Interview mit Leiter der Theodor-Heuss-Akademie„Vielleicht gibt es Berührungsangst mit der Akademie auf dem Berg“

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Klaus Füßmann steht vor einem Zitat von Theodor Heuss an einer Wand. Das Zitat lautet: „Mit Politik kann man keine Kultur machen, vielleicht kann man mit Kultur Politik machen.“

Klaus Füßmann ist seit 40 Jahren in der FDP. In die große Politik wollte er nie. Dennoch hat er viele Netzwerke aufgebaut.

Klaus Füßmann arbeitet seit 1993 bei der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach. Am Freitag wird er verabschiedet.

Nach 30 Jahren in unterschiedlichen Funktionen kommt im Frühjahr das Ende Ihrer Leitungstätigkeit in der THA. Was überwiegt, die Freude über den Ruhestand oder doch Wehmut?

Füßmann: Alles hat einmal ein Ende. In Rente gehe ich allerdings erst im November. Ich übergebe das Haus in einem guten Zustand und ich gehe mit einem Gefühl großer Genugtuung. Ich danke der Naumann-Stiftung für die Übertragung dieser wundervollen Aufgabe.

Nach Zuständigkeiten in verschiedenen Arbeitsbereichen am Standort kam mit der Leitung der Akademie seit 2013 die Gesamtverantwortung, für was genau?

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Fürs Programm, das Personal, die Finanzen und das politische Netzwerk. Das alles muss engagiert geregelt werden, was ich als ungeheuer schön, zugleich aber auch als fordernd erlebt habe. Geholfen haben mir die Kolleginnen und Kollegen mit ihrem beherzten Einsatz.

Die Arbeit der Friedrich-Naumann-Stiftung wird von Liberalen auf der ganzen Welt geschätzt. Der Bekanntheitsgrad in Gummersbach selbst könnte aber noch besser sein.

Am Fuße des Leuchtturms ist es immer am dunkelsten, aber Spaß beiseite. Vielleicht gibt es hier und da Berührungsangst mit einer „Akademie“ auf dem Berg. Und während der Corona-Zeit erst recht. Hier sollten aber jetzt neue Initiativen in die Region hinein unternommen werden.

Die Größen der FDP sind hier ein- und ausgegangen. Hat es Sie nie in die Politik gezogen?

Nein, die hohe Politik war nie eine Option für mich. Anders als der ehemalige Familienminister Joachim Stamp, der hier in Gummersbach Referent für Politische Bildung gewesen ist. Aber ich habe sehr intensiv das politische Geschehen aus der zweiten Reihe mitbekommen und dichte Netzwerke aufgebaut.

Von Gummersbach aus verfolgen konnten Sie auch Bundesfinanzminister Christian Lindner, der hier im Haus Zivildienstleistender gewesen ist. Wie haben Sie ihn erlebt?

Der hatte seinerzeit schon eine unglaubliche Auffassungsgabe und Intellektualität. Es hat einfach Spaß gemacht, sich mit ihm zu unterhalten. In Erinnerung habe ich auch seine eleganten Umgangsformen mit älteren Parteimitgliedern. Für mich war schon damals klar, dass er eine steile Karriere machen wird.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung arbeitet unabhängig von der FDP, sie hängt aber unmittelbar an deren Tropf. Sie müssen also bei Bundestagswahlen immer die Daumen drücken, dass Ihre Partei es in den Bundestag schafft.

Das stimmt. Wir sind ein politischer Tendenzbetrieb, zugleich aber als Bildungsstätte offen für alle Bürgerinnen und Bürger. Wir sind finanziell von der parlamentarischen Existenz der FDP im Bund abhängig. Ist sie im Bundestag, bekommen wir Steuergelder für unsere Arbeit.

Also kann man die Bundestagswahl 2013, als die FDP zum ersten Mal in ihrer Geschichte aus dem Bundestag geflogen ist, als Schwarzen Freitag auch für Sie sehen?

Absolut. Das war sicher in den letzten 30 Jahren eine der großen Krisen für die Bildungseinrichtung hier. Und nach einer erneuten Niederlage 2017 hätte der Standort hier aufgegeben werden müssen. Aber seit 2015 wusste ich, dass das Comeback der FDP Aussicht auf Erfolg hat.

Welche Krisen gab es noch?

Die drei Jahre der Corona-Pandemie muss man auch als Krise bezeichnen. Wir waren hier ein halbes Jahr komplett dicht. Das war schon ein gewaltiger Einschnitt für unsere Arbeit. Das Comeback haben wir aber bereits Ende letzten Jahres geschafft!

Wie hat sich die Arbeit der Akademie in den letzten 30 Jahren verändert, was das Bildungsangebot angeht?

Damals wie heute gab es die liberalen Markenthemen, und damals wie heute müssen wir auf aktuelle Entwicklungen eingehen. Sei es beim Thema Digitalisierung, den linken sowie rechten Gefährdungen der Offenen Gesellschaft oder dem russischen Krieg gegen die Ukraine.

Was macht nach Ihrem Dafürhalten die Arbeit der Theodor-Heuss-Akademie in Zukunft aus?

Die mehrtägigen Seminare hier am Standort müssen aktuell, zielgruppengerecht, methodisch vielseitig und lebendig gehalten werden. Sie leben davon, dass die Leute sich gerne intellektuell weiterbilden bzw. politisch professionalisieren. Und sie müssen den Beweis dafür antreten, dass politische Bildung Zeit und Raum braucht, um nachhaltig wirken zu können. Und dabei spielt natürlich auch der Geselligkeitsfaktor mit allem Komfort einer Bildungsstätte eine große Rolle. Eben bei uns auf dem Zauberberg!


Biographie

Klaus Füßmann, geboren am 11.November 1957, ist verheiratet, und hat zwei Töchter. Er wohnt in Herne im Ruhrgebiet. Nach dem Wehrdienst studierte er Geschichte, Kunstgeschichte und Publizistik in Bochum. Seit 1988 ist er, zunächst freiberuflich, von 1993 an fest, für die Friedrich-Naumann-Stiftung am Standort Gummersbach tätig.

Nach wechselnden Tätigkeiten als Referent für politische Bildung in der THA und im Länderprogramm NRW leitet Füßmann seit dem Jahr 2013 die Theodor-Heuss-Akademie. Er ist seit 40 Jahren Mitglied der FDP, phasenweise Kreisvorsitzender und Bezirksverordneter für die Liberalen. Seine Hobbys sind der klassische Hollywood-Film, Literatur, Borussia Dortmund und Kochen. 

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