkeit. Weiter muss sich der E-Sport in Deutschland auch zahlreichen Vorurteilen stellen. „Zum Beispiel heißt es ja gerne, dass E-Sportler wenig Freunde hätten oder zu wenig Bewegung bekommen“, so Loewe lachend. Der Verein probiert diese Kritik objektiv wahrzunehmen und sinnvoll damit umzugehen. „Wir haben zum Beispiel eigentlich ein Angebot, dass wir uns einmal die Woche treffen und gemeinsam Sport machen“, erklärt er. „Das wurde sehr gut angenommen.“ Aufgrund der Kontaktbeschränkungen falle diese Aktivität aktuell aber weg.

Neun Mannschaften treten in sechs Spielen an

Beim regelmäßigen Stamm-tisch wird außerdem der soziale Aspekt gefördert: Mitglieder und Interessierte können neue Leute treffen oder einfach miteinander quatschen. Vor der Pandemie fand dieser im Meltdown, einer Gaming-Bar in der Kyffhäuserstraße statt. Aktuell wird er online abgehalten. In die neue Saison wird „e-Sports Cologne“ voraussichtlich mit acht oder neun unterschiedlichen Teams in sechs verschiedenen Spielen starten. Aktuell finden die Probetrainings statt. Auch das Kursangebot für den Unisport geht bald in eine neue Runde.

Für die Zukunft möchte der Verein vor allem noch mehr Leute erreichen und die E-Sport-Community in Köln weiter stärken. Aktuell stehe man noch am Anfang. Außerdem wünscht Marius Löwe sich mehr Unterstützung seitens der Politik. „Es wäre schön, wenn die Arbeit, die wir hier leisten, irgendwann auch als gemeinnützig anerkannt würde“, erklärt der 26-Jährige. „Es ist wirklich eine sehr coole und soziale Beschäftigung.“

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