Bei der Neuauflage eines Missbrauchsprozesses fordert die Staatsanwaltschaft mehr als elf Jahre Haft für den bereits Verurteilten.
Enkelin missbrauchtAnklage fordert mehr als elf Jahre für Großvater aus Sankt Augustin

Wegen des sexuellen Missbrauchs seiner Enkelin muss sich ein 61-Jähriger zurzeit erneut vor dem Bonner Landgericht verantworten.
Copyright: Ulrike Schödel
Vor zwei Jahren hatte das Bonner Landgericht einen heute 61-Jährigen ein erstes Mal wegen des Missbrauchs seiner Enkeltochter verurteilt. Im Januar 2023 war er noch mit sechs Jahren Haft davon gekommen. Aber die Staatsanwaltschaft war in Revision gegangen und der Bundesgerichtshof hatte das Urteil aufgehoben. Mit dem Argument: In der Strafe sei zu wenig berücksichtigt worden, dass das Kind wegen seiner Erkrankung besonders schutzwürdig sei.
Das Mädchen war vier Jahre alt, als bei ihr eine epileptische Erkrankung entdeckt worden war: Neben den immer wiederkehrenden Anfällen war sie besonders lichtempfindlich, musste zum Schutz immer Sonnenbrille und ein Käppi tragen. Das Mädchen ging in eine Förderschule, durfte nie allein sein, auch nachts musste es überwacht werden. Für seine Mutter, die noch zwei weitere, auch nicht ganz einfache Kinder im Haushalt hatte, eine fast überfordernde Aufgabe.
So war die Ankunft des Großvaters, der aus dem Norden nach Sankt Augustin gezogen war, um seine Tochter im Haushalt zu unterstützen, hochwillkommen. Auch für die Enkelin war der Opa ein Geschenk, so schien es: Jemand, der nur für sie da war, sagte sie als Zeugin aus. Der Großvater nahm sie ernst und sie fühlte sich bei ihm geborgen. Auch deswegen übernachtete sie gerne in seinem Zimmer. Da war sie neun Jahre alt. Drei Wochen nach seinem Einzug, begann er, das Kind zu missbrauchen.
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Anwältin fordert Gerechtigkeit für das Opfer aus Sankt Augustin
Elf Jahre und fünf Monate Haft hat die Bonner Staatsanwältin jetzt erneut gefordert, wegen 15 Fällen des sexuellen Missbrauchs eines Kindes, davon sieben schwere Fälle. Zweieinhalb Jahre lang hatte er laut Anklage seine Enkelin immer wieder im Schlaf geweckt und sie vergewaltigt.
Das sei „besonders verwerflich“, so Rechtsanwältin Dagmar Schorn in ihrem Plädoyer, die die heute 14-Jährige als Nebenklägerin vertritt, und für ihre Mandantin Gerechtigkeit forderte. Denn neben den schweren psychischen Schäden – bis hin zur Psychose – hatte sich durch den Missbrauch auch die epileptische Erkrankung verschärft, ohne dass sich die Mutter das erklären konnte.
Der Großvater habe das große Vertrauen des Kindes als auch seiner eigenen Tochter schamlos missbraucht, die „ahnungslos den Täter zu sich geholt“ hatte. Erst als der Angeklagte dem Mädchen – da war es zwölf Jahre alt – eine Ohrfeige gegeben und es schutzlos (gegen die Sonne) in einen gläsernen Flur gesperrt hatte, erzählte es der Mutter von seinem furchtbaren „Geheimnis“. Die Frau zeigte ihren Vater sofort an.
Der 61-Jährige, schwer gebeugt, stand zu seinem letzten Wort auf. „Ich schäme mich“, wiederholte er mehrfach. Und: „Es tut mir schrecklich leid.“ Erst im Prozess hatte er den Missbrauch eingeräumt, vorher hatte er seine Enkelin als Lügnerin hingestellt. Sein Verteidiger hatte im Plädoyer auch gar nicht mehr versucht, etwas zu beschönigen. „Es ist seine Verantwortung, das weiß er. Alles, was er möchte, ist, dass das Verfahren ein Ende findet – und rechtskräftig wird.“ Einen konkreten Antrag stellte er nicht. Auch keinen Antrag auf ein mildes Urteil.