Aussortierte HühnerWipperfürtherin nimmt alte Legehennen aus Massentierhaltung auf

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Hühnerretterin Jutta Felderhoff. 

Wipperfürth – Bei Jutta Felderhoff in Egen leben zwölf Hühner und ein Hahn. Die Tiere stammen aus industrieller Massenhaltung und waren eigentlich schon aussortiert worden. Bei der Grundschullehrerin haben sie ein neues Zuhause gefunden. Wir waren zu Besuch auf einem ganz besonderen Hühnerhof.

Hahn Konstantin und seine Damen sind ganz aufgeregt, wenn Felderhoff nach Feierabend das Stalltürchen öffnet und die fröhliche Hühnerschar zum Gartenspaziergang bittet. Das ist immer Jutta Felderhoffs erste Amtshandlung, wenn die Grundschulleiterin nach Hause kommt.

Fröhlich, das waren die Hennen nicht immer. Sie kommen aus Legebatterien, wo durch künstliches Licht Tag und Nacht vorgegeben ist, wo sie ganz wenig Platz haben, um sich zu bewegen und dass man auf dem Boden tief scharren kann und das ganz viel Spaß macht, kannten sie vorher ebenfalls nicht.

Sind die Tiere im Betrieb nicht mehr rentabel und legen ihre Eier nach einer Weile nicht mehr wie am Fließband, werden sie aussortiert. „Dafür kriegen die Besitzer eigentlich Geld und die Legehennen werden dann zu Tierfutter verarbeitet.

Verein Hühnerrettung NRW

Einige scheinen aber doch ein Herz zu haben und geben sie zum Verein Hühnerrettung NRW, der diese dann an Menschen verteilt, die Freude an ihnen haben“, weiß Felderhoff. Dort hat sie Tuck-Tuck, Hanni und die anderen her. Konstantin ist aus Bergisch Gladbach und wäre ohne sie im Suppentopf gelandet.

Mehr über den Verein finden Sie hier. 

Die Idee kam der Schulleiterin, als sie die Folge „Vom Glück, Hühner zu retten“ der WDR-Sendung „37 Grad“ betrachtete. Der Garten des alten Schulhauses von Egen, in dem sie lebt, eignete sich vorzüglich dafür und da ihr Mann Schreiner ist, hatte sie mit dessen Hilfe auch schnell einen Stall, um die Tiere artgerecht unterzubringen.

Alle paar Monate gibt es Zuwachs, dem Verein sei es wichtig, dass die Tiere würdig abgeholt werden, sagt die Hühnerretterin. Und deshalb hat sie eine alte Wäschekiste ihrer Oma umgebaut.

Nur ein Huhn im Stall ist vom Züchter

Ziehen neue Hühner ein, dann in Kleingruppen. „Eigentlich ist es Stress für die bestehende Gruppe, sie gewöhnen sich aber immer schnell aneinander“, hat Felderhoff beobachtet.

„Sobald die neuen Hennen die Kiste verlassen, verändern sie sich, leben auf. Was ist das eine Freude, wenn eine ein Würmchen findet und alle anderen flitzen durch den Garten hinterher“, beobachtet sie.

Bei Ankunft seien die Tiere oft in einem schlechten Zustand, kaum Gefieder. Ein halbes Jahr dauert es, bis sie sich optisch und mental erholt haben von den bisherigen Strapazen, denn sie sind ausgemergelt und ausgebeutet.

Da spielt sicherlich auch Felderhoffs liebevolle Aufnahme eine große Rolle, denn jedes Huhn wird von ihr individuell und mit Respekt behandelt, jedes hat seine eigenen Charakterzüge und die kennt sie ganz genau – und hat ein Herz für die Schwächsten. Tuck-Tuck ist ein Lieblingshuhn. „Weil sie so erbärmlich aussah, der Schwanz fehlt“, begründet Felderhoff. „Und Hanni wurde erst von den anderen gemobbt und dann vom Bussard angegriffen.“

Hühner legen frische Eier

Der Bussard macht ihr sowieso gerade Sorgen, deswegen bleibt sie stets dabei, wenn die Hühnerschar spazieren geht. Um 5.30 Uhr am Morgen beginnt Jutta Felderhoff mit ihrer Arbeit, bereitet Nudeln mit Knoblauch und Katzenfutter zu, schabt den Kot im Stall weg und schaut, ob frische Eier in den Nestern liegen.

So viel Freude, wie Felderhoff an den Hühnernauch hat, war ihr bei der Anschaffung aber nicht klar, dass auch ein Entbehrungen dazugehören. Drei ihrer Tiere musste sie schon gehen lassen. „Als das erste gestorben ist, habe ich geheult, wie ein Schlosshund“, erinnert sie sich wehmütig. „Und man ist gebunden. Einfach in Urlaub fahren? Das geht nicht!“, fährt sie fort.

Auch eine Adelige findet sich in der Gruppe, Gloria von Egen. Sie ist das einzige Huhn vom Züchter. „Ich wollte unbedingt ein schwarzes Huhn haben“, erklärt Felderhoff – und hat es prompt von ihrem Mann zum Hochzeitstag bekommen.

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Die gelegten Eier verkauft Jutta Felderhoff nicht, sondern verschenkt sie oder bringt sie mit zum Frühstück mit dem Lehrerkollegium in der Grundschule Schalksmühle, die die frühere Kreuzberger Schulchefin inzwischen leitet. Und eines ist gewiss: wer einmal ein solches Ei gegessen hat und die Geschichte dazu kennt, wird sich in Zukunft gut überlegen, nach welchen Kartons er künftig im Ladenregal greifen wird.

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