Nach Corona-DiskussionStudierende bauen günstige Lüftung am Rhein-Sieg-Gymnasium ein

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Der Student Bastian Scho greift mit beiden Händen an ein Rohr, das zu einer Lüftungsanlage gehört.

Bastian Scho war einer der Studierenden, die die selbst gebaute Lüftungsanlage im Klassenraum des Rhein-Sieg-Gymnasiums montierte.

Die Studierenden der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg haben nach der Installation verschiedene Parameter gemessen und die Schüler befragt.

Große Hauben hängen herunter, durchsichtige Rohre laufen an der Decke entlang, und am Fenster dreht sich ein Ventilator. In knapp drei Stunden haben Studierende der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg eine Lüftungsanlage in ein Klassenzimmer des Rhein-Sieg-Gymnasiums eingebaut. Es ist ein echtes Billigmodell, inklusive Lüfter kostet es rund 600 Euro. Arbeitskosten kämen allerdings noch hinzu.

Professorin Stefanie Meilinger hat das Projekt „Kluger Transfer“ mit dem Koordinator Frank Dieball im Rahmen eines Wahlpflichtfaches für nachhaltige Ingenieurwissenschaften auf den Weg gebracht. Anlass waren die Diskussionen um Lüftungskonzepte während der Corona-Pandemie.

„Die Stadt hat fünf große Lüfter angeschafft“, erinnerte sich der stellvertretende Schulleiter Christoph Spieß, der die Hochschulforschung unterstützt. Denn genau darum geht es, um neue Erkenntnisse rund um die Lüftung.

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Installation in Schulen interessiert Studierende besonders

Die Studierenden machen drei Wochen praktische Arbeit in diesem Semester, gehen raus an zwei Schulen und arbeiten auch in ihrer Hochschule. Sie bauen, sie messen, sie analysieren und bewerten. Gerade die Installation in Schulen ist interessant. „Es ist eine ganz andere Dynamik der Umwälzung“, erwärmt sich Meilinger für ihr Thema. So sind die Räume nur zu kürzeren Zeiten belebt als in einem Wohnhaus. Dafür sind viele Menschen gleichzeitig zusammen.

Das Display eines Steuerungselements mit Pfeiltasten zur Bedienung liegt auf dem Boden und ist mit einer Lüftungsanlage verkabelt.

Mit dem einfachen Steuerungselement wird die Anlage gefahren.

Die Projektteilnehmer messen unterschiedliche Parameter wie Aerosole, CO2 und organische Molekülketten. „Wir hatten heute Morgen in einer Klasse einen sehr hohen CO2-Wert“, erinnert sich Bastian Scho, fünfmal so hoch wie beim Gespräch in der Gruppe. Vier Messszenarien haben sie vorbereitet: Fenster zu und Lüftung ein, Fenster zu und Lüftung aus, Fenster auf und Anlage aus sowie Stoßlüften, also nach je 20 Minuten fünf Minuten Durchzug.

Schüler und Schülerinnen beantworten Fragenkatalog

Und noch weitere Parameter sind von Interesse. Die Jahreszeit spielt bei der Bewertung ebenso eine Rolle wie die Kleidung, Körpergewicht oder Alter. Die Studierenden haben zudem einen Fragenkatalog erarbeitet, den sie die Schüler beantworten lassen. „Es geht dabei vor allem um den Thermalkomfort, also das Empfinden des Luftstroms“, sagte Karolina Wirtz-Dürlich. Vieles spielt dabei eine Rolle, etwa zu warm oder zu kalt. Durch die Befragung soll vor allem ermittelt werden, ob das alles zum Wohlbefinden beiträgt. Und es geht um ein Verständnis für Luftqualität und die Faktoren, die dabei eine Rolle spielen können.

Eine Lehrerin steht vor einer Schulkasse. Die Schüler und Schülerinnen sitzen an Tischen.

Während des Unterrichts saßen die Forscher hinten und überprüften mit Messgeräten verschiedene Parameter in der Luft.

Die Anlage erzeugt durch den Ventilator, der die Luft abzieht, einen Sog, der an den Menschen vorbeiströmt. „Optimal ist eine Haube für zwei Schüler“, berichtet Lea Klöppel. Die haben Maschinenbauer wie Muslim Amiri konzipiert. Sie sind mit Rohren verbunden.„Wir haben Plastikgitter rundgeformt und in eine Folie geschoben. Panzertape hält das zusammen.“ Kabelbinder halten alles an der Decke fest, Plastikrohre nehmen die Hauben auf – Low Cost eben.

Erste Befragungsergebnisse präsentierte Mieke Vanderheiden: „Eine Schülerin störte das Aussehen.“ Dadurch lenke die Anlage vom Unterricht ab. An der Fritz-Bauer-Gesamtschule, wo der erste Durchgang gemacht wird, sagten 18 Prozent der Befragten, die Lüftung sei schön, genau so viele erlebten das Gegenteil, 64 Prozent fanden sie neutral. 32 Prozent haben den Luftzug gespürt, aber 100 Prozent fühlten sich dadurch nicht abgelenkt. Die Frage, ob sie sich sicherer fühlen in Bezug auf Krankheitserreger, fiel überraschend aus. Nur 14 Prozent antworteten mit Ja, 23 Prozent dagegen mit Nein, wiederum 64 Prozent empfanden es neutral.

Kalte Luft fällt nach unten

Überaus interessant sind die bereits bekannten Fakten rund ums Thema Lüftung. Meilinger beschrieb etwa, dass oben gekippte Fenster weniger effektiv sind als nach unten offene. Denn bei denen fällt die kalte Luft sofort nach unten und wird durch die Thermik im Raum nach oben bewegt. Dabei zieht sie weg, an den Menschen vorbei, und nimmt die störenden Anteile mit nach oben.

Dieses Prinzip versucht die Lüftungsanlage der Studierenden zu simulieren, allerdings durch den Lüfter erzeugt. Ein Sahnehäubchen gab es übrigens obendrauf: Wirtz-Dürlich durfte zum Live-Interview im Fernsehen.


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