Seltene EntdeckungWildkatze nach mehr als 70 Jahren wieder in Waldbröl gesichtet

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Nach mehr als 70 Jahren der Abstinenz ist die Wildkatze offenbar in die Wälder auf dem Nutscheid-Höhenzug bei Waldbröl zurückgekehrt.

Nach mehr als 70 Jahren der Abstinenz ist die Wildkatze offenbar in die Wälder auf dem Nutscheid-Höhenzug bei Waldbröl zurückgekehrt.

Nach mehr als 70 Jahren ist die Wildkatze offenbar in den Nutscheid-Höhenzug bei Waldbröl zurückgekehrt. Das zeigt ein Projekt des BUND.

Wenn sich Iris Beer plötzlich in den Wäldern oberhalb der Waldbröler Ortschaft Spurkenbach ins Grüne duckt, die ebenso grüne Sprühflasche zückt und abdrückt, dann sollte man niemals in Windrichtung stehen. Das, was die Waldbrölerin da versprüht, ist atemberaubend. Im wahrsten Sinne. „Pures Baldrian“, verrät Beer und drückt erneut. Von oben bis unten macht sie einen Stock nass damit. Wildkatzen lieben Baldrian. Und weil sie Baldrian lieben, reiben sie sich am duftenden Holz – und hinterlassen Fell.

„Somit wissen wir heute ganz sicher: Die Wildkatze ist nach mehr als 70 Jahren endlich ins Oberbergische und nach Waldbröl zurückgekehrt“, erklärt Katharina Stenglein. Sie ist die Landeskoordinatorin des Projekts „Wildkatze“ beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): Am Donnerstag haben sie, Wildkatzen-Botschafterin Iris Beer und Revierförster Malte Haase vom Landesbetrieb Wald und Holz das BUND-Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ vorgestellt. Befristet ist dieses auf bislang sechs Jahre.

2019 noch war die Suche nach der Wildkatze in Waldbröl nicht von Erfolg gekrönt

Erstmals hat sich der Landesverband 2019 in Oberberg auf die Pirsch begeben und in den Wäldern auf dem Nutscheid-Höhenzug der Wildkatze aufgelauert – damals ohne Erfolg. „Jetzt aber konnten wir einen Kater und eine Katze nachweisen“, verrät Stenglein. Zehn jener Lockstöcke hat Iris Beer im Winter vergangenen Jahres in den Waldboden geschlagen, im Februar und März fanden sich daran – zwischen Hundehaar und Wildschweinborsten – auch die ersten verwertbaren Fellreste. Diese wurden zur Analyse an das Senckenberg-Institut in Frankfurt am Main geschickt.

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„Im Juli erhielten wir das Ergebnis, dass sich mindestens zwei Wildkatzen an den Waldbröler Stöcken geschuppert haben“, führt Katharina Stenglein aus. Wo die Stöcke stehen, das bleibt indes geheim: Das Wildtier steht unter strengem Schutz, es ist sehr scheu und meist nachtaktiv. „Hunde müssen also unbedingt an die Leine – aber das ist in einem Naturschutzgebiet wie eben der Nutscheid ohnehin Pflicht“, betont Förster Haase. Er ist stolz auf die Rückkehr der seltenen Katzenart: „Sie zeigt, wie wertvoll und vor allem abwechslungsreich der Wald in Oberberg ist.“

Bisher haben wir uns gefragt: Warum ist das Tier südlich der Sieg anzutreffen, aber nicht nördlich davon?
Katharina Stenglein, Projektkoordinatorin „Wildkatze“ beim BUND

Und nicht nur das: Weil die Wildkatze am liebsten Mäuse jeder Art verspeist, ist sie Förstern und Forstbesitzern ein fleißiger Helfer. Und der liebt Mischwald ebenso wie Totholz – egal, ob stehend oder liegend – und offene Flächen für die Mäusejagd. „Ihre Jungen zieht die Wildkatze gern in Verstecken auf, in Holzpoltern etwa“, ergänzt Fachfrau Stenglein und blickt zurück: „Bisher haben wir uns gefragt: Warum ist das Tier südlich der Sieg anzutreffen, aber nicht nördlich davon?“

Auch der anderen Seite der Kreisgrenze zu Oberberg ist das Wildtier längst angekommen

Auf der anderen Seite der Kreisgrenze ist die Wildkatze längst angekommen, so auch in Waldbröls Nachbargemeinde Windeck. 2011 war der scheue Vierbeiner erstmals im Rhein-Sieg-Kreis wieder gesichtet worden, damals noch im Siebengebirge bei Königswinter. Im Frühjahr 2014 streifte die Wildkatze schließlich auch durch Wälder rund um Lohmar.

Als gebürtige Waldbrölerin und Wanderreitführerin kennt Iris Beer die Nutscheid-Wälder wie ihre Westentasche, seit mehr als drei Jahrzehnten ist die 60-Jährige aus Büscherhof auch da unterwegs. „Wenn wir Stöcke aufstellen, dann unbedingt hier bei Spurkenbach“, sagt sie. „Auf der einen Seite haben wir eben die Sieg, auf der anderen Seite das Waldbröler Pochetal – und das ist genial für die Wildkatze.“

In die Büsche gehängt hat sie zudem Wildtierkameras, die bewegte Bilder liefern sollen von der Katze. Einmal in der Woche nimmt Beer die Stöcke unter die Lupe und sichert Spuren für den BUND, stellt neue Stöcke auf, schnitzt mit dem Taschenmesser Kerben hinein – und prompt steigt die nächste dicke Baldrian-Wolke auf. „Mein Kater Rocky sieht mich heute viel verliebter an als sonst.“

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