Weil oft Antiquitäten und wertvolle Sammelobjekte in der Einrichtung landen, eröffnet diese mitten in der Marktstadt ein weiteres Geschäft.
SchnäppchenjagdAm Samstag brummt es immer richtig in Waldbröls „Kaufhaus für Alle“

Neue Ware ist angekommen: Gut gelaunt nimmt Hamid Jafari im Waldbröler „Kaufhaus für Alle“ Spende um Spende entgegen.
Copyright: Jens Höhner
Samstag, 11.45 Uhr. Wie vom Donner gerührt bleibt der Mann im Eingang stehen, in den Händen trägt er eine Getränkekiste, darin klirren leere Bierflaschen. Das Pfandgeld aber bekommt er diesmal nicht zurück: Da, wo früher ein Getränkemarkt gewesen ist, dort hat am 1. April das „Kaufhaus für Alle“ seine neue Bleibe gefunden – noch aber stehen die alten Schilder an der Industriestraße 1 in Waldbröl. „Die machen wir jetzt ab“, kündigt Kaufhaus-Geschäftsführer Frank-Peter Twilling an und schüttelt den Kopf. Denn auch nach vier Monaten wollen Boten immer noch Post und Pakete abgeben, andere Getränke kaufen oder eben Leergut loswerden.
„Dennoch hat es sich gut herumgesprochen, wo das Kaufhaus jetzt zu finden ist“, sagt er und freut sich, dass die Zahl der Kundinnen und Kunden nahezu dieselbe ist wie am früheren Standort in der Mitte der Marktstadt: „Etwa 3500 Menschen kaufen in der Woche bei uns ein.“

Im „Kaufhaus für Alle“ finden Dajana Schaffrath und ihr Söhnchen Oskar immer etwas Schönes. Die Journalistin stammt aus Ruppichteroth und lebt heute in Köln, dennoch kommt sie einmal im Monat zum Stöbern nach Waldbröl.
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Auch an diesem Samstag brummt es. Nicht nur im Verkauf, auch in der Annahmestelle: Da hat Hamid Jafari gerade alle Hände voll zu tun. Der 28-Jährige aus Afghanistan nimmt Spenden um Spenden entgegen, seit zwei Jahren arbeitet er im „Kaufhaus für Alle“. Er ist einer von zwölf Festangestellten, hinzukommen etwa 60 ehrenamtlich Tätige. Zu ihnen gehört Kassiererin Claudia Ketels. „Für den Ruhestand habe ich nach einer sinnvollen, nach einer ehrenamtlichen Beschäftigung gesucht“, sagt die 66-Jährige aus Morsbach. „Hier trifft man auf die unterschiedlichsten Menschen – Menschen jeden Alters und jeder Herkunft.“
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Das neue Grundstück in Waldbröl ist viel größer als das alte und bietet auch Parkraum reichlich
Gesichtet und geprüft wird in der Woche, was in der Annahme ankommt, dann wird zudem sortiert – und natürlich aussortiert. „Montags machen wir Spielzeug“, schildert Frank-Peter Twilling und öffnet die Tür zu einem der vielen Lagerräume: Dahinter parken Spielzeugautos in den Regalen, Brettspiele türmen sich, Puppen schlummern in Einkaufswagen. „Hier, am neuen Standort, bekommen wir viel, sehr viel mehr an Spenden als in der Stadtmitte“, berichtet der Waldbröler und erklärt dies mit der günstigen Lage des rund 5200 Quadratmeter großen Grundstücks und mit den vielen Parkplätzen darauf. „Auch wächst unser Einzugsbereich immer weiter.“
Um 6.30 Uhr kommt er spätestens zur Arbeit, um 7 Uhr ist Beginn für alle. Fünf Kolleginnen und Kollegen sind samstags im Einsatz, Feierabend ist um 13.30 Uhr. „Dann müssen wir noch aufräumen.“ Weil diesmal aber auch ein Monatsabschluss ansteht, wird er selbst erst gegen 16, 17 Uhr nach Hause gehen.

Die Kommode kommt und bereichert fortan die „Rotwein-Lounge“: Edith Nosbach aus Wiehl ist Stammkundin im „Kaufhaus für Alle“ und lässt ihrer Kreativität gerne freien Lauf.
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Kleidung, Möbel, Hausrat sowie Bücher, Tonträger und Spielzeug, das sind die Abteilungen im Sozialkaufhaus. 40 Prozent des Umsatzes komme aus dem Verkauf von Kleidung, so der Geschäftsführer. Immer wieder landen Antiquitäten, Raritäten und wertvolle Sammelobjekte an der Industriestraße, etwa aus Nachlässen und der Auflösung von Haushalten. „So etwas können wir hier natürlich nicht für 2,50 Euro verramschen, damit es dann prompt im Internet versteigert wird“, betont Twilling. Daher eröffne das Kaufhaus in Kürze eine Zweigstelle für solche Dinge an der Kaiserstraße.
Unterdessen hat Stammkundin Edith Nosbach gefunden, was ihr noch gefehlt hat für die „Rotwein-Lounge“, die sich die Wiehlerin in ihrem ehemaligen Hühnerstall eingerichtet hat: „Der sieht aus wie ein Hexenhaus und diese Kommode passt perfekt hinein – wenn ich sie weiß gestrichen habe.“

„Solange ich das Kaufhaus morgens pfeifend aufschließe und es ebenso pfeifend am Abend zusperre, mache ich diesen Job“, sagt der Waldbröler Frank-Peter Twilling, der gerade seinen 70. Geburtstag gefeiert hat.
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Weiß ist auch die kleine Holzbank mit einem Regenbogen auf der Lehne, in die sich der anderthalbjährige Oskar verguckt hat, aufstehen will er nicht. Mutter Dajana Schaffrath kommt aus Ruppichteroth, mit der Familie lebt sie heute in Köln. „Das Kaufhaus ist immer einen Ausflug wert“, findet sie und schaut sich um nach Bastelbedarf. „Einmal im Monat suchen wir hier nach neuen Schätzen.“
Die sind im Verkaufsraum schön aufgebaut, gegen 12.30 Uhr ist der voll mit Kundschaft. Der Kontakt zu den Menschen bereite ihm Freude, Gutes zu tun und helfen zu können ebenfalls, sagt Frank-Peter Twilling bei einem Blick in den Laden. Jüngst hat er seinen 70. Geburtstag gefeiert, ans Aufhören denkt Twilling aber noch lange nicht: „Solange ich das Kaufhaus morgens pfeifend aufschließe und es ebenso pfeifend zusperre, mache ich diesen Job.“
Neuer Laden für Rares und Seltenes
Noch gut zwei Wochen werde es dauern, schätzt Kaufhaus-Geschäftsführer Frank-Peter Twilling, bis der zweite, ein neuer Standort eröffnen kann: In einer früheren Änderungsschneiderei an der Kaiserstraße 38a in der Waldbröler Stadtmitte bietet das „Kaufhaus für Alle“ künftig Wertvolles, Raritäten und Antiquitäten, deren Preise dann etwas höher sind als die der Waren an der Industriestraße. „Aber immer noch sehr günstig“, verspricht Twilling, der noch einen Namen für das neue Geschäft sucht – erste Ideen: „Bares für Raritäten“ und „Raritäten für Alle“. Geschirr, Besteck und Porzellan sowie Kunstgegenstände gehören zudem zum Sortiment.
Öffnen soll der Laden mit einer Gesamtfläche von etwa 70 Quadratmetern zunächst montags, freitags und samstags. Fünf der zurzeit Beschäftigten wollen den Betrieb dort dann stemmen.