Spargelernte in Rhein-ErftLandwirte setzen auf Erntehelfer aus der Region

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Spargel stechen will gelernt sein – Josef Schröder (r.) erklärt Lukas Griese (Mitte) und seinem Kollegen Bastian, worauf es bei der Spargelernte  ankommt.

Pulheim/Bergheim – Am zweiten April kam die überraschende Nachricht von Bundesinnenminister Horst Seehofer und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner: Erntehelfer aus Osteuropa dürfen nun doch unter strengen Auflagen und Sicherheitsvorkehrungen nach Deutschland kommen, je 40.000 im April und Mai. Sie alle müssen mit dem Flugzeug einreisen und sich nach ihrer Ankunft einer Gesundheitsprüfung unterziehen.

„So groß ist die Freude bei uns nicht“, erklärt Landwirt Josef Schröder aus Pulheim-Orr. „Allein die Flüge sind für unsere Saisonarbeiter aus Rumänien viel zu teuer. Ich sehe noch nicht, dass sie wirklich kommen werden.“

„Uns steht das Wasser bis zum Hals“

Für den Landwirt vom Heinenhof ist die Situation nach wie vor dramatisch. „Uns steht das Wasser bis zum Hals“, beschreibt Josef Schröder (25) die Situation. Am zehnten April geht bei ihm die Spargelsaison los und seine Saisonarbeiter aus Rumänien sind nicht da. Seit Generationen kommen die erfahrenen Erntehelfer aus Osteuropa Jahr für Jahr auf den Heinenhof, plötzlich waren von einem Tag auf den anderen die Grenzen für sie dicht.

Die Bundesregierung hatte kurzfristig, um das Corona-Virus zu hemmen, die Einreise von Erntehelfern aus vielen osteuropäischen Ländern wie Rumänien verboten. 45 000 Erntehelfer, die plötzlich in NRW fehlten und auch Josef Schröder vor ein riesiges Problem stellten.

Not macht erfinderisch

Der Spargel wächst in diesem Jahr besonders gut, doch wer soll ihn stechen? Not in der Corona-Krise machte auch ihn erfinderisch und so suchte er auf seiner Website nach Erntehelfern aus der Region. „Unglaublich“, sagt er. „Das Telefon steht seitdem nicht mehr still. Aber wenn ich den Leuten erkläre, was sie zu welchen Konditionen machen müssen, springt die Hälfte gleich wieder ab.“

Immerhin, mit 35 Bewerbern kam er schließlich ins Geschäft. Mit ihnen steht er nun auf seinem Spargelfeld und lupft die Plastikplane. „Für mich ist das Neuland“, erklärt Lukas Griese aus Rommerskirchen. Er ist bei einer Versicherung beschäftigt, doch durch die Corona-Krise fielen seine Aufträge weg. Das Kurzarbeitergeld will er nun mit Spargelstechen bis zum 24. Juni aufbessern.

Neben ihm Monika Malinowska aus Bonn. Das Studium der Agrarwissenschaften in Bonn hat sie gerade abgeschlossen, jetzt will sie den Landwirten helfen. Erlebnispädagogen, Gastronomen, Freiberufler, sie alle bangen in der Krise um ihre Existenz.

10 Euro in der Stunde

Aber statt tatenlos auf ein Ende der Einschränkungen zu warten, wollen die Anfänger auf dem Acker die Ärmel hochkrempeln und für rund 10 Euro in der Stunde bei der Ernte aushelfen.

Doch einfach ist Spargelstechen für die Anfänger nicht. Das empfindliche Gemüse ist mit bloßem Auge oft schwer zu erkennen, die Stangen dürfen in der Erde beim Ernten nicht beschädigt werden. „Die Arbeit ist auch anstrengend“, gibt Josef Schröder zu bedenken. „Aber das spielt sich alles im Kopf ab. Wer will, schafft das schon.“

100 Kurzarbeiter aus der Region

Bei Hans-Jürgen Peters und seiner Tochter Katharina auf dem Hallerhof in Bergheim-Oberaußem ist die Ernte bereits in vollem Gang. Spargel aus dem Treibhaus gibt es bereits seit ersten April, mit dem Freilandspargel und der Rhabarber- und Erdbeeren-Ernte geht es in zwei bis drei Wochen los. Wie sollten sie das ohne ihre fachkundigen Erntehelfer aus Osteuropa schaffen?

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Katharina Peters vom Hallerhof in Bergheim-Oberaussem.

„Das war wirklich ein blödes Datum, um die Grenzen dichtzumachen“, sagt Peters. „Zum Glück waren einige rumänische Saisonarbeiter schon vor dem Einreisestopp hier. Jetzt haben sich noch über 100 Kurzarbeiter aus der Region beworben, die auch mitarbeiten wollen. Mal sehen, wie lange sie bei der Stange bleiben.“

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Josef Schröder ist gespannt auf eine ganz besondere Spargel-Saison mit motivierten Helfern aus der Region. „Wir gehen ja hier mit den Leuten eine Symbiose ein“, sagt er. „Die Leute brauchen einen Job und wir brauchen Menschen, die unser wertvolles Gemüse ernten und neues pflanzen. Darauf vertrauen wir.“ Und wenn einige ihrer langjährigen Erntehelfer aus Rumänien doch noch kommen? „Bei den riesigen Mengen an Spargel brauchen wir dieses Jahr jede helfende Hand. Die unserer rumänischen Fachkräfte und auch die der Anfänger aus der Region.“

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