Es ist ein Dilemma: Grundstücke für den Wohnungsbau werden dringend gebraucht, doch damit verschwinden Grünflächen, wie im Ortszentrum von Neunkirchen.
1100 UnterschriftenBürger wollen in Neunkirchen Park statt Wohnungsbau

Bauland oder Bürgerpark? Die Gemeinde würde die innerörtliche Fläche an der Schmiedestraße gerne an einen Investor verkaufen.
Copyright: Cordula Orphal
Wo könnten, wo sollten Wohnungen gebaut werden? Darüber ist in Neunkirchen-Seelscheid eine Debatte entbrannt. In einer Studie hat ein beauftragtes Büro potenzielle Flächen untersucht, einige davon im Besitz der Gemeinde. Nun regt sich Widerstand aus der Bürgerschaft.
Die Gemeinde hat ein großes Interesse daran, mehr Wohnraum zu schaffen. Das könnte mehr Chancen für Suchende eröffnen und den Wohnungsmarkt auch preislich entspannen. Denn je knapper das Angebot, desto höher die Kosten für Eigentum oder Miete. Weiterer positiver Effekt: Von dem Verkauf eigener Grundstücke, wie dem an der Schmiedestraße, würde der Haushalt profitieren – und letztendlich der Steuerzahler.
Bürger beklagen das Fehlen einer Erholungsfläche im Ortskern
Der Runde Tisch Klima hat indes eigene Vorstellungen für den baumbestandenen Platz hinter der Buchhandlung Löffelholz, laut Bürgerinitiative „die letzte freie Grünfläche im Ortskern“. Ein Bürgerpark könnte hier entstehen, für Spiel und Begegnung. „Wir stellen uns Sitzmöglichkeiten vor und eventuell eine Boule-Bahn, Bereiche mit essbaren Pflanzen, schattenspendenden Bäume und heimischen Blumen und Pflanzen zur Förderung der Biodiversität“, schildert Daniela Krüger.
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Auch die Lage im alten Ortskern mit seinen Fachwerkhäusern ebenso wie der angrenzende Spielplatz mit der Möglichkeit zur generationsübergreifenden Kommunikation würden einen Park an dieser Stelle höchst attraktiv machen. Eine alte Linde auf dem angrenzenden Gelände gelte es zu erhalten.
Schon beim Bürgerforum 2017 hätten Bürgerinnen und Bürger das Fehlen einer Erholungsfläche im Ortskern beklagt. Früher habe es in der Mitte Neunkirchens sogar zwei Parks gegeben, dort, wo sich heute der Wohnkomplex am Markt befindet, und am heutigen Antoniusplatz.
Bauflächen bringen der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid Geld
1100 Unterschriften sammelte die Bürgerinitiative in wenigen Wochen. Bürgermeisterin Nicole Berka nahm die Liste in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause entgegen.
Andreas Scholze (CDU) entgegnete, es gebe ortsnah viele Möglichkeiten, die Natur zu genießen. Man habe ja extra Experten beauftragt, um Flächen für die Nachverdichtung zu identifizieren. Es gebe eine Wohnraumnotlage, der Rat sei für alle Bürgerinnen und Bürger zuständig: „Das Gesamtinteresse steht vor dem Einzelinteresse.“ Die Baufläche Schmiedestraße, betonte die CDU-Fraktionsvorsitzende Anke Nolte, könne der Gemeinde „eine ganze Menge an Einnahmen bringen“.

Alternative Alte Schule: Die SPD kann sich hier einen Bürgerpark vorstellen.
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„Ältere Leute mit Rollator schaffen es nicht bis ins Eischeider Tälchen“, erwiderte Andrea Piro (Bündnis 90/Die Grünen). Ihr Parteifreund Christoph Weile warnte davor, die Wohnungsnot und den Klimanotstand „gegeneinander auszuspielen“. Man solle besser an anderen Stellen nachverdichten.
„Das Nachverdichtungskonzept ist nicht in Stein gemeißelt“, der Klimaschutz dürfe nicht außer Acht gelassen werden, wandte Wolfgang Maus (SPD) ein. Für einen Bürgerpark sei der Platz aber zu klein. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Nicole Männig-Güney brachte die Grünfläche rund um die Alte Schule ins Gespräch, diese sei ebenfalls im Zentrum und im Besitz der Gemeinde. Ein Konzept könne zeigen, was hier möglich wäre.
Von den 17 in der Studie aufgeführten potenziellen Grundstücken in den Ortskernen seien nur drei relevant, betonte CDU-Mann Stolze. Davon sollte der Rat nicht eine Fläche direkt wieder streichen.
Ein Beschluss wurde nicht gefasst, das Thema vertagt. Daniela Krüger vom Runden Tisch Klima zeigt sich zuversichtlich: „Wir hoffen, dass wir mit unserem Vorschlag die Ratsparteien überzeugen können und die Politik sich mehrheitlich für unsere Idee einsetzen wird.“
Wohnbauflächen in 14 Dörfern

Der Bicesterpark, der im Besitz des Rhein-Sieg-Kreises ist, könnte teilweise mit Sozialwohnungen bebaut werden.
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Der Wohnungsbau soll nicht nur in den Ortszentren, sondern auch in den Dörfern vorangetrieben werden. Acht Ortschaften verfügten über größere Erweiterungsflächen zwischen 4000 und 20.000 Quadratmetern, so die Verwaltung, für die bereits Planungsrecht gelte. Das betrifft (in alphabetischer Reihenfolge) Eischeid, Hohn/Neunkirchen, Hülscheid, Niederwennerscheid, Oberheister, Remschoß, Rengert und Wolperath.
Weitere sieben Grundstücke zwischen 2000 und 4000 Quadratmetern gebe es innerhalb der Ortschaften Birkenfeld, Heister, Hochhausen, Niederhorbach, Rippert und Stein. Geeignet für sozialen Wohnungsbau sei auch der Bicesterpark in Seelscheid, hieß es im Rat. Auf der zu erstellenden Prioritätenliste solle Eischeid ganz nach hinten rücken, regte die Kommunalpolitik an, da hier ja aktuell ein großes Wohngebiet entsteht.
Die Baugebietsliste wurde mehrheitlich beschlossen, gegen die Stimmen der Grünen und von Guido Demmer (Wir für Neunkirchen-Seelscheid). Demmer sprach vom „Zuknallen“ der Landschaft, die Investoren machten sich „die Taschen voll“. Er kündigte Widerstand an: „Ich habe bereits mit dem BUND (dem Bund für Umwelt und Naturschutz, d.Red.) Kontakt aufgenommen.“ Er werde daran mitwirken, nach seinem Ausscheiden aus dem Rat „das alles zu verhindern“.