„Mallorca wieder am Abgrund“Wie Spanien von der fünften Corona-Welle überrollt wird
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Urlauber liegen zum Sonnenbaden an einem Strand auf Mallorca.
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Madrid – Francina Armengol ist wütend: „Wenn jemand vorhat, nach Mallorca zu kommen, um sich schlecht zu benehmen, dann sollte er besser gleich zu Hause bleiben.“ Der Zorn der Insel-Regierungschefin gilt jenen jungen Touristen, die mit ihren Partyexzessen im Juni dazu beitrugen, dass Mallorca gerade einen heftigen Corona-Rückfall erlebt. Ein Absturz, der durch unkontrollierte Fiestas und durch die Delta-Virusvariante angefacht wurde. Und der die touristische Sommersaison auf der beliebten Urlaubsinsel in Gefahr bringen könnte.
Inzidenz bei 82
Dieses Szenario ist ein Albtraum für Hunderttausende europäische Urlauber, die im Juli und August eigentlich ihre Ferien auf Mallorca verbringen wollen. Monatelang war die Lage stabil und die Zahl der Neuansteckungen extrem niedrig. Doch ausgerechnet jetzt, zu Beginn der Hochsaison, explodieren die Infektionszahlen. „Eine Katastrophe“, heißt es aus der Hotelbranche, die zittert, dass Corona auch den zweiten Sommer in Folge ruinieren könnte. Die wirtschaftlichen Folgen für den Tourismus könnten „dramatisch“ sein, warnt Simón Pedro Barceló, Chef des mallorquinischen Hotelkonzerns Barceló.
Portugal
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat Portugal wegen der vorherrschenden Delta-Variante des Coronavirus bereits als Virusvariantengebiet eingestuft. Mit weitreichenden Folgen für den Tourismus: Portugal-Rückkehrer müssen nun in Deutschland grundsätzlich in Quarantäne – sogar wenn sie geimpft sind und einen negativen Test vorweisen. Zehntausende Urlauber stornierten als Folge ihre Portugal-Ferien. „Ein schwerer Schlag“ für die portugiesische Reisebranche, sagt João Fernandes vom Fremdenverkehrsamt an der Algarve-Urlaubsküste. (ze)
Nach den letzten verfügbaren Daten hat sich die Wocheninzidenz auf der Baleareninsel binnen kurzer Zeit mehr als vervierfacht. Zuletzt lag die offizielle 7-Tage-Inzidenz bei 82, für die gesamte balearische Inselgruppe bei 94 – mit stark steigender Tendenz. Ab dem Grenzwert von 50 kann zum Beispiel Deutschland, der wichtigste Reisemarkt Mallorcas, eine Region zum Risikogebiet erklären. In Deutschland selbst liegt der Vergleichswert derzeit bei unter fünf.
Die hochansteckende Delta-Variante ist nach Angaben von Javier Arranz, Corona-Sprecher der Inselregierung, bereits für wenigstens 28 Prozent aller Ansteckungen auf Mallorca verantwortlich – auch dieser Wert steigt rasant. In anderen spanischen Feriengebieten, wie etwa in Katalonien, wird der Delta-Anteil inzwischen auf 50 Prozent geschätzt.
Deswegen wächst die Furcht, dass die Lage in Spanien wieder außer Kontrolle geraten könnte: Werden die Trauminsel Mallorca und andere spanische Urlaubsgebiete demnächst ebenfalls vom deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) als Virusvariantengebiet eingeordnet?
Polizisten stehen im Einsatz vor dem Hotel, in dem mehr als 200 Schüler in Corona-Zwangsquarantäne gesetzt wurden.
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Es ist nicht auszuschließen, dass die Situation auf Mallorca ähnlich eskaliert wie in Portugal. Tausende spanische Schüler waren im Juni an Mallorcas Playa de Palma gekommen, um ihren Abschluss zu feiern. Wenigstens 1800 von ihnen reisten mit einer Corona-Infektion nach Hause. Auch eine Jugendgruppe aus Luxemburg steckte sich an. Ein Desaster für das Image der Insel, die damit wirbt, „sicheres Ferienziel“ zu sein.
Die Urlaubsinsel ist nicht der einzige Corona-Brennpunkt Spaniens. In der nordspanischen Ferienregion Katalonien mit der Costa Brava und der Mittelmeermetropole Barcelona sieht es noch schlimmer aus. Dort sprang die 7-Tage-Inzidenz auf 233 Fälle pro 100000 Einwohner. Auf der Kanareninsel Teneriffa ist der Inzidenzwert schon bei 132, im benachbarten Strandparadies Fuerteventura bei 98. Die landesweite Inzidenz Spaniens liegt inzwischen bei über 100. Bedenkliche Zahlen, die an die hohen Ansteckungsraten früherer Viruswellen erinnern. Für Spanien ist es schon die fünfte Coronawelle, die nun über das Königreich rollt. Das Land gehörte in der Vergangenheit immer wieder zu den europäischen Hotspots.