Erinnerungen an die FlutSanierung des Erftstädter Muench-Stifts auf der Zielgeraden

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Auch wenn noch Kabel aus den Wänden ragen, ist schon viel geschafft im Erdgeschoss des Münch-Stifts.

Erftstadt-Frauenthal – Ende des Jahres soll es soweit sein. Dann sollen auch im Erdgeschoss des Altenpflegezentrums Münch-Stift wieder Senioren einziehen. Bis dahin ist noch eine Menge zu tun.

Rund 14 Millionen Euro Sanierungskosten

Die Flut im Juli vergangenen Jahres hatte das Haus am Münchweg schwer getroffen, bis zu 1,60 Meter hoch stand das Wasser in den Büros, im Aufenthaltsraum und in den Zimmern der Bewohner. Auch das Quartier am Stadtgarten ist verwüstet worden, dort wird der Wiederaufbau noch länger dauern. Bis zum ersten Quartal 2023, schätzt Geschäftsführer Oliver Radermacher.

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Im Handumdrehen war ein neuer Aufzug an der Fassade des Alten- und Pflegezentrums montiert.

Rund 14 Millionen werde es kosten, die Häuser zu sanieren. Das ältere Gebäude, das APZ am Münchweg, war zwar schwerer getroffen als die Einrichtung im Stadtgarten, doch die Bausubstanz hielt den Wassermassen stand. Denn das Haus neben dem Marien-Hospital ist komplett aus Beton gebaut. Im April 2021 war der umfangreiche Umbau abgeschlossen worden – drei Monate später kam die Flut. Radermacher erinnert sich genau daran, wie sie kam.

„Das Wasser kommt“: Bewohner und Mitarbeiter in Erftstadt eingeschlossen

Es war am Donnerstagmorgen, 15. Juli. Mit Rettungskräften plante er gerade die geregelte Evakuierung des Hauses, überlegte, welche Bewohner im Bus weggebracht werden könnten, wer liegend gefahren werden müsste. Da ertönte der Schrei: „Das Wasser kommt.“ Es kam, und es stieg rasend schnell. Der einzige Ausweg führte nach oben. Mit vereinten Kräften wurden die Senioren erst in den ersten Stock gebracht, später in den zweiten. Auch zwei oder drei Intensivpatienten der benachbarten Klinik seien dort untergekommen. „Dass die Rettungskräfte mit uns eingeschlossen waren, war ein großes Glück“, sagt Radermacher. So war die medizinische Betreuung gesichert.

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Oliver Radermacher ist beeindruckt vom Einsatz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während und nach der Flut. 

Der Blick aus dem Fenster machte Radermacher fassungslos. „Das Wasser hörte nicht auf zu strömen.“ Auf dem gesamten Gelände seien Boote unterwegs gewesen. Da sei ihm klar geworden, dass die Lage sich nicht so schnell normalisieren würde. Und dass ihnen keiner helfen konnte. Also wurde überprüft, was an Getränken und Essbaren da war. Schließlich waren etwa 90 bis 100 Heimbewohner, 30 bis 40 Mitarbeiter und rund 15 Rettungskräfte eingeschlossen.

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Noch stapelt sich Baumaterial vor dem Haus. An der Wand sind noch die Spuren des Hochwassers zu sehen.

Mitarbeiter des Münch-Stifts ließen Bewohner nicht aus den Augen

Der Geschäftsführer ist immer noch beeindruckt, wie selbstlos die Mitarbeiter agierten. Viele hätten Sorge um ihre Familien gehabt, aber auch die Angst: Komme ich hier lebend raus? „Aber sie haben keinen Bewohner aus den Augen verloren.“ Viele wurden schließlich von Hubschraubern zum Liblarer Stadion geflogen, die meisten mit Booten gerettet. Radermacher verließ das Gelände am frühen Morgen als Letzter – in der Schaufel eines Radladers.

Die Senioren wurden in umliegenden Einrichtungen untergebracht, dort aber von den Mitarbeitern des Münch-Stifts betreut. Im Heim in Köln Riehl hätten sie im Drei-Schichten-System gearbeitet, sogar ein Bus-Shuttle wurde organisiert. Die Telefonisten hätten den Fahrdienst übernommen, sagt Radermacher. Die Einsatzbereitschaft seines Teams hat ihn tief beeindruckt: „Wer nicht gepflegt hat, hat geschippt.“

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Nach acht Wochen waren alle Bewohner wieder eingezogen, bis auf einige wenige, die sich in der anderen Einrichtung wohler fühlten. Das Erdgeschoss musste zwar noch bis zum Winter trocknen, aber immerhin mussten keine Wände eingerissen werden. Mittlerweile liegt der neue Estrich, die Wände sind verputzt. Die Verwaltung, und mit ihr der Geschäftsführer, ist in Containern untergebracht, und das wird auch noch eine Weile so bleiben: „Der Bewohnerbereich hat Vorrang.“

Trotz aller Schrecken fällt Radermachers Bilanz positiv aus. Das Netzwerk habe sich bewährt, man habe zuverlässige Partner. Die Versicherung werde große Teile des Schadens tragen, er habe sich früh um Bundes- und Länderhilfen bemüht. Und auch beim Quartier am Stadtgarten ist er optimistisch. Vor allem aber ist er stolz, dass die Mitarbeitenden dem Haus treu bleiben: „Pflege ist kein Beruf, das ist eine Berufung.“

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