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Frust um Kita-BeiträgeEltern in Erftstadt: „Sind froh, wenn wir alle Kosten gedeckt haben“

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Das Foto zeigt die Garderobe in einer Kita. An den Haken hängen bunte Rucksäcke.

Die Debatte um die geplante Erhöhung der Kitabeiträge reißt in Erftstadt nicht ab.

Auch wenn das Schreckgespenst einer Verdreifachung der Kitabeiträge vom Tisch ist, machen Eltern weiter mobil gegen die Pläne in Erftstadt.

Mehr als 1750 Menschen haben mittlerweile die Onlinepetition gegen die Erhöhung der Kindergartenbeiträge in Erftstadt unterschrieben. Sie fordern, dass angesichts der Inflation die Beiträge in diesem Jahr überhaupt nicht steigen sollen. Und die Stadt soll garantieren, dass die Steigerung in den kommenden Jahren nicht über drei Prozent liegt – so viel war es auch in den Vorjahren.

Nadine Gies, Initiatorin der Petition, war mittlerweile zu einem Gespräch mit Carolin Weitzel im Rathaus. Die CDU-Bürgermeisterin wolle einen eigenen Vorschlag zu den Kitagebühren einbringen, so Gies. Und weiter: „Frau Weitzel ist auf Seiten der Familien, daran hatte und habe ich keine Zweifel, aber ob dies politisch beziehungsweise im Haushalt am Ende auch so durchsetzbar ist, ist die andere Seite der Medaille. Ich habe sie gebeten, ein Zeichen zu setzen.“

Die Unruhe unter den Eltern ist nach wie vor groß

Auch wenn der ursprüngliche Haushaltsansatz, den das Beratungsunternehmen Imaka vorgeschlagen hatte, vom Tisch zu sein scheint, ist die Unruhe unter den Eltern groß. Imaka hatte drastische Erhöhungen empfohlen. Der Höchstsatz sollte sogar auf das Dreifache steigen, auf 1500 Euro im Monat. Mittlerweile liegt ein Vorschlag von CDU und Grünen vor, mit sechs Prozent Erhöhung. Der Geschwisterbonus soll beibehalten werden.

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Tim Sammel erzählt, warum ihm die Situation Bauchschmerzen bereitet. Er und seine Frau haben zwei kleine Söhne, vier Jahre und sechs Monate alt. Der Vater ist Gymnasiallehrer, die Mutter, im Moment in Elternzeit, arbeitet in der Immobilienverwaltung. Solider Mittelstand, sollte man meinen. Doch angesichts steigender Preise für Lebensmittel, Strom und Gas sagt Tim Sammel: „Wir sind froh, wenn wir Ende des Monats alle anfallenden Kosten gedeckt haben.“

Da fallen auch sechs Prozent Erhöhung ins Gewicht.
Tim Sammel

Der Kleine habe einen Kindergartenplatz ab August, noch greife da die Geschwisterregelung. Doch wenn der Große in die Schule komme, falle die weg, außerdem müsse dann der offene Ganztag bezahlt werden. „Da fallen auch sechs Prozent Erhöhung ins Gewicht.“

Hinzu kämen strukturelle Mängel in der Kita: zu wenig Personal, das zudem häufig wechsele.  Das sei nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass Erzieherinnen meist nur befristete Verträge bekämen.

Das beklagt auch Margret Gilles-Repke, die von einer Verwahranstalt spricht, in der kein Bildungsauftrag erfüllt werde. Ihr vierjähriges Kind geht in den Kindergarten, die sechs Monate alte Tochter ab August zur Tagesmutter. „Das haut mich vom Sockel“, kommentiert sie die angekündigte Beitragserhöhung.

Die Politik habe zu lange gezögert, sich des Themas anzunehmen

Der Stadt wirft der Vater vor allem eine unglückliche Kommunikation vor: Das Thema ist erst jetzt auf den Tisch gekommen, die Erhöhung der Beiträge würde aber zum August in Kraft treten. Dass die Stadtverwaltung mitteilt, die Imaka-Zahlen stünden nur als Diskussionsgrundlage im Haushaltsentwurf, macht die Sache für Tim Sammel nicht viel besser. Auch die Politik habe zu lange gezögert, sich des Themas anzunehmen.

Der Familienvater sieht andere Einsparmöglichkeiten, um zu verhindern, dass die Stadt in den Nothaushalt gerät. Zum Beispiel kein Geld für externe Berater ausgeben. Und bei der Carl-Schurz-Straße, die völlig unzeitgemäß saniert werde, hätte man seiner Ansicht nach auch sinnvoll sparen können. Sie und ihr Mann verdienten beide gut, allerdings arbeite sie aktuell Teilzeit in der Elternzeit. „Wenn ich nur noch für die Kita-Gebühren arbeite, kann ich meinen Job an den Nagel hängen“, sagt sie.

Sie sieht vor allem durch die Streichung der Geschwisterermäßigung die Chancengleichheit der Kinder in Gefahr. Wer wenig Geld habe, schicke Tochter und Sohn dann eben nicht in den Ganztag, wo eventuelle Bildungsdefizite aufgefangen werden könnten.

Ebenso wie Tim Sammel ärgert Margret Gilles-Repke, dass die Debatte um die Erhöhung der Beiträge zwei Monate vor Beginn des neuen Kindergartenjahres aufkomme – viel zu spät, um noch darauf zu reagieren. Da hätten Eltern bereits Verträge abgeschlossen und keine Chance, eine andere Betreuung für ihre Kinder zu suchen. In benachbarten Kommunen fielen überhaupt keine Kindergarten-Beiträge an, sagt Sammel.

Einig sind sich die beiden übrigens in einem Vorschlag, wo die Stadt Geld hätte sparen können: bei der Sanierung der Carl-Schurz-Straße. Überdimensioniert und nicht mehr zeitgemäß sei das, was dort gebaut werde.

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