Hilfslehrer am LimitWie Eltern in Wipperfürth und Lindlar das Homeschooling meistern

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Eltern sind in der Corona-Pandemiedoppelt gefordert: Sie sollen von zuhause aus Arbeiten und müssen beim Distanzunterricht auch ihren Kindern helfen.

Eltern sind in der Corona-Pandemiedoppelt gefordert: Sie sollen von zuhause aus Arbeiten und müssen beim Distanzunterricht auch ihren Kindern helfen.

Wipperfürth/Lindlar – Andrea Lamsfuß aus Wipperfeld hat drei Kinder im Grundschulalter. Für die Dritt- und Viertklässler gebe es täglich Videokonferenzen, für die Jüngeren mehrmals pro Woche. Die Aufgaben für die kommende Woche kommen am Wochenende per E-Mail. „Die Kinder machen das super, die Lehrer tun das, was möglich ist“, so ihre Erfahrung. Dennoch sei das Lernen am Bildschirm, ohne realen Kontakt mit Klassenkameraden und Lehrern, nur eine Notlösung. Anstrengend sei, dass man kein Ende der Durststrecke sehen könne. Sie hofft, dass die Inzidenzzahlen weiter zurückgehen. „Alle sehnen sich nach Wechselunterricht“, so ihre Erfahrung. Über WhatsApp tauscht sie sich regelmäßig mit anderen Eltern aus, denn Lamsfuß ist auch Elternpflegschaftsvorsitzende der Grundschule in Wipperfeld. „Die meisten Eltern ertragen es mit Fassung, es fehlt die Alternative.“ Sehr belastend sei Homeschooling vor allem in Familien mit zwei berufstätigen Eltern.

Thomas Steffan aus Lindlar hat drei schulpflichtige Kinder. Er ist Pflegschaftsvorsitzender der Realschule Lindlar und berichtet, dass es mit Homeschooling anfangs viele Probleme gab, vor allem mit dem Videounterricht. Das Lernportal Logineo, entwickelt vom Land NRW und den Kommunen, verfüge zwar auch über ein Videotool. „Aber damit gab es in den ersten Monaten nur Schwierigkeiten“, erinnert sich Steffan. Jetzt setze die Lindlarer Realschule stattdessen auf „Big Blue Button“, das Videokonferenzprogramm eines kommerziellen Anbieters. Das funktioniere reibungslos.

Einige Lehrer hätten anfangs erwartet, dass die Schüler ihre fertigen Aufgaben zum Ende der Online-Stunde hochladen und versenden - ohne Hilfe könne das für Unterstufenschüler schwierig sein. Nach Rücksprache mit Schulleiter Ralf Grünewald habe man vereinbart, dass Aufgaben bis zum frühen Abend geschickt werden können. Mittlerweile habe sich das eingespielt. „Viele Eltern sorgen sich aber darum, dass ihre Kinder nicht mehr mitkommen“, weiß Steffan aus zahlreichen Gesprächen.

Fehlende Sozialkontakte für Kinder am schwersten

Andrea Münnekehoff aus Wipperfürth ist Elternvertreterin an der Antonius-Grundschule Wipperfürth, gemeinsam mit Tanja Timm. Sie haben in allen Klassen die Eltern nach ihren Erfahrungen befragt, die Eltern durften Noten vergeben. Mindestens 50 Prozent der Eltern hätten sich daran beteiligt. Gefragt wurde nach der eigenen Situation, nicht nach der Qualität des Online-Unterrichts.

Schulöffnungen nicht vor Pfingsten

Eine Rückkehr zum Wechselunterricht rückt näher. In Oberberg lag die 7-Tage-Inzidenz am Freitag erstmals unter 165. Fünf Werktage in Folge mit einer Inzidenz unter 165 sind Voraussetzung für eine Schulöffnung. Dann können am folgenden Montag die Schulen wieder öffnen.

Für die Woche nach Pfingsten gilt dabei laut dem Schulministerum des Landes Nordrhein-Westfalen eine Besonderheit: Sollten die Inzidenzwerte in der Vorwoche (20. Kalenderwoche, einschließlich Samstag) eine Rückkehr zum Wechselunterricht in der Folgewoche zulassen, erfolgt diese Rückkehr wegen des Feier- und des Ferientages ausnahmsweise am Mittwoch, 26. Mai. Also erst am ersten Schultag nach den Pfingstferien.

„60 Prozent vergeben für ihre eigene Belastung die Note 5 und 6. 20 Prozent geben eine 4, 20 Prozent liegen zwischen 1 und 3“, schildern die beiden Mütter. Auch Andrea Münnekehoff betreut zuhause drei Grundschulkinder. Technik und die Organisation würden auf Distanz hervorragend funktionieren, aber der weitgehende Verzicht auf soziale Kontakte sei für die Kinder sehr schwer. Das sieht auch Tanja Timm so. Sie ärgert sich, dass bei der Entscheidung über Präsenzunterricht nur der starre Inzidenzwert des Kreises ausschlaggebend sei, obwohl in Wipperfürth die Infektionszahlen niedriger sind als etwa in Radevormwald oder Gummersbach. „Die Kinder, die in Wipperfürth die Grundschulen besuchen, kommen doch alle aus Wipperfürth“, sagt sie.

Die Arbeit als Hilfslehrerin auf der einen Seite und das Homeoffice auf der anderen Seite – für Andrea Münnekehoff ein Spagat, der kaum noch zu stemmen sei. Von allen Seiten komme Druck. „Mein Arbeitsvertrag umfasst 35 Stunden pro Woche, die arbeite ich größtenteils in der Nacht.“

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Drei Lehrer der Antoniusschule haben ebenfalls ihre Erfahrungen mitgeteilt. Übereinstimmend berichten sie, dass der Online-Unterricht aus Lehrersicht zwar gut funktioniere, einige Familien aber Probleme hätten. Was fehle, seien die gemeinsamen Lernerfahrungen, Gruppenarbeiten, Experimente, der gemeinsame Sport und das Singen. „Die Kinder brauchen dringend ihre Kontakte und ,echten’ Unterricht. Die Luft ist raus’, schildert eine Lehrkraft ihre Erfahrungen.

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