Studie zu Lkw-StellplätzenReichshofer Autobahnparkplatz schneidet beim ADAC besonders schlecht ab

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Blick auf eine Kolonne von Lkws auf einem Autobahnrastplatz

Viel zu wenige Parkplätze für Lkw gibt es laut ADAC auf der Hasbacher Höhe zwischen Bergneustadt und Reichshof.

Der Automobilclub spricht von gefährlichen Manövern – eine Reportage vor Ort.

Auf Marcel Kolbe wirkt das bunte Plakat, das die Autobahn GmbH an das Toilettenhäuschen der Raststätte Hasbacher Höhe hat schrauben lassen, wie purer Hohn. „Entspannt unterwegs auf deutschen Autobahnen“ steht dort gedruckt. Kolbe, Brummi-Fahrer aus der Steiermark, blickt auf die Uhr. Mittwoch, kurz vor 17 Uhr: Hauptkampfzeit der Lkw-Piloten um die letzten freien Autobahn-Parkplätze Oberbergs. Auf der Hasbacher Höhe ist es jetzt alles – nur nicht entspannt.

Bundesweit fehlen mindestens 20 000 Stellplätze für Lastwagen, schätzt der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC), der zuletzt seine Tester losgeschickt hat, um die Zustände vor Ort zu dokumentieren. Das Resultat bezeichnet der ADAC als „besorgniserregend“. Doch die Parksituation auf genau jenem Rastplatz zwischen den Anschlussstellen Bergneustadt und Eckenhagen stach bei der bundesweiten Analyse noch einmal besonders negativ hervor. „Katastrophal – wer die Lage anders benennt, lügt sie schön“, winkt Kolbe ab.

Mit gutem Willen bietet die Hasbacher Höhe in Fahrtrichtung Olpe zwei Dutzend Sattelzügen Raum. Der ist längst besetzt. Ein 40-Tonner mit polnischem Bier eröffnet die zweite Reihe, ein Kies-Laster und ein Öl-Transporter schließen sich sofort an. Der Fahrer eines Bauholz-Brummis zieht durch und rastet nun nahe dem Beginn des Beschleunigungsstreifens.

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Kolbe kennt das Spiel, er steuert mehrmals im Monat eine Reichshofer Firma an. In seiner Heimat Österreich wurde das Fernstraßennetz 1997 privatisiert. „Parkplätze sind aber auch dort Mangelware – immerhin sind die Raststätten moderner“, berichtet der Fahrer.

Ortswechsel: Im Büro der Waldbröler Spedition Peisker macht Andreas Harkebusch seinem Ärger über die hiesigen Lkw-Rastanlagen Luft. Der 48-Jährige, der seit Jahren mit dem Brummi durch Europa kurvt, ist sich mit Peisker-Betriebsleiter Mario Neumann sofort einig: „Die Situation als Katastrophe zu bezeichnen, ist nicht übertrieben.“ Bereits um 15 Uhr sei entlang der deutschen Hauptverkehrsadern kein freier Platz mehr zu bekommen, weiß Harkebusch.

Katastrophal – wer die Lage anders benennt, lügt sie schön.
Marcel Kolbe, Brummi-Fahrer aus der Steiermark

Er berichtet von Kollegen, die aus purer Verzweiflung halb auf der Fahrspur übernachten – ans Heck des Aufliegers eine Warnweste geknotet und hoffend, dass es in der Nacht nicht plötzlich fürchterlich knallt. Noch schlimmer sei indes der fehlende Respekt gegenüber den Fahrern, ergänzt Betriebsleiter Neumann. „Die werden behandelt wie der letzte Dreck.“ Andreas Harkebusch bestätigt, dass man selbst auf hochpreisigen Rasthöfen „am liebsten mit Gummistiefeln in die Dusche geht“.

Er mache immer drei Kreuze, wenn die deutsche Grenze hinter ihm liege, betont der Waldbröler. In weiten Teilen des Kontinents sei die Situation deutlich entspannter „als in der Kampfarena deutscher Autobahnen“. In die gleiche Kerbe schlägt Bernd Rave, ebenfalls Spediteur aus Waldbröl. Die deutsche Infrastruktur für den Güterverkehr sei ein Trauerspiel. „Vor allem angesichts der enormen Summen, die wir über die Maut und Steuern auf unsere Fahrzeuge und den Kraftstoff einzahlen“, kritisiert der Speditionschef.

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Zurück auf die Autobahn: Dort gestikuliert eine Gruppe Fahrer wild und zeigt immer wieder auf die gegenüberliegende Seite. Auf der Hasbacher Höhe Nord wurde ein Kleintransporter so abgestellt, dass er unnötig Platz blockiert. Und Platz bedeutet den Fahrern alles. „Der steht schon seit mindestens vier Wochen dort“, schimpft Marcel Kolbe, während der Transporter-Fahrer in Abwesenheit mit russischen Flüchen überzogen wird.

Die Nerven liegen spätestens jetzt blank. Vier Sattelschlepper knubbeln sich schon in der Einfahrt zu Rastplatz. Der Fotograf bricht den Versuch ab, die Kolonne von hinten aufzunehmen – er müsste dazu mitten auf der A 4 stehen. Ein Spanier mit aufgeladenem knallgelben Seecontainer braust auf den Platz, reckt den Hals und realisiert schnell, dass er hier und heute zu spät dran ist. Wütend schlägt er mit der Faust auf das Lenkrad und gibt Vollgas.

Bei denjenigen, die einen Platz für die Nacht ergattert haben, weicht der Druck – vor allem der, den der elektronische Fahrtenschreiber den ganzen Tag unerbittlich gemacht hat. Heute ziehen die Fahrer beruhigt die Gardinen zu – aber morgen Nachmittag beginnt die Schlacht um den Schlafplatz garantiert aufs Neue.

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