Auf 44 aktive Jahre kommen die Fußballerinnen Jacky Müller und Jessica Broich, die ihre Laufbahn beim TuS Lindlar beenden.
FußballZwei Schwestern verabschieden sich mit dem Aufstieg

Die Schwestern Jessica Broich (l.) und Jacky Müller beenden mit dem Aufstieg des TuS Lindlar in die Fußball-Bezirksliga ihre Karriere.
Copyright: Florian Sauer
Auf ziemlich genau 44 aktive Jahre im bergischen Fußball kommen Jessica Broich (34) und Jacky Müller (31) zusammen. Nach dem Spiel am Sonntag ist Schluss, zwei Karrieren gehen zu Ende. Doch die beiden verabschieden sich mit einem tollen Geschenk an ihren Verein, den TuS Lindlar: Zum 100. Klub-Geburtstag hat die Frauenmannschaft vorzeitig den Aufstieg in die Bezirksliga perfekt gemacht. Florian Sauer hat die Schwestern vor ihrer allerletzten Aufwärmeinheit getroffen.
Frau Müller, Sie haben schon als Fünfjährige im Verein vor den Ball getreten. Wie sind Sie damals zum Fußball gekommen?
Jacky Müller: Als kleines Mädchen war ich tatsächlich, nun ja, ein wenig moppelig (lacht). Im Ernst: Unser Papa trainierte damals die Bambini in Immekeppel und hatte beschlossen, dass mir ein wenig Bewegung gut tun würde. Kurz darauf war ich auch schon angemeldet. Bis zur B-Jugend habe ich dann bei den Jungs gespielt und bei den Mädels ausgeholfen, also teilweise zweimal am Tag gespielt. Ich wechselte nach Lindlar und dann nach Biesfeld. 2019 bin ich zum TuS Lindlar zurückgekehrt.
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Jessica Broich: Meine Schwester ist unsere Spielführerin – Captain Jack, der Name passt einfach.
Frau Broich, wann haben Sie sich in den Fußball verliebt?
Broich: Ich habe damit relativ spät angefangen, mit 16 oder 17 Jahren. Ich war als Kind zwar regelmäßige Bolzplatzgängerin, hab mich aber fürs Wettkampf-Schwimmen entschieden. Später wollte ich in Immekeppel bei den U17-Fußballerinnen mitmachen. Auch dazu gibt es eine Anekdote unseres Vaters (lacht). Meine ersten Fußballschuhe waren vom Aldi, daran erinner ich mich ganz genau. Papa war wohl etwas skeptisch und wollte, dass ich erstmal teste, ob Fußball tatsächlich der Sport für mich ist.
Sie sind bereits 2015 nach Lindlar gewechselt, vier Jahre später kam dann Ihre Schwester dazu.
Broich: Genau. Jacky war im Fußball immer mein großes Vorbild. Ich hätte aber früher nie gedacht, dass wir einmal zusammenspielen. Umso schöner waren die letzten Jahre.
Blicken wir 15 oder 20 Jahre zurück. Populär war Frauenfußball damals nicht.
Müller: Nee, überhaupt nicht. Ich habe mir früher selbst nicht gerne ein Fußballspiel der Frauen angesehen. Technisch war das in Ordnung, aber es war alles so langsam. In den letzten Jahren ist der Frauenfußball viel schneller geworden.
Broich: Anfangs standen bei unseren Spielen nur unsere Familien und ein paar ganz treue Freunde an der Bande, das war's dann auch. Heute besitzen wir eine richtige Fan-Community.
Schauen die Vereinsvorstände inzwischen respektvoller auf ihre kickenden Frauen?
Müller: Das würde ich schon sagen, vor allem in den vergangenen zwei bis drei Jahren hat sich da etwas bewegt. Aber das haben wir uns auch hart erarbeitet! Man nimmt wahr, dass wir viel Arbeit in den Fußball investieren und dass wir erfolgreich sind.
Stichwort Erfolg: Ausgerechnet im Lindlarer Jubiläumsjahr steigen die TuS-Männer aus der Bezirksliga ab – in die die Frauen nun aufsteigen. Empfinden Sie da Schadenfreude?
Müller: Vor einigen Jahren hätten wir bestimmt noch so gedacht. Mittlerweile sind wir mit den Männern als Abteilung prima zusammengewachsen. Ich habe als Kapitänin vorsichtige Annäherungsversuche gestartet (lacht). Anfangs hat man mal mit dem ein oder anderen gesprochen, später gab es dann sogar gemeinsame WhatsApp-Gruppen unserer Fußballerinnen und Fußballer und noch später fanden tatsächlich gemeinsame Mannschaftsabende statt.
Broich: Die Jungs kommen heute zu unseren Spielen, um uns zu unterstützen, und wir zu ihren.
Müller: Die erste Männermannschaft hatte mit Trainerwechseln und vielen Verletzungen zu kämpfen. Wir hätten ihnen gewünscht, dass ihre Saison anders verlaufen wäre.
Den Aufstieg haben Sie neulich schon mit dem 6:0-Sieg über Hoffnungsthal klargemacht. Sonntag geht es zum letzten Spiel gegen Agathaberg, dort gibt es dann auch die Meistertrophäe.
Müller: Vor sechs Wochen habe ich mir einen Bänderriss geholt und seitdem ziemlich geackert, um wieder fit zu werden. Ich will bei diesem letzten Spiel unbedingt auf dem Platz stehen! Von der Genesungsgeschwindigkeit her ist das wahrscheinlich echte Profi-Liga.
Ihre Leidenschaft für den Fußball ist ungebrochen, dazu gab es nun zwei Aufstiege hintereinander. Warum hören Sie eigentlich auf?
Broich: Bei uns zu Hause steht die klassische Rollenverteilung auf dem Kopf (lacht). Mama geht sonntags zum Fußball, der Papa passt auf unseren Sohn auf. Ich möchte nicht mehr den ganzen Sonntag für den Sport unterwegs sein.
Müller: In all den Jahren haben sich die Verletzungen noch im Rahmen gehalten, das soll so bleiben. Ich will meinen Kindern später nicht sagen müssen, dass ihre Mama dies oder das nicht mitmachen kann, weil das Knie schmerzt. Oder mit Krücken auf den Spielplatz. Noch kann ich selbst entscheiden, abzutreten. Und man soll doch aufhören, wenn es am schönsten ist.
Gibt es etwas, dass Sie Ihrer Mannschaft als scheidende Kapitänin wünschen?
Müller: Wir haben es in den vergangenen Jahren geschafft, aus den Spielerinnen einen eingeschworenen Haufen zu formen. Das klingt einfacher, als es tatsächlich ist – schließlich spielen bei uns Frauen zwischen 17 und Mitte 30, das ist eine ziemliche Altersspanne. Wenn es der Mannschaft gelingt, diesen Teamgeist zu bewahren, sollte es auch in der Bezirksliga funktionieren.
Der Trainer hinter dem Doppel-Aufstieg
Der Name von Daniel Steiner ist den meisten Lindlarer Fußballfans noch gut bekannt. Mehr als ein Jahrzehnt spielte der heute 44-Jährige in der ersten Elf des TuS. Im Sommer 2023 übernahm er das Traineramt bei den Lindlarer Fußballerinnnen und ist auch als Coach ziemlich erfolgreich. Auf den Aufstieg im vergangenen Sommer in die Kreisliga A folgen am Ende dieser Spielzeit Meisterschaft und der Durchmarsch in die Bezirksliga. „Mir war von Anfang an wichtig, dass wir leistungsorientiert arbeiten und auch Erfolge feiern“, blickt Steiner zurück.
In der Liga verloren Steiners Schützlinge in dieser Saison bislang nur einmal, mit 38 Tabellenpunkten ist ihnen das Ticket in die Bezirksliga nicht mehr zu nehmen. Im Kreispokal war für die Lindlarer Fußballerinnen jüngst erst im Halbfinale gegen den Lokalrivalen Hohkeppel Endstation – der allerdings aktuell auch zwei Klassen höher in der Landesliga antritt und spielte lange um den Aufstieg.

Daniel Steiner ist seit Sommer 2023 Trainer der Frauen-Fußballmannschaft des TuS Lindlar.
Copyright: Florian Sauer
Das Karriereende von Kapitänin Jacky Müller werde ohne Zweifel eine Lücke in die Mannschaft reißen, räumt der Trainer ein, hat aber längst einen Plan B. „Wir werden eine neue Mannschaft um zwei oder drei junge Spielerinnen aufbauen. Dazu wird es drei oder auch vier Neuverpflichtungen geben.“ Das Ziel für die kommende Spielzeit in der Bezirksliga sei zunächst der Klassenerhalt.
Über zu wenig Spielerinnen im Kader kann sich Daniel Steiner nicht beklagen – im Gegenteil. Vermutlich sei die volle Ersatzbank auch Folge der Philosophie, Interessierte grundsätzlich aufzunehmen und niemanden abzuweisen. Kontakt zum Trainer und zur Mannschaft gibt es über die Homepage des Vereins. (sfl)