Fast 40 Jahre Gemeindeverwaltung, elf Jahre Beigeordneter, elf Jahre Bürgermeister: Was ist Norbert Büscher gelungen, was nicht? Ein Interview.
„Habe nie viel vom TikTok-Gehampel gehalten“Norbert Büscher aus Much über Erfolge und Versäumnisse

Keine Wehmut, viele Pläne: Der scheidende Bürgermeister Norbert Büscher weitet sein ehrenamtliches Engagement in 'seiner Gemeinde' noch aus.
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Amtsmüde wirkt Norbert Büscher nicht. Der 65-Jährige strahlt Energie aus. Eine Drahtfigur mit Fahrrad und eine Ente mit Golfschläger auf der Fensterbank seines Büros verraten seine Hobbys, für die der scheidende Bürgermeister bald mehr Zeit hat. Was ist ihm gelungen, was hätte er besser machen können? Ein Blick zurück und nach vorn.
Herr Büscher, Sie sind sozusagen mit der Gemeinde verwachsen, fast 40 Jahre waren Sie im Mucher Rathaus tätig, rund elf Jahre als Beigeordneter, elf Jahre als Bürgermeister. Wie groß ist die Wehmut?
Ich freue mich vor allem auf das, was nun kommt. Ich habe ja aus freien Stücken aufgehört, mit meiner Frau schon vor längerer Zeit besprochen, dass mit 65 Schluss sein soll. Bis zum letzten Tag arbeite ich aber mit Spaß und Schwung. Die Arbeit wird mir nicht fehlen, die Menschen aber schon.
Und jetzt ruhen Sie sich richtig aus?
Dafür bin ich zu wibbelig. Mit meiner Frau habe ich Touren mit dem E-Bike geplant, wir gehen wandern, Ski laufen, verbringen Zeit mit den erwachsenen Söhnen, einer lebt in Frankfurt, der andere in Köln. Meine Frau ist allerdings noch berufstätig, kann sich aber ihre Teilzeit-Tätigkeit in der Buchhaltung flexibel einteilen. Fünf Fixpunkte habe ich außerdem für die ehrenamtliche Arbeit.
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Sie fahren weiterhin Bürgerbus? Hier in Much oder an in Overath, Ihrem Wohnort?
In Much. Es sind ja nur acht Kilometer von Marialinden; schon in meiner Schulzeit war ich häufig hier, habe im Freibad meine erste Freundin kennengelernt. Den Bürgerbus habe ich bislang nur Freitagnachmittag gefahren, das war oft wie eine Bürgersprechstunde. Jetzt bin ich da flexibler. Ich werde mich außerdem bei der Lebenshilfe als Aufsichtsratsvorsitzender stärker einbringen, ein bedeutsames Amt. Ich habe ja elf Dreigestirne vom Eichhof proklamieren dürfen, und auch zur Lebenshilfe lange schon guten Kontakt. Drittens: der Aufsichtsrat der Bürgerenergie Rhein-Sieg, sehr spannend zur Zeit, es entstehen ja Freiflächenanlagen, und auch die Windkraft wird Thema. Als Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft mache ich weiter, aktuell stehen die Wiederaufforstung und die Entnahme von alten Bäumen an, damit die nachwachsenden Platz bekommen. Da sind noch viele Gespräche mit den privaten Waldbesitzern zu führen. Und fünftens steht der Verein Much Marketing auf meinem Zettel.
Wenn Sie zurückblicken auf die letzten elf Dienstjahre, was ist Ihnen gelungen als Bürgermeister?
Die Vernetzung, die interkommunale Zusammenarbeit mit den Kollegen aus dem Bergischen, insbesondere mit Neunkirchen-Seelscheid, das hat Früchte getragen. Ich glaube, dass ich Menschen gut zusammenbringen kann. Denn es geht ja immer darum, Kompromisse zu finden, gerade in einer finanzschwachen Kommune. Beispiel Kirchplatz: Der Widerstand gegen die Umgestaltung, das Bürgerbegehren, hat mich doch etwas geärgert und genervt. Ich habe versucht zu moderieren. Nun ist die Freitreppe zwar nicht gekommen und die Steine sind andere, der Platz ist trotzdem offener und schöner geworden. Beispiel: Bauprojekt in der Dr.-Wirtz-Straße. Über das Lob der Investoren für die reibungslose Zusammenarbeit, bedingt durch kurze Wege in einem kleinen Rathaus, habe ich mich auch für mein Team sehr gefreut. Auch den Umgang mit der Kommunalpolitik sehe ich positiv. Es gab da keine großen Verwerfungen, die Gespräche waren von Fairness geprägt, das war mir immer wichtig.
Was hätten Sie besser machen können?
Das Wahlergebnis hat mir schon zu denken gegeben. 19 Prozent für die AfD, das ist eine Katastrophe. Viele Menschen sind offenbar sehr unzufrieden. Sie mitzunehmen, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, Ihnen Abläufe und Entscheidungen zu erklären, das ist mir nicht gelungen. Ich denke, dass es junge Bürgermeister wie Mario Dahm von der SPD in Hennef besser gemacht haben, der ja sehr präsent ist in den sozialen Medien. Ich habe ja nie viel vom TikTok-Gehampel gehalten, ehrlich gesagt. Aber das war eine Fehleinschätzung, da hätte ich mehr tun können. Verwaltungshandeln mit kurzen Videos zu erklären, ist ein guter Weg.
Sie loben Kollegen über Parteigrenzen hinweg, bedauern die Abwahl von Nicole Berka (SPD) in Neunkirchen-Seelscheid und Claudia Wieja (Grüne) in Lohmar, die beide Männern aus der CDU Platz machen mussten. Welche Rolle werden Sie in Ihrer Partei spielen?
Sicherlich keine führende. Ich war ja immer CDU-nah, bin aber erst spät eingetreten. Bei allem Interesse, das ich natürlich noch habe: Ich möchte in keinem Gremium als Besserwisser auftreten.
Was steht daheim an, hat Ihnen Ihre Frau noch keine Liste geschrieben?
Doch. Wir haben schon angefangen, daheim klar Schiff zu machen. Die Werkstatt wartet noch. Mein Steckenpferd, ich wollte ja, wie mein Vater, Handwerker werden. Am liebsten Schreiner. Ich bin zur Hauptschule gegangen, war nicht besonders fleißig. Dann der Wechsel zur Handelsschule, wo ich mehr getan habe. Meine Mutter meinte, dass ich etwas anderes gut kann. Sie hatte Recht. Ich wurde Diplom-Verwaltungswirt, erstes, großes Ziel: Leiter des Straßenverkehrsamts in Rhein-Berg, nie verwirklicht. Nach einer Stippvisite in Leverkusen hatte ich die Wahl zwischen der Stadt Lohmar und der Gemeinde Much. Meine Entscheidung habe ich nie bereut.