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StichwahlDas haben die beiden Bürgermeister-Kandidaten in Brühl vor

7 min
Zu sehen sind Wahlplakate der beiden Kandidaten und eine Straße.

In Brühl kämpfen Simone Holderried (Grüne) und Marc Prokop (CDU) um die Gunst der Stimmberechtigten bei der Stichwahl um das Bürgermeisteramt am Sonntag, 28. September.

Ob Phantasialand-Ausbau, Haushalt, Mobilität oder Integration: Das sind die Standpunkte von Simone Holderried (Grüne) und Marc Prokop (CDU).

Am Sonntag, 28. September, wird in einer Stichwahl entschieden, wer künftig im Brühler Rathaus das Sagen hat. CDU-Kandidat Marc Prokop und Simone Holderried von den Grünen bemühen sich um den Bürgermeisterposten. In der ersten Runde schnitten die beiden am besten ab, wobei die Zahlen des ersten Urnengangs für Prokop sprechen. Der 56-Jährige verbuchte 47 Prozent der Stimmen, seine gleichaltrige Kontrahentin lediglich 22,5 Prozent. Wolfram Kämpf sprach mit den beiden über ihre Positionen und Ambitionen.

Haushalt und Finanzen

Prokop will sich zunächst bei einem Kassensturz über die finanzielle Lage seiner Heimatstadt informieren und dann schauen, „welche Ausgaben wirklich nötig sind“. Dieser Prozess soll transparent kommuniziert werden. Der Christdemokrat sieht Einsparpotenzial bei größeren Bauvorhaben. Er will künftig verstärkt Generalunternehmern die Umsetzung überlassen. „Die Stadt ist schließlich nicht der bessere Bauunternehmer“, sagt er.

Holderried setzt auf positive Effekte der Digitalisierung. In der Verwaltung könnten so Arbeitsprozesse effizienter gestaltet und mit weniger Personal umgesetzt werden. Angesichts des demografischen Wandels und des altersbedingten Ausscheidens vieler Mitarbeiter sei dieser Ansatz unverzichtbar. Zudem will sie Unternehmen nach Brühl locken, etwa auf das einstige Renault-Gelände in Vochem, und so neue Gewerbesteuerzahler gewinnen.

Alles zum Thema Phantasialand

Wohnen

Beim Thema Wohnraum setzen beide Kandidaten auf eine Stärkung der städtischen Wohnungsgesellschaft Gebausie. Da habe Brühl ein Pfund, sagt Prokop. Um Bezahlbarkeit zu gewährleisten, solle man zudem schauen, ob überall die höchsten Baustandards zur Anwendung kommen müssen. Holderried will vorhandenen Wohnraum besser nutzen. „Es gibt einige große Häuser, in denen nur eine Person lebt. Auf der anderen Seite suchen viele Menschen händeringend Wohnungen. Wir müssen Möglichkeiten schaffen, diese Menschen zusammenzubringen“, findet sie.

Zu sehen ist Marc Prokop.

Marc Prokop tritt als Bürgermeister-Kandidat der Brühler CDU an.

Integration

Holderried sagt, es gelte, bei Unternehmen dafür zu werben, dass Geflüchtete „schnell in Lohn und Brot kommen“. Sie will Integration auf Vereinsebene, in der Kunst- und Musikschule und durch bürgerschaftliches Engagement vorantreiben. Prokop sieht den Schlüssel in der Sprachkompetenz. „Die Sprache ist die Basis, um im Job oder der Schule zurechtzukommen“, sagt er. Dort gelte es auch mit Hilfe von Ehrenamtlern anzusetzen.

Schulen

Prokop hält eine langfristige Priorisierung der nötigen Projekte für den richtigen Weg. Ganz oben stehen für ihn derzeit die Modernisierung der Badorfer Grundschule und der Pestalozzi-Schule. „Auch hier empfiehlt sich das Zusammenspiel mit Generalunternehmern und der Blick auf Fördertöpfe“, betont er. Die bisherige Grünen-Fraktionschefin Holderried will auf keinen Fall an den Schulen sparen. „Dort muss investiert werden“, erklärt sie. Es brauche Orte, an denen es Spaß mache zu lernen und moderne Konzepte umgesetzt werden können. Auch sie denkt zunächst an die Pestalozzi-Schule und Badorfer Grundschule. „Außerdem platzt das MEG aus allen Nähten“, macht sie klar.

Mobilität

Holderried ist für die Einführung eines 15-Minuten-Takts beim Stadtbus. Schwadorf brauche eine Busanbindung und auch die Gewerbegebiete müssen ihres Erachtens besser erschlossen werden. Zudem plädiert sie für sonntägliche Busverbindungen. Eine Erhöhung der Taktfrequenz kann sich Prokop ebenfalls vorstellen – wenn auch unter Berücksichtigung der Finanzierbarkeit. Er ist für die Gleichberechtigung aller Verkehrsmittel und „gegen jegliche Sperrung von Parkplätzen, da manche Bürger auf das Auto angewiesen sind, um zum Arzt oder zu Geschäften zu kommen“. Bevor es nicht auf dem Wicke-Gelände neue öffentliche Parkplätze gebe, dürfe man am Belvedere-Parkplatz nichts ändern.

Kitas

Personelle Engpässe gab es in der jüngeren Vergangenheit auch in Brühler Kitas. CDU-Mann Prokop will verstärkt private Träger mit ins Boot nehmen. Und bei Neubauprojekten auf die gleichzeitige Schaffung der nötigen Infrastruktur achten. „Dazu zählen auch Kitas und der Zugang zu Grundschulen“, macht er klar.

Holderried sieht es als gesellschaftliche Herausforderung an, dem Erzieherberuf höheres Ansehen zu verschaffen. „Möglicherweise können wir Menschen aus Spanien oder Portugal anwerben, wo es eine hohe Jugendarbeitslosigkeit gibt“, sagt sie. Eine Chance, die Fachkräfte zu entlasten, sieht sie auch in der verstärkten Beschäftigung von Kräften mit weniger umfangreicher Ausbildung. „Bei den Kitas braucht es eine Offensive. Denn gute Kitas sind ein Schlüssel für Fortschritte in der Gesellschaft. Die dortige Betreuung ermöglicht zum Beispiel auch größeres berufliches Engagement der Eltern, was zusehends wichtiger werden wird.“

Pflege

Beide Kandidaten wissen um den Mangel an Pflegeplätze in Brühl, der sich angesichts der älter werdenden Bevölkerung noch verschärfen wird. Und beide hoffen auf neue Seniorenheime, etwa an der Hedwig-Gries-Straße in Brühl-Ost. Diese Vorhaben wollen sie unterstützen. Holderried sieht auch hier das Problem des Fachkräftemangels. Man müsse sich offensiv um Arbeitskräfte bemühen und Ausbildung vorantreiben, findet sie. „Es ist gut, dass es die Fachstelle Älterwerden in Brühl gibt“, sagt die Grünen-Politikerin. Sie will zudem pflegende Angehörige und ambulante Angebote unterstützen, um Menschen möglichst lange im gewohnten Zuhause ein gutes Umfeld zu bieten. Das findet auch Prokop richtig. Er will die Schaffung von Mehrgenerationenhäusern fördern und privaten Trägern beim Bau von Pflegeheimen zur Seite stehen.

Wirtschaft

Das Thema Arbeitsmarkt betrachten die beiden Konkurrenten um das Bürgermeisteramt aus teils unterschiedlicher Perspektive. Holderried sieht künftig die Schwierigkeit, ausreichend Menschen für die nötige Arbeit zu gewinnen. „Der demografische Wandel und das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsmarkt wird dazu führen, dass es nicht mehr zu wenige Jobs geben wird. Es muss uns vielmehr gelingen, mit weniger Arbeitskräften alles am Laufen zu halten“, ist sie überzeugt.

Daher hält sie auch die Ankündigung von 800 neuen Stellen nicht für ein „stichhaltiges Argument für den Ausbau des Phantasialands auf Kosten eines Naturschutzgebietes“. Dennoch gelte es, neue Unternehmen nach Brühl zu holen, um Entwicklung zu ermöglichen und Steuereinnahmen zu generieren. „Wir müssen als Stadt für uns werben, gute Ideen pushen und die Digitalisierung vorantreiben“, betont die 56-Jährige Supervisorin.

Zu sehen ist der Belvedere-Parkplatz in Brühl.

Der Belvedere soll nach Einschätzung beider Kandidaten erst verändert werden, wenn es eine Alternative zum öffentlichen Parken gibt.

Prokop sieht in der Schaffung von neuen Jobs im Freizeitpark und den davon ausgehenden Effekten sehr wohl ein gutes Argument für den Ausbau. „Studien sagen, dass mit jeder neuen Stelle im Phantasialand zweieinhalb weitere in anderen Unternehmen und bei Dienstleistern entstehen“, macht er klar. Gleichwohl befürworte er den Ausbau um 14 Hektar nur, wenn sicher sei, dass die angrenzende Kleingartenanlage erhalten bleibe und die Anwohner nicht unter zusätzlichem Lärm und Verkehr leiden müssten und Überflutungen von Wohngebieten bei Starkregen-Ereignissen ausgeschlossen seien.

Der Professor für Wirtschaftswissenschaften an der TH Köln will sein Netzwerk nutzen, um junge Unternehmen nach Brühl zu locken. Er will die Verwaltung wirtschaftsfreundlich gestalten und die Gewerbesteuer nicht weiter erhöhen. „Die städtische Wirtschaftsförderung wird Klinken putzen müssen“, erklärt er.

Innenstadt

Im Vergleich zu vielen Städten ähnlicher Größe erfreut sich Brühl einer lebendigen Innenstadt. Diese wollen die zwei Konkurrenten erhalten. Prokop will leerstehende Ladenlokale zügig anderweitig nutzen, etwa auch für Wohnraum. „Mein Traum wäre es zudem, wenn es gelänge, die Fußgängerzone baulich in Richtung Schloss Augustusburg zu öffnen“, sagt er. Holderried erklärt, man dürfe sich nicht auf dem guten Status quo ausruhen. Die Blumenampeln seien ein erster Schritt, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Dem Citymanagement müsse es gelingen, Ladenlokale mit attraktiven Geschäften zu bestücken. Auch sei die Erreichbarkeit für alle Bürger wichtig. Dabei setzt sie auf die Entwicklung des Wicke-Geländes. Wenn dort Parkplätze entstünden, könne man die Kölnstraße entlasten und über Veränderungen am Belvedere nachdenken.

Zu sehen ist Simone Holderried.

Simone Holderried tritt als Bürgermeister-Kandidatin der Brühler Grünen an.

Sicherheit

„Wir müssen präventiv arbeiten, also Sozialarbeiter ihre Arbeit fortsetzen lassen, um an den neuralgischen Stellen Eskalationen zu vermeiden“, betont Holderried. Personell müsse man Ordnungsamt und Verkehrsaufsicht mindestens so halten, deren Präsenz schaffe auch ein Sicherheitsgefühl. Auch gelte es, Angsträume zu identifizieren und baulich zu verändern. Während sie in einer verstärkten Videoüberwachung nur ein allerletztes Mittel sieht, ist Prokop deutlich aufgeschlossener für diese Idee. „Ich bin für eine Videoüberwachung, wo es erlaubt ist“, stellt er klar. An neuralgischen Orten, wie Unterführungen, Bahnhöfen oder dem Nord-Süd-Weg könne man so Sicherheit schaffen. Er schlägt auch gemeinsame Streifengänge von städtischem Ordnungsdienst und Polizei vor.

Bürgernähe

Eine bürgerfreundliche Verwaltung ist für Prokop „24/7“ also rund um die Uhr online erreichbar. Die Digitalisierung müsse daher vorangebracht werden, sagt er. Beratungsangebote gelte es zu stärken. Holderried will eine Verwaltung, die „sehr offen und aktiv kommuniziert“. Dazu zählt sie regelmäßige Information und eine gute Erreichbarkeit. Als unfreundlich nehmen beide die Brühler Verwaltung derzeit nicht wahr.