Mein LieblingsbuchWiehlerin gebannt von Buch über zerrissenes Deutschland

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„Respekt geht anders“ ist Heidrun Vogels aktuelles Lieblingsbuch.

Wiehl – „Habe ich ein Lieblingsbuch oder sind Bücher meine Lieblinge?“ Heidrun Vogel ist sich da nicht sicher. „Eigentlich wechselt das im Jahresrhythmus, manchmal auch halbjährlich.“ Derzeit liest die Wiehlerin „Respekt geht anders“ von Gabriele Krone-Schmalz. „Ein tolles Buch“, sagt sie. Doch im vergangenen Herbst sei ihr absoluter Favorit die Biografie „Das Dorf und die Welt“ von Maria Mies gewesen, schildert die 66-Jährige.

Auf der Suche nach einer Unterkunft zur Erholung nach zwei Operationen sei sie auf ein Hotel in Steffeln in der Vulkaneifel gestoßen, dort wurde die Autorin geboren. Mit ihr hatte Vogel, die bis vor elf Jahren in der Domstadt gelebt hat, schon früher Kontakt, etwa beim „Kölner Aufruf gegen Computergewalt“ vor gut zehn Jahren.

Insgesamt zwölf Geschwister

„An unserem Urlaubsziel angekommen, haben wir uns das Buch wechselseitig vorgelesen“, erinnert sich ihr Lebenspartner Werner Voß. So habe Maria Mies als siebtes Kind in einer Reihe von zwölf Geschwistern mit Tieren unter einem Dach gelebt sowie in dem kleinen Dorf Selbstversorgung und ein Leben ohne Bargeld erfahren. „Ich war überrascht, dass in dieser abgelegenen Gegend nahe der belgischen Grenze noch bis Anfang der 1960er Jahre Tauschhandel üblich war.“

Das Elternhaus der inzwischen 90 Jahre alten Soziologin sei nur rund zwei Kilometer vom Hotel entfernt gewesen, berichtet Vogel. „Jeden Tag erfuhren wir mehr Persönliches und Historisches, was uns tief bewegt hat.“ Die Lebensgeschichte der Globalisierungsgegnerin und ihr Kampf gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Kolonialisierung sei eine wirkliche Bereicherung gewesen. „Diese Woche in unserem schönen Hotel bleibt mir auch deshalb lebhaft in Erinnerung, weil wir vor diesem Hintergrund das Leben in der Eifel viel besser verstehen gelernt haben – damals und heute.“

Bücher sind ihre Leidenschaft

Bücher sind eine Leidenschaft von Heidrun Vogel. Sie schätzt, dass im ganzen Haus mehr als 1000 Bücher verteilt sind: „Ich kann kein Buch wegwerfen.“ Schon in ihrer Kindheit sei sie eine Leseratte gewesen und habe die Geschichten ihrer Mutter genossen. Ihr Portfolio reicht von Klassikern über Gesellschaftskritik bis hin zu Wirtschaftsliteratur. „Abends steht dann Belletristik auf dem Programm.“ Die Corona-Zeit hat sie mit Wandern und viel Lesen verbracht: „Ich hatte nicht das Gefühl, etwas zu verpassen – anstelle kultureller Angebote habe ich eben Beziehungen aufgebaut.“

So habe sie während der Pandemie durch Bücher interessante Kontakte knüpfen können und dadurch jeweils eine ganz besondere Verbundenheit zu Menschen, Tieren, Regionen und Ländern entwickelt, etwa durch „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“ von Andrea Wulf oder „Das herzensgute Schwein“ von Sy Montgomery. „Seit März 2020 habe ich begonnen, regelmäßig mit zwei Freundinnen zweimal pro Woche jeweils rund eine Stunde zu telefonieren“, erzählt die Wiehlerin. Zwar sei es dabei auch um persönliche Themen, jedoch meist um die Inhalte verschiedener Bücher gegangen. Immer am Ende eines Gespräches sei die bis zum nächsten Mal zu lesende Textpassage vereinbart worden.

Besondere Fähigkeiten der Journalistin

Vogels derzeitiges Lieblingsbuch ist „Respekt geht anders“ von Gabriele Krone-Schmalz. Sie bewundert die Fähigkeit der Journalistin, dem Leser ein möglichst reales Bild vom Zustand der Welt zu vermitteln und ihre Art und Weise, sich gegen Feindbilder und gegen ein aggressives Klima der Intoleranz zu wenden. Ein Zitat hat es ihr besonders angetan: „Wie wäre es, nach Gemeinsamkeiten zu suchen statt aufeinander herumzuhacken, Kompromisse zu würdigen statt auf Maximalforderungen zu beharren und sich einen Blick dafür zu bewahren, wie viel auch gut läuft in Deutschland“.

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Heidrun Vogel schätzt die gründlichen Recherchen der ehemaligen Moskau-Korrespondentin und ihre Einstellung für sozialen Frieden und gegen ein „Schwarz-Weiß“ in der Gesellschaft: „In dem Buch habe ich mich wiedergefunden.“ Sie ist überzeugt davon, dass es nicht ihr letztes Lieblingsbuch sein wird: „Es gibt so viel zu entdecken und meine Neugier aufs Lesen hört nicht auf.“

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