1. FC Köln droht AusverkaufSieben Spieler besitzen eine Ausstiegsklausel

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Abgang des Absteigers: Die Mannschaft des 1. FC Köln nach dem fassungslos machenden 1:4 beim 1. FC Heidenheim.

Abgang des Absteigers: Die Mannschaft des 1. FC Köln nach dem fassungslos machenden 1:4 beim 1. FC Heidenheim.

Trainer Timo Schultz hat nach dem Abstieg aus der Bundesliga keine Zukunft mehr beim 1. FC Köln. Der Club steht vor großen Herausforderungen.

Der Gegensatz hätte an diesem 18. Mai 2024 nicht krasser sein können. Während der Tross des großen 1. FC Köln den Ort des siebten Bundesliga-Abstiegs seiner Vereinsgeschichte gedemütigt und ohnmächtig in aller Stille mit dem Mannschaftsbus Richtung Flugplatz Memmingen verließ, machte sich ganz Heidenheim bereit für die großen Jubelarien. Der Aufsteiger, der seine erste Bundesliga-Saison sensationell auf Platz acht beendete und mithilfe eines Leverkusener Pokalsieges für die Playoffs der Conference League qualifiziert ist, hatte direkt neben der 15 000 Zuschauer fassenden Voith-Arena ein Fan-Fest aufgebaut — mit all dem Charme, den ein 50 000 Einwohner-Städtchen zu bieten hat.

Der 1. FC von der Ostalb hatte zuvor den 1. FC aus der Millionen-Metropole Köln am 34. Spieltag der Spielzeit 2023/24 schwer geschlagen und mit einem 4:1 in die Zweite Liga geschickt. Ein Abstieg, der die Geißböcke nach zwei Jahren Euphorie unter Steffen Baumgart und der Teilnahme am Europapokal angesichts der Transfersperre vor riesengroße Herausforderungen stellt und viele Fragen aufwirft.

Welche Konsequenzen zieht der Abstieg personell in der Clubspitze nach sich?

Vorerst keine. Präsident Werner Wolf hat der kompletten Geschäftsführung mit Sportchef Christian Keller, Philipp Türoff (Finanzen) und Markus Rejek (Marketing und Vertrieb) schon vor zwei Wochen das Vertrauen ausgesprochen und zugleich einen Rücktritt des Vorstands ausgeschlossen. Der Vorstand bestellt die Geschäftsführung. Keller, der den sportlichen Niedergang zu verantworten hat, beantwortete noch in Heidenheim die Frage nach möglichen persönlichen Konsequenzen: „Ich bin da und ich gehe davon aus, dass ich auch bleiben werde.“ Die nächsten Vorstandswahlen finden im Herbst 2025 statt. Bis dahin kann das Team mit Werner Wolf und den Vize-Präsidenten Eckhardt Sauren sowie Carsten Wettich nur durch eine Außerordentliche Mitgliederversammlung aus dem Amt gehoben werden. Sollte es dazu kommen, wäre auch eine Ablösung der Geschäftsführung ein Thema.

Wer hat sich als Opposition zum Vorstand positioniert und wie geht sie vor?

Ex-FC-Profi Dieter Prestin (67) hat nach eigenen Angaben ein Team versammelt und plant mithilfe einer Außerordentlichen Mitgliederversammlung den Umsturz. Für die Versammlung muss laut Vereinssatzung ein schriftlicher Antrag von fünf Prozent der rund 140 000 FC-Mitglieder gestellt werden, wobei 1000 Mitglieder in jedem Fall ausreichen. Prestin selber möchte Sportvorstand werden. Seinem Team gehören der ehemalige Kölner Karnevalsprinz Stefan Jung, Ulf Sobek (Ex-Nachwuchstrainer beim FC) sowie Ex-Profi und Mitgliederrat Harald Konopka an.   Prestin bringt ein 40-seitiges Konzept mit, das er und sein Team in Kürze öffentlich vorstellen wollen. Bevor der Abstieg des FC feststand, hatte Prestin sich an ausgewählte Medien gewandt, mehrfach harsche Kritik geübt und von einem Versagen der Vereinsführung gesprochen.

Bleibt Timo Schultz auch in der Zweiten Bundesliga Trainer des 1. FC Köln?

Davon ist nicht auszugehen. Es ist vielmehr damit zu rechnen, dass der FC bereits am Dienstag die Trennung von dem 46-jährigen Ostfriesen öffentlich macht. Christian Keller hatte Schultz nach einem intensiven Auswahlprozess als „perfekte Lösung“ für die Nachfolge von Baumgart ausgewählt. Schultz gelang es zwar, die Mannschaft zu stabilisieren, aber nie das nötige emotionale Feuer zu entfachen, das der FC-Kader aufgrund seiner mangelnden Qualität benötigt hätte. 17 Punkte aus 18 Spielen sind als Quote zwar gerade noch ausreichend, die sportlichen Offenbarungseide vor allem in den Spielen gegen Darmstadt (0:2) und in Heidenheim machen eine weitere Zusammenarbeit aber unmöglich. Kellers Auswahl lag eine Fehleinschätzung zugrunde. Der Sportchef muss sich nun auf die Suche nach einem neuen Trainer machen, der bereit ist, den FC trotz der Transfersperre in der 2. Bundesliga sportlich wieder flottzumachen. Schultz hat im Gegensatz zu Bo Henriksen in Mainz den Abstieg nicht verhindern können.

Die Zeichen stehen auf Abschied: Geschäftsführer Christian Keller (r.) und Trainer Timo Schultz.

Die Zeichen stehen auf Abschied: Geschäftsführer Christian Keller (r.) und Trainer Timo Schultz.

Welche Spieler werden oder können den Verein im Sommer verlassen?

Die Verträge von Torjäger Davie Selke und Rechtsverteidiger Benno Schmitz laufen aus. Beiden liegen neue Angebote seitens des FC vor. Talent Justin Diehl wechselt wohl zum VfB Stuttgart. Nach Rundschau-Informationen verfügen neben Torwart Marvin Schwäbe sowie dem Innenverteidiger-Duo Timo Hübers und Jeff Chabot   vier weitere FC-Profis über Ausstiegsklauseln. „Kicker“ und „Bild“ nannten bereits U21-Nationalspieler Eric Martel und Linton Maina. Zudem besitzen Kapitän Florian Kainz und Eigengewächs Jan Thielmann eine solche Ausstiegsklausel aus ihren längerfristigen Verträgen, die alle im Bereich eines mittleren einstelligen Millionenbetrags liegen dürften. Schwäbe ließ seinen Verbleib offen. Chabot steht offenbar für 4,5 Millionen Euro Ablösesumme vor einem Wechsel zum Champions-League-Teilnehmer VfB Stuttgart. Christian Keller hatte in der Frage der Ausstiegsklauseln nicht mit offenen Karten gespielt. Die Frage nach der Zahl der Abgänge beantwortete der 45-Jährige wie folgt: „Ich verstehe die Frage, sie ist für uns auch relevant, aber ich kann und möchte sie jetzt nicht beantworten.“

Wie sieht die Zukunft der Leihspieler Waldschmidt, Alidou und Carstensen aus?

Das Trio konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Während sich Christian Keller im Fall von Rechtsverteidiger Rasmus Carstensen (KRC Genk) bereits entscheiden hat, die Kaufoption zu ziehen, muss diese Frage bei Luca Waldschmidt (Wolfsburg) und Faride Alidou (Frankfurt) noch abschließend geklärt werden. Der lange verletzte Waldschmidt konnte weder unter Baumgart noch unter Schultz an die Leistungen anknüpfen, die ihn einst zum Nationalspieler gemacht hatten. Zudem machte es den Anschein, als sei er auch menschlich nicht in der Mannschaft angekommen. Was auch für Alidou gilt, der nach einem Zwischenhoch mit vier Treffern zuletzt fürchterliche Leistungen ablieferte. Es ist davon auszugehen, dass der FC nur dann überlegt, die Kaufoption zu ziehen, wenn Eintracht Frankfurt erheblich von seiner Forderung in Höhe von vier Millionen Euro Ablöse abrückt.   Selbst dann erscheint eine Verpflichtung aber eher fraglich.

Welche Spieler stoßen nach der Saison wieder zurück in den Kader des 1. FC Köln?

Mit Torwart Jonas Urbig, den Stürmern Tim Lemperle (beide Greuther Fürth), Marvin Obuz (Essen), Maximillian Schmid (Roda Kerkrade) sowie Mathias Olesen (Yverdon Sports/Schweiz) und Nikola Soldo (1. FC Kaiserslautern) kehren sechs Leihspieler zurück. Wer aus der U21 und U19 in den Profikader aufsteigt, ist offen. Stürmer Jaka Cuba Potocnik sollte aber in jedem Fall zu diesen Spielern gehören.

Wann und wie startet die Vorbereitung auf die Zweitliga-Spielzeit 2024/25?

Nach dem Urlaub stehen ab dem 21. Juni die Leistungstests an. Trainings-Auftakt ist am 24. Juni. Vom 21. bis 28. Juli hält der FC in Bad Waltersdorf (Österreich) ein Trainingslager ab. Start der Zweitliga-Saison ist am ersten August-Wochenende.

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