40 Meter in der LuftWie Arbeiter fast unsichtbar die Holzbachtalbrücke sanieren

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Der kritische Blick unter die Brücke: Auf der Schwebebühne argieren die Arbeiter in luftiger Höhe.

  • Die Holzbachtalbrücke auf der A4 wird saniert – doch die Autofahrer kriegen davon fast nichts mit.
  • Denn die Arbeiter operieren fast unsichtbar und in gefährlicher Höhe unter der Brücke.
  • Sind Sie eigentlich schwindelfrei? Eine Reportage von der A4 bei Overath.

Overath – Der Verkehr fließt flüssig über die verschwenkten Fahrstreifen der A4 auf der Holzbachtalbrücke und mancher Autofahrer wundert sich: Sollte hier nicht gearbeitet werden? Kaum jemand aber ahnt, dass er dabei vielleicht gerade über die Arbeiter hinweggefahren ist.

„Die meisten Arbeiten werden für die Verkehrsteilnehmer beinah unsichtbar durchgeführt“, sagt Klaus Albrecht von der Abteilung Brückenbau des Landesbetriebs Straßen NRW. Der Bauingenieur schaltet die gelbe Rundumleuchte auf dem Dach seines Pkw ein und steuert zwischen den Baken hindurch in den abgesperrten Teil der Baustelle auf der bis zu 35 Meter hohen Talbrücke kurz hinter der Ausfahrt Overath-Untereschbach.

Drehbar und ausfahrbar ist die Plattform unter der Brücke.

Drehbar und ausfahrbar ist die Plattform unter der Brücke.

Albrecht stoppt den Wagen vor einem merkwürdigen Gefährt, einer Art Autokran mit seitlichem Auslieger. „Das ist ein Unterflurgerät“, erklärt der Brückenexperte, drückt dem Besucher eine Warnweste in die Hand und steigt auf den Ausleger. „Sind Sie eigentlich schwindelfrei?“, fragt er, als er auf einer Stiege hinauf über die vier Meter hohe Lärmschutzwand geklettert ist. Antwort: kurzes Nicken.

40 Meter in die Tiefe

Jenseits der Lärmschutzwand sind Baumkronen zu sehen – tief unten im Tal. Bis zu 40 Meter tief geht es jetzt nach unten. Klaus Albrecht greift nach einer Strebe des Gittermastes, der am Auslieger des Unterflurgeräts montiert ist und klettert hinein. Auf einer Leiter geht es senkrecht nach unten. Die Baumwipfel kommen näher.

Die Brücke in Zahlen

1971 ist die Holzbachtalbrücke der A4 bei Overath-Steinenbrück errichtet worden.

423 Meter lang ist die Brücke über das Holzbachtal.

22 Betonpfeiler tragen das Brückenbauwerk. Sie sind zwischen 5,74 Meter und 29,50 Meter hoch.

Auf einer Plattform endet der Abstieg. Hier ist der Arbeitsplatz der Spezialisten, die bis Ende des Jahres die Talbrücke sanieren und verstärken. Bis zu 20 Meter weit lässt sich die Plattform unter die Brücke schwenken. Bei jedem Lkw, der oben über die Brücke fährt, wippt sie ein wenig.

„Zunächst einmal suchen wir die Stellen, wo die Betonüberdeckung über der Bewehrung, dem Eisen im Beton, nicht dick genug ist“, sagt der Bauingenieur und klopft gegen den Betonträger über seinem Kopf. Wenn’s hohl klingt, ist das ein Zeichen dafür, dass Eisen im Inneren bereits oxidiert ist und der Beton bald abplatzen kann.

Auf der Autobahn ist nur das Spezialfahrzeug zu sehen (o.r.), über einen Ausleger, der über die Lärmschutzwand ragt, hält es die Arbeitsplattform unter der Brücke (u.r.), die bis zu 35 Meter hoch ist. (l.).

Auf der Autobahn ist nur das Spezialfahrzeug zu sehen (o.r.), über einen Ausleger, der über die Lärmschutzwand ragt, hält es die Arbeitsplattform unter der Brücke (u.r.), die bis zu 35 Meter hoch ist. (l.).

„Rost braucht mehr Platz und dehnt sich aus“, erklärt Albrecht. Solche Stellen werden markiert und im nächsten Schritt wie bereits abgeplatzte Stellen saniert. Dabei werden auch einige der Widerlager ausgetauscht, die oben auf den Pfeilern bestimmte Bewegungen der Brücke etwa durch Ausdehnung im Sommer erlauben. „Außerdem werden wir die Holzbachtalbrücke verstärken“, sagt der Bauingenieur und erklärt das Prinzip mit Zuckerstückchen.

Pfeiler vermessen, Klettern, Vollsperrung vermeiden

Klaus Albrecht grüßt zwei Männer, die am Fuß des nächsten Brückenpfeilers Reflektoren anbringen, um die Pfeiler zu vermessen. Die beiden müssen kräftig klettern, denn zwischen den einzelnen Pfeilerpaaren geht es teilweise sehr steil bergauf und bergab.

Auf der Autobahn ist nur das Spezialfahrzeug zu sehen über einen Ausleger, der über die Lärmschutzwand ragt, hält es die Arbeitsplattform unter der Brücke, die bis zu 35 Meter hoch ist. 

Auf der Autobahn ist nur das Spezialfahrzeug zu sehen über einen Ausleger, der über die Lärmschutzwand ragt, hält es die Arbeitsplattform unter der Brücke, die bis zu 35 Meter hoch ist. 

„Mit einem Steiger hätten wir da unten nicht so gut arbeiten können“, sagt der Brückenexperte. Und ein Gerüst bis hier heraufbauen? Klaus Albrecht winkt ab. So ein Unterflurgerät erleichtert Brückenbauarbeiten doch enorm. Und vermeidet im Fall der Holzbachtalbrücke zudem zwei ursprünglich geplante Vollsperrungs-Sonntage.

Die wären nötig gewesen, wenn die Ankerblöcke, mit denen die Stahltrossen an den Enden der Brücke fixiert werden, von Gerüsten vom Boden aus betoniert worden wären. Wenn diese jedoch hängend unter der Brücke montiert werden, schwingen sie mit der Brücke mit und der Beton kann abbinden, auch wenn Verkehr darüber rollt und sie in Schwingungen versetzt.

Jetzt pfeift der Wind unter ihr hindurch. Klaus Albrecht deutet auf eine Kamera. Durch sie sieht der Fahrer des Spezialgeräts oben, was auf der Arbeitsbühne passiert – auch dass die beiden Besucher die Baustelle wieder verlassen, um von einer fast unsichtbaren Baustelle zurück auf die A4 zu klettern.

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