Inklusions- und Seniorenbeirat werden zu einem Teilhabebeirat. Die bisherigen Vorsitzenden des Inklusionsbeirats üben Kritik.
Ehemalige Vorsitzende „fassungslos“Inklusionsbeirat in Erftstadt wird jetzt Teilhabebeirat

Das Rathaus in Liblar am Holzdamm 10.
Copyright: Eva-Maria Zumbé
Die Anliegen von Menschen mit Behinderung sowie von Seniorinnen und Senioren sollen in der neuen Ratsperiode in einem Beirat diskutiert werden. Der bisherige Inklusionsbeirat und der Seniorenbeirat werden zu einem „Teilhabebeirat für Menschen mit Behinderung, Seniorinnen und Senioren“ zusammengeführt.
Der bisherige Vorsitzende des Inklusionsbeirats, Gert Löhnert, und Stellvertreterin Claudia Brasse sind „fassungslos“: „Mit dieser Entscheidung wird unsere engagierte und erfolgreiche Arbeit der letzten fünf Jahre zunichtegemacht.“ Zudem werde die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Erftstadt um Jahre zurückgeworfen.
Erftstadt: Ehemalige Vorsitzende üben Kritik an gemeinsamen Beirat
Der Vorstoß kam von den Fraktionen von CDU und Grünen. Neben dem Teilhabebeirat wurde lediglich ein weiterer Beirat gebildet, der Frauenbeirat. Die Fraktionen begründen: „Gleichstellung und Inklusion bleiben wichtige Aufgaben auch in der kommenden Legislatur. Mit der Bildung dieser Beiräte sollen die Themenfelder gestärkt werden.“
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Löhnert und Brasse kritisieren: „Ein Teilhabebeirat klingt nach mehr Beteiligung, bedeutet in Wahrheit aber weniger: Die Interessen von Menschen mit Behinderung verlieren an Gewicht, und der Inklusionsgedanke der UN-Behindertenrechtskonvention wird entkräftet.“ Das Thema Inklusion sei sehr umfangreich, sagt Löhnert. Die Entscheidung suggeriere, dass Behinderung vor allem ältere Menschen betreffe, so Brasse. Das sei schlicht falsch und widerspreche dem Gedanken von Inklusion, der alle Lebensbereiche und Altersgruppen umfasse.
Löhnert erläutert: Senioren und Menschen mit Behinderung hätten grundverschiedene Lebenslagen, Anliegen und Bedarfe, die sich nur am Rande überschnitten. Die Berührungspunkte zu Senioren bestünden zwar im Sinne notwendiger Barrierefreiheiten, jedoch seien fast die Hälfte aller Menschen mit Behinderung Kinder und Menschen im erwerbsfähigen Alter. So wäre ein Thema, das man kommendes Jahr hätte angehen wollen, die Ganztagsbetreuung und Beschulung von Kindern mit Behinderung gewesen, sagt der ehemalige Vorsitzende.
Erftstadt: Ex-Vorsitzende des Beirates treten nicht mehr an
Er bedauere, wenn Leute, die sich engagiert hätten, dies unter den Rahmenbedingungen nicht weiterführen wollen, sagt CDU-Fraktionschef Stephan D. Bremer: „Geht es um die Sache oder die Meinung der eigenen Person?“ Er hofft, dass sich Leute auch weiterhin engagieren. Er finde, dass die Themenkomplexe sehr gut zusammen passten. „Es gibt Schnittmengen, aber auch Unterschiede.“
Mit Ende der Ratsperiode seien auch die jeweiligen Gremien beendet, sagt Bremer. Zudem sei das Thema nicht neu, die Überlegung habe es schon mal gegeben. Bremer verweist zudem auf eine Organisationsstruktur-Analyse, mit dem Ergebnis, dass es zu viele Beiräte und Gremien gebe. Man habe es ernst genommen und eine Reduzierung durchgeführt.
Auch Kritik an Reduzierung der Ausschussgrößen auf 15 Mitglieder
Zuletzt hatte bereits die Festlegung der Ausschussgrößen auf 15 Mitglieder für Kritik gesorgt. Dies und die Reduzierung der Ausschüsse begründen CDU, SPD und Grüne in einem Schreiben mit dem „Zweck der Sparsamkeit“: „In Zeiten knapper Finanzmittel ist auch die Politik aufgefordert, einen Beitrag zur Konsolidierung zu leisten.“ Angesichts der Tatsache, dass der Rat um zehn Personen angewachsen sei, halte man es für dringend geboten, die Zahl der Ausschüsse zu reduzieren.
Unverständnis herrscht darüber bei Löhnert und Brasse. Insbesondere deswegen, da der Rat erst Ende 2024 ein umfassendes Inklusionskonzept verabschiedet hat, an dem der Inklusionsbeirat intensiv mitgearbeitet hatte. Für die Erstellung seien 40.000 Euro bereitgestellt worden, wohingegen durch die Auflösung des Beirats nur wenige tausend Euro eingespart würden.
Der Beirat sei vorher nicht gefragt worden, ob die Fusion fachlich und organisatorisch sinnvoll sei, so Brasse: „Wieder einmal entscheiden Menschen ohne Behinderung über die Köpfe von Menschen mit Behinderung hinweg.“
Löhnert und Brasse ziehen ihre Schlüsse: Sie werden für den Teilhabebeirat nicht mehr antreten, wie sie mitteilen. Auch weite Teile der anderen Mitglieder des ehemaligen Inklusionsbeirates würden unter diesen Bedingungen ihr Engagement aus fachlichen Gründen einstellen, heißt es weiter.
Darüber hinaus wird über Themen der VHS und der Musikschule künftig der neue Bildungsausschuss beraten, der nun die Aufgaben des bisherigen Schulausschusses wahrnimmt. Schüler- und Elternvertreter der Musikschule erhalten dort je einen beratenden Platz.

