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FußballGummersbacher trainiert polnischen Erstligisten Stettin

4 min
TOMASZ KACZMAREK Imago

Seit einem Jahr ist Tomek Kaczmarek (r.) Co-Trainer von Kosta Runjaic beim polnischen Erstligisten Pogon Stettin.

Gummersbach/Stettin – Seit Januar 2020 ist Tomek Kaczmarek Co-Trainer des polnischen Fußball-Erstligisten Pogon Stettin. Die Mannschaft überwintert sogar auf dem dritten Platz, nur einem Punkt hinter Spitzenreiter Legia Warschau. Entsprechend groß ist die Freude beim Gummersbacher, der besonders am Verlauf seiner vorherigen Tätigkeit als Cheftrainer des damaligen Drittligisten Fortuna Köln noch zu knabbern hat. Dort war im April 2019 entlassen worden.

„Da muss ich nicht drumherum reden: Das wurmt mich noch immer“, betont Kaczmarek und fügt hinzu: „Ich bin nach wie vor total überzeugt, dass die Trennung zu diesem Zeitpunkt die falsche Entscheidung war und ich mit der Mannschaft den Klassenerhalt in der 3. Liga geschafft hätte.“

Den Absprung geschafft

Dabei habe er zunächst mit hohen Niederlagen den schlechtesten Start erlebt, den man sich als Trainer vorstellen könne. „Hätte man sich da von mir getrennt, hätte ich keine Argumente gehabt. Danach haben wir es aber in einer anspruchsvollen und schwierigen Saison ans Laufen bekommen. Wenn man bedenkt, dass wir vor meiner Freistellung von den vorherigen elf Spielen nur eine Niederlage einstecken mussten, hätte ich gerne mehr Vertrauen bekommen und weitergearbeitet“, erklärt der 36-Jährige. Doch Kaczmarek musste gehen – und für die Fortuna ging es abwärts in die Regionalliga.

Zuvor endete schon sein Engagement bei den Stuttgarter Kickers abrupt. „Es wurde leider schnell vergessen, dass ich in der Saison zuvor mit der Mannschaft in einer fast ausweglosen Situation noch den Klassenerhalt geschafft habe. Dann hatten wir in der folgenden Spielzeit viel Verletzungspech und eine Ergebniskrise – und in solchen Clubs mit Tradition werden dann auch mal schneller emotionale Entscheidungen getroffen“, berichtet Kaczmarek rückblickend. Die Kickers stiegen ab und spielen inzwischen nur noch in der Oberliga.

Ihm sei bewusst, dass seine vergangenen beiden Stationen oberflächlich betrachtet nicht erfolgreich gewesen seien. Man sei als Trainer allerdings immer auch abhängig von den Spielern, den Entscheidungsträgern und vom Umfeld. „Natürlich haben zwei Entlassungen in Folge in diesem Geschäft Konsequenzen. Dadurch war ich beruflich in einer schwierigen Situation und einige Monate auf Jobsuche“, erklärt der Fußballlehrer, der die Zeit genutzt hat, um zu hospitieren und sich weiterzubilden.

„Das waren für mich Rückschläge, keine Frage“

„Das waren für mich Rückschläge, keine Frage. Doch ich habe daraus neue Kraft gezogen und viel gelernt. Ich bin überzeugt, dass ich durch diese schmerzlichen Erfahrungen ein besserer Trainer geworden bin und von Job zu Job eine Weiterentwicklung merke“, sagt Tomek Kaczmarek kämpferisch.

Sein neuer Job ergab sich eher durch einen Zufall. Über eine Trainerfortbildung hat er Kosta Runjaic kennengelernt, früher Coach des 1. FC Kaiserslautern sowie des MSV Duisburg und seit gut drei Jahren Cheftrainer des polnischen Erstligisten Pogon Stettin. „Wir hatten einen guten Austausch und es hat sich ergeben, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, in Stettin Co-Trainer zu werden“, berichtet der gebürtige Pole. Nach vielen Monaten des Wartens sei es für ihn wichtig gewesen, wieder auf gutem Niveau zu arbeiten.

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„Anfangs wusste ich nicht genau, was mich erwartet, doch ich habe diesen Schritt nicht bereut und bin sehr gerne hier. Die Zusammenarbeit macht großen Spaß. Kosta Runjaic ist ein erfahrener Trainer, von dem ich sehr viel lernen kann. Dazu haben wir eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft. Die Bedingungen im Club und in der Liga sind sehr professionell“, sagt der 36-Jährige, der die Stärke der polnischen Liga mit gehobenem Zweitliga-Niveau in Deutschland vergleicht.

Nach dem sechsten Platz in der Vorsaison überwintert Pogon Stettin diesmal auf Rang drei – in direkter Schlagdistanz zur Spitze. „Für uns läuft es sehr gut. Von den Rahmenbedingungen her sind wir eigentlich zwischen Platz sechs und acht einzuordnen, jetzt sind wir Dritter und können durchaus um die Qualifikation für die internationalen Wettbewerbe mitspielen“, freut sich der ehemalige Gummersbacher.

Einziger Wermutstropfen ist die Entfernung zu seiner Familie, die weiterhin in Köln lebt. „Dort sind wir verwurzelt. Für mich war es eine Grundvoraussetzung, dass ich jede Woche nach Hause fahren kann. Es ist die größte Herausforderung in diesem Job, beides in Einklang zu bringen. Doch die Familie steht für mich an erster Stelle“, betont Kaczmarek.

Von Polen über Berlin nach Köln

Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist er meist von Berlin nach Köln geflogen. „Ich habe von Haustür zu Haustür viereinhalb Stunden gebraucht. Jetzt ist es etwas komplizierter geworden, daher fahre ich meist mit dem ICE und bin etwas länger unterwegs, doch im Zug kann ich gut arbeiten.“

Auch wegen dieser speziellen Situation bezeichnet der frühere Co-Trainer der ägyptischen Nationalelf seine Zeit in Stettin als attraktives Abenteuer, fühlt sich dort sehr wohl und gut aufgehoben. Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen. Doch Tomek Kaczmarek ist sicher: „Auf mich warten zur richtigen Zeit noch viele spannende Herausforderungen.“